Abmahnungen: Jetzt auch Amazon im Visier
Während bisher vor allem Ebay-Anbieter Opfer von Abmahnungen wurden, ist nun auch die E-Commerce- Plattform Amazon Marketplace ins Visier der Abmahner geraten. Doch anders als im Fall Ebay könnte Amazon dem Treiben der Abmahnungs-Profis ein schnelles Ende bereiten.
Ein kurzer Blick in die Verkäufer- Foren des Internetauktions-Hauses Ebay genügt, um zu verstehen, warum sich viele IT-Händler nicht zum Einstieg in den E-Commerce durchringen können: Das Thema Abmahnungen scheint sich auf der Plattform zu einer nahezu unendlichen Geschichte entwickelt zu haben. Während die gesetzliche Neuregelung der Pflichtabgaben für den Schriftverkehr Profi-Abmahnern neue Möglichkeiten eröffnet (CRN berichtete in Ausgabe 06/07), sorgen auch »Klassiker« wie das Thema Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung noch immer für jede Menge juristischen Ärger.
Die nach Ebay größte E-Commerce- Plattform Amazon Marketplace ist bisher von Abmahnungswellen verschont geblieben. Nach Computer Reseller News vorliegenden Informationen haben Abmahner nun aber auch das Händlerportal des Etailers Amazon für sich entdeckt. Weil er seinen Kunden nur das bei gewöhnlichen Internetgeschäften übliche Rückgaberecht von zwei Wochen und nicht die für Angebote bei Ebay und ähnlichen Verkaufsplattformen obligatorische Frist von einem Monat einräumte, wurde ein nordrhein-westfälischer IT-Händler nun von einem Anwalt der Firma E-Tail GmbH abgemahnt. Kein Einzelfall wie IT-Rechts-Anwalt Max-Lion Keller bestätigt: »Die ETail GmbH ist uns als recht abmahnfreudig bekannt. Derzeit vertreten wir rund zehn Klienten, die von dem Unternehmen abgemahnt wurden.«
Geschäftsführer der E-Tail GmbH ist Christian Böhme, der vor allem als Vorstand der E-Tailer E-Bug und Norsk-IT in der Branche bekannt ist. Im Unterschied zu vielen anderen Urhebern von Abmahnungen steht Böhme auch öffentlich zu seinem Vorgehen. »Das Klima in der Branche ist hart. Wenn sich Konkurrenten Vorteile durch wettbewerbswidriges Verhalten schaffen, kann man nicht tatenlos zusehen«, so der Norsk-IT-Chef. Sein Unternehmen investiere jährlich einen beträchtlichen Betrag in einen rechtssicheren Geschäftsauftritt, da müsse man die gleichen Anforderungen auch an Wettbewerber stellen dürfen. Den Vorwurf, sich durch Abmahnungen einen lukrativen Nebenverdienst zu schaffen, lässt Böhme nicht gelten: »Das Vorgehen gegen Wettbewerbsverstöße erfordert eine Menge juristischer Arbeit. Uns geht es in erster Linie um die Einhaltung des für alle verbindlichen Rechts.«
Man mag von dem Vorgehen von Norsk-IT und anderen abmahnfreudigen Unternehmen halten, was man will: Fakt ist, dass im Fall der Abmahnungen gegen Anbieter auf Amazon Marketplace der E-Commerce-Marktführer schnell für ein Ende der Gefahr sorgen könnte. Wie IT-Rechts- Experte Keller erklärt, müsste Amazon lediglich eine Standardwiderrufs- bzw. Rückgabebelehrung in die automatisch versandten Kaufbestätigungen einfügen. Damit wäre den gesetzlichen Anforderungen Genüge getan und eine gewöhnliche Rückgabefrist von zwei Wochen ausreichend. Der Konzern gibt sich bislang aber wenig einsichtig: »Für die Angebote, die sie auf unserer Seite einstellen, sind Händler selbst verantwortlich – dies gilt auch für die Einhaltung jeglicher rechtlicher Belange, einschließlich der Widerrufsbelehrung«, erklärt Amazon-Pressesprecherin Christine Höger.
Allerdings wolle man alle Möglichkeiten prüfen, mit denen Amazon die Transparenz bezüglich des Widerrufs- und Rückgaberechts für Kunden und Verkäufer noch weiter verbessern könne.