Zum Inhalt springen
Microblogging-Dienst Twitter vor neuer Finanzierungsrunde

Eine Milliarde Dollar für ein Unternehmen ohne Geschäftsmodell

Parallelen zur Internet-Spekulationsblase, zu Todeslisten und zur Aufhebung ökonomisch einfachster Grundregeln werden wach. Der Microblogging-Dienst Twitter erhält eine weitere Finanzspitze.

Autor:Martin Fryba • 25.9.2009 • ca. 1:10 Min

Auf mehr als 10 Milliarden Euro Börsenwert brachte es der kleine Softwarehersteller Intershop auf dem Höhepunkt der Interneteuphorie im Jahr 2000. Knapp 10 Jahre nach dem Platzen der »New Economy« entsteht eine Renaissance der Spekulationsblase, wenn auch nicht in seiner krassen Ausprägung wie zum Jahrtausendwechsel. Der Microblogging-Dienst Twitter soll laut Wall Street Journal« kurz vor Abschluss einer weiteren Investorenspritze über 100 Millionen Dollar steht. Das passt zur allgemeinen Stimmungslage an den Börsen, die angesichts eines sich abzeichnenden Endes der globalen Finanzkrise wieder zum Business as usual zurückkehren.

Erst im Februar dieses Jahres hatte sich Twitter von Investoren 35 Millionen Dollar gesichert. Dass die Financiers jetzt nochmals um den Faktor 3 aufstocken, hat mit dem Firmenwert von Twitter zu tun. Er wird jetzt auf eine Milliarde Dollar taxiert. Dabei fehlt den Gründern nach wie vor ein plausibles Modell zur Refinanzierung ihres Geschäfts. »Unser Geschäftsmodell befindet sich noch in einer Phase der Evaluierung. In der Zwischenzeit geben wir mehr Geld aus als wir einnehmen«, heißt es lapidar auf der Website von Twitter.

Eine Parallele zu den so genannten »Cash-burn-rates« diverser Internetfirmen drängt sich unweigerlich auf. Das US-Wirtschaftsmagazin Barrons hatte Mitte März 2000 eine Liste von 207 börsennotierten Internetfirmen veröffentlicht und ausgerechnet, wann den allesamt Verluste schreibenden Firmen das Geld ausgehen würde. Der entsprechende Artikel mit dem Titel »Burning Up« hatte das Ende der Internetspekulation eingeläutet und mit dem Erscheinungstag einen Kursrutsch an den Börsen ausgelöst. Infolge dieses Beitrags hatten dann auch deutsche Medien nachgelegt und so genannte »Todeslisten« veröffentlicht, die den Anfang vom Ende des Börsensegments »Neuer Markt« markierten.