Basel II vor dem Scheitern
Jahre lang hatten Banken an weltweit gültigen Regeln für die Kreditvergabe gearbeitet und viel Geld in ihre IT-Systeme gesteckt. Ein halbes Jahr vor dem Start des Regelwerks droht der Reform das Aus.

Am Widerstand der USA droht eines der größten Reformprojekte in der Bankenwelt zum Flop zu werden: Die Eigenkapitalrichtlinien (Basel II), wonach die Höhe des zu hinterlegenden Eigenkapital für gewährte Kredite von der Risikoklasse des Schuldners abhängt. Die Regelung sollte Anfang nächsten Jahres in Kraft treten und für Transparenz im globalen Kreditwesen sorgen. Daraus wird nun vorerst nichts. »Ich sehe mit großer Sorge, dass wir im Grunde genommen jetzt vor einem Scheitern von Basel II stehen«, sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller, anlässlich der Jahrestagung von IWF und Weltbank heute in Singapur.
Hintergrund der Sorge ist die Ankündigung der USA, die geplanten Regeln auf Anfang 2009 zu verschieben. Es gäbe in den USA erhebliche Unterschiede zwischen Großbanken und den vielen kleineren Kreditinstituten sowie Differenzen unter den vier dortigen Aufsichtsbehörden, heißt es in einem Bericht der Agentur dpa-afx. Darin konkretisiert Müller seine Sorge um ein gänzliches Scheitern von Basel II: Er befürchte, dass die Amerikaner nicht einmal den Termin Anfang 2009 einhalten werden. »Ein ausgesprochen unerwünschter Zustand«, zumal die deutschen Banken und Sparkassen mit großem Aufwand und erheblichen Kosten auf die Umsetzung der Eigenkapitalregelungen vorbereitet seien.
Einen europäischen Sonderweg, wenn US-Banken nicht mitziehen, schloss Müller aus: Es sei völlig klar, dass in Europa keine Regelungen eingeführt würden, die in den USA erst mit Verspätung folgten. Das würde den Wettbewerb verzerren.
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