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Branchengeflüster: Verkehrte Welt

Branchengeflüster: Verkehrte Welt. Es war ein recht kleiner elitärer Kreis führender Fachhandelspartner und Distributoren von Hewlett-Packard (HP), der da letzte Woche im Zuge der 25-Jahr-Feierlichkeiten der Rede Jos Brenkel lauschen und sich sicher auch wundern durfte.

Autor:Markus Bereszewski • 30.11.2005 • ca. 1:35 Min

Markus Bereszewski

Branchengeflüster: Verkehrte Welt

Bei einem ­solchen Anlass sind die Blicke ja gleichsam rückwärts wie auch in die Zukunft gerichtet und Jos blickte fünf Jahre nach vorn. Er begann im Heute und fragte seine Partner, ob sie am heutigen morgen auf den HP-Kurs geblickt hätten und vor allem, ob sie diesen auch mit dem Aktienwert von Dell verglichen hätten?! Ok, nach den guten Geschäftsergebnissen befindet sich HP in einem leichten Aufwind und die Ankündigung von Entlassungen hat ja fast immer die Aufwertung der ­Aktienkurse zur Folge. Auch hatte Dell schon bessere Tage ? aber deshalb gleich den Abgesang auf das angeblich nicht mehr zeitgemäße Geschäftsmodell des Konkurrenten anzustimmen ? das war für viele dann doch etwas zu dick aufgetragen. Ja, Jos behauptete gar, in fünf Jahren würde man sich wieder hier versammeln und könnte beobachten, dass Dell dann der Verzweifelung (oder gar der Pleite) nahe versuche, das HP-Modell zu kopieren. Den Partnern, denen die nicht nur bei Dell abgeguckten Direktvertriebsaktivitäten von HP schon länger schwer im Magen liegen, sahen sich teilweise verwundert an, ob dieser verdrehten Wirklichkeit. Wahr ist, dass beide Unternehmenskonzepte zum Teil diametrale Unterschiede aufweisen. ­Einer davon ist Forschung und Entwicklung. HP steckt jedes Jahr Milliarden in die Entwicklung neuer Technologien, Dell überlässt diese erheblichen (finanziellen) Anstrengungen anderen Unternehmen und setzt statt ­dessen auf etablierte Standards. Und so stolz HP darauf sein kann: Nicht die Anzahl der Patentanmeldungen entscheidet am Ende des Tages über Erfolg oder Misserfolg eines Herstellers. Und auch für den moralischen oder ideellen Vorteil, was man anbietet selbst entwickelt zu haben (zumindest in kleinen Teilen), zahlt der Kunde keinen Cent extra. Wahr ist auch, dass HP in seinem wichtigsten Geschäftsfeld, dem Verkauf von ­Druckern, Federn lassen musste. Dell hat der einstigen Garagenfirma auch hier, wie schon bei PC in den vergangenen Jahren, Boden abgenommen. Ob sich daran in Zukunft etwas ändert, nur weil HP seinen Kunden bald neben dem individuellen BTO-Computer auch ein ähnlich konfiguriertes, bereits fertiges Modell zu einem etwas geringerem Preis mit kürzerer Lieferzeit an­bieten will? Lassen wir uns überraschen, wer in fünf Jahren laut pfeifend durch den dunklen Wald spaziert.