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Kopfnuss

Bloßgestellt: Auf Messen um den guten Ruf gebracht

Es ist ja nicht so, dass man die jüngste Groß-Razzia auf der diesjährigen IFA-Messe nicht hätte voraussagen können. Solche Spektakel - 200 Zoll- und Polizei- Beamte beschlagnahmten Produkte und Werbematerial und schlossen sogar Messestände von Ausstellern, denen Patentverletzungen vorgeworfen werden – gehören auf IT-Großveranstaltungen fast schon zum Programm.

Autor:Redaktion connect-professional • 3.9.2008 • ca. 1:10 Min

Auch im Frühjahr auf der CeBIT war schon eine Kohorte Beamter ausgerückt, um Beweismaterial abzutransportieren. Es ist anzunehmen, dass die italienische Firma Sisvel auch weiterhin größere Produktausstellungen nutzen wird, um ihre exklusiven Ansprüche an bestimmten MPEG-Technologien zu unterstreichen. Hierbei geht es natürlich nicht um die Sache, denn umstrittene Patentrechtsfragen und die Feinheiten in der Ausführung von MPEG-Technologien sind für Messebesucher, Standpersonal und Zollbeamte eine ebenso schwer zu verstehende Materie wie die regressive Kontaktassimilation bei der Bildung von russischen Verben. In erster Linie geht es natürlich um das Spektakel selbst. Zwar waren die Betroffenen von der Aktion zunächst nicht begeistert. Denn welcher brave Bürger wird schon ein Notebook von einer Firma kaufen, die von Patentschützern verfolgt wird? Viel zu groß scheint die Gefahr, dass 200 Zoll- und Polizeibeamte nächtens das heimische Wohnzimmer stürmen und den Flat-TV beschlagnahmen.

Doch insgeheim werden auch die Betroffenen einräumen müssen, dass das ganze Tohuwabohu viel Aufmerksamkeit auf das Messeangebot lenkt. Wer bisher noch gar nicht wusste, dass die Firma MSI auch Notebooks mit integrierter MPEG-Technologie produziert, weiß es spätestens nach dem italienischen Überfall auf den Messestand der Taiwaner.

Derart könnte sich der polizeiliche Aufmarsch mit Lizenz zum Filzen schon bald zum echten Messeschlager entwickeln – vergleichbar mit dem allerorts beliebten »Messe-Hostessen-Spießrutenlauf« oder dem nerdigen Fantasy-Kostüm-Wettbewerb auf der Games Convention. Insider berichten, dass einige Messen-Gesellschaften mittlerweile sogar etwas verschnupft reagieren, weil Sisvel ihr Event bisher nicht berücksichtigt hat. Gerüchten zufolge werden die Italiener beispielsweise die Münchner Computermesse Systems auch in diesem Jahr verschonen, weil man diese jenseits der Alpen gar nicht kennt.