Apple mit »Intel inside«
Apple mit »Intel inside«. Schon bald wird das für jeden eingeschworenen Mac-Fan bisher völlig Undenkbare geschehen. Ab Sommer kommenden Jahres wird Apple anstelle des bisherigen Lieferanten IBM, Chips von Intel in seinen Computern verwenden. In Wirklichkeit ist der neueste Coup von Apple-CEO Steve Jobs jedoch bereits seit Jahren in aller Ruhe hinter den Kulissen vorbereitet worden.
Apple mit »Intel inside«
Wie eine Bombe schlug vergangene Woche die Nachricht ein: Bereits ab Sommer 2006 will Apple seine Computer mit Intel-Chips ausstatten. Schon Ende 2007 soll bei jedem Mac ein Intel-Prozessor den Takt angeben, verkündete Apple-CEO Steve Jobs auf der alljährlich in San Francisco stattfindenden Entwicklerkonferenz des Mac-Herstellers.
Auch wenn nun so mancher Mac-Fan schon das Ende einer glanzvollen Ära herannahen sieht, handelt es sich bei Steve Jobs? neuestem Coup jedoch nur um einen Wechsel des Chiplieferanten. Es wird auf absehbare Zeit keine Media-Markt-PCs geben, auf denen das Mac-Betriebssystem läuft. Die Mac-Plattform bleibt ? zumindest vorläufig ? ein in sich geschlossenes System und wird keineswegs für die Systemintegratoren geöffnet. Der technische Aufwand, um Apples aktuelles Betriebsystem auf einem gewöhnlichen Intel-PC zum Laufen zu bringen, ist jedoch nur noch gering. Denn Mac OS X basiert auf einem UNIX-Kern, der durchaus auf Intel-Rechnern lauffähig ist und von Apple nachträglich auf die speziellen Anforderungen von IBMs PowerPC-Chip-Architektur angepasst wurde. Wie CEO Steve Jobs aber ebenfalls betonte, liefen die Entwicklungsarbeiten am Betriebssystem schon seit fünf Jahren parallel ? es gab also vom Start weg immer auch eine Version von Mac OS X für die x86-Plattform.
Apples Partner nehmen den Kurswechsel mit gemischten Gefühlen auf. Einerseits bietet der Umstieg auf Intels x86-Prozessoren definitiv die Chance, dass die Rechner der bisher immer noch als Edel-Marke geltenden Firma Apple künftig preiswerter an den Mann gebracht werden können. Andererseits erwartet die Reseller jedoch in den kommenden Monaten erst einmal eine Durststrecke: denn die Investitionsbereitschaft der Kundschaft in Apple-Systeme mit »alter« IBM-Technik wird gering sein, wenn der Hersteller in Zukunft ausschließlich auf »Intel inside« setzt.
Apple schneidet alte Zöpfe ab
Den Plattformwechsel will Apple sowohl für Entwickler als auch für Anwender so sanft wie möglich gestalten und hält dafür die passenden Hilfen parat. Programme, die für Mac OS 8 oder 9 geschrieben wurden, werden auf Computern mit Intel-Chips wahrscheinlich nicht mehr laufen. Unter dem aktuellen Mac OS X können solche Programme jedoch im »Classic«-Modus betrieben werden. Auf der Entwicklerkonferenz in San Francisco präsentierte CEO Jobs nun eine neue Software namens Rosetta, die es ermöglichen soll, dass zumindest aktuelle Mac OS X-Programme auch ohne spezielle Anpassung an die x86-Architektur auf einem »Intel-Mac« laufen können.
Rosetta arbeitet als eine Art automatisches Übersetzungsprogramm für die nicht angepasste Mac OS X-Software. Die jeweiligen Befehle werden, obwohl sie intern übersetzt werden müssen, nur wenig langsamer ausgeführt als optimierter Code, verspricht Steve Jobs. Die meisten Programme könnten somit schon heute problemlos auf einem Intel-Mac ausgeführt werden. Rosetta arbeitet als integrativer Bestandteil des Betriebssystems permanent im Hintergrund und muss nicht wie die Classic-Umgebung gesondert gestartet werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Rosetta die Classic-Umgebung jedoch nicht unterstützen. Apples Senior Vice President Phil Schiller wollte sich diesbezüglich nicht endgültig festlegen. Er wies jedoch darauf hin, dass eine zukünftige Implementierung der Classic-Umgebung »nicht sehr hoch« auf der Liste von Apples Prioritäten stehe. Das Ende der Classic-Umgebung bedeutet somit das endgültige Aus für die alte Mac OS 8- oder 9- Software.
Apple schneidet mit Rosetta also alte Zöpfe ab. Software aus der Zeit vor Mac OS X wird auf Intel-Macs ebenso wenig lauffähig sein wie die für Altivec, G4 und G5 optimierten Programme. Noch nicht eindeutig geklärt ist die Frage, ob sich Rosetta eventuell als Leistungsbremse für Intel-Macs entpuppen könnte. Steve Jobs meinte zu diesem Thema nur vage, dass der Anwender in vielen Fällen nichts von der Anwesenheit Rosettas bemerken würde. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Versuche, den Code einer Plattform auf einer anderen auszuführen, das System häufig ausbremsen.
Von den Software-Entwicklern hängt nun ab, wie sanft sich der Wechsel zur Intel-Plattform vollziehen wird. Apple-Chef Jobs hat gegenüber den Entwicklern versprochen, dass die Portierung von Mac OS X-Programmen auf die Intel-Plattform einfach und schnell durchführbar sei. In vielen Fällen dürfte vermutlich eine simple Recompilierung der jeweiligen Software ausreichend sein. In Entwicklerkreisen wird sein Optimismus zwar nicht uneingeschränkt geteilt, doch es besteht allgemein Einigkeit darüber, dass der Wechsel zur neuen Plattform keinesfalls so aufwändig sein werde, wie seinerzeit der Portierungsaufwand beim Wechsel vom alten System 9 zu Mac OS X. Auch wenn sich der Portierungsaufwand gegenwärtig noch nicht für jeden Einzelfall eindeutig bemessen lässt, steht zumindest fest, dass die Schnittstellen, die das Betriebssystem den Entwicklern bietet, sich durch den Einsatz eines neuen Chips kaum ändern werden.
Tor zum Massenmarkt
Die schon seit längerem kursierenden Gerüchte über eine mögliche Kooperation von Intel und Apple waren bis zum letzten Moment stets von den Verantwortlichen dementiert worden. Jetzt, wo die Katze aus dem Sack ist, hat der von der Mac-Gemeinde kultisch verehrte Steve Jobs jedoch augenzwinkernd zugegeben, dass der Wechsel zu Intel bereits von langer Hand vorbereitet gewesen sei ? nicht erst seit Einführung von Mac OS X. Ein Blick in die Historie zeigt, dass es schon Anfang der neunziger Jahre unter dem damaligen Apple-CEO John Sculley unter dem Codenamen »Star Trek« ernsthafte Bemühungen gab, das damalige Mac-Betriebssystem auf die Intel-Plattform zu portieren. Das Projekt wurde jedoch, trotz beachtlicher technischer Erfolge eines aus Novell- und Apple-Technikern bestehenden Entwicklungs-Teams, vorzeitig ad acta gelegt. Denn Apple wollte die »heilige Einheit« von Mac-Hardware und -Software nicht aufgeben und weiterhin der einzige Hersteller von Mac-Computern bleiben. Mittlerweile hat sich die einstige Garagenfirma jedoch dramatisch gewandelt. Apple zielt immer stärker mit trendigen Digital- Home-Produkten auf den Massenmarkt. Die Perspektive, dass Apple im Laufe der nächsten Jahre vielleicht doch seine »splendid isolation« aufgibt, und sein Betriebssystem als Windows-Alternative auf dem PC-Massenmarkt anbietet, scheint somit durchaus nicht mehr als undenkbar.
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