Endstation: Die hoch technisierte Welt ist nicht perfekt, aber gut
Es soll noch Abenteurer geben, die sich in einen Wagen der Deutschen Bahn setzen und damit die heile Welt der Voraussehbarkeit verlassen.
Wo wir uns im normalen Leben an internetfähigen Handys mit Navigationssystemen, dem Laptop oder dem Blackberry festklammern, kann nichts den menschlichen Determinismus so stark verdeutlichen, wie eine Zugreise. Die kleinen technischen Helferlein, die uns ansonsten in der Illusion wiegen, nicht alleine zu sein mit einem Wust von Terminen, E-Mails, Konferenzen und Geschäftsreisen, sind machtlos gegen eine Durchsage des Schaffners, dass die komplette Innenelektrik des Zuges ausgefallen sei. Das Display des Laptops ist schwarz. Die blinkende Anzeige des Handys sagt »Netzsuche« und es wird immer wärmer, denn auch die Klimaanlage hat einer Außentemperatur von sonnigen 32 Grad bei fehlender Stromversorgung wenig entgegenzusetzen. Vielen ist es vielleicht vorher nicht aufgefallen, was die Erkenntnis umso schmerzlicher macht, denn Züge, die über eine fortschrittlichere Kühlung, als die bloße Außenluft verfügen, haben keine Fenster, die sich öffnen lassen.
Es gibt etwas, dass man von einem solchen Trip lernen kann: Schwitzen schweißt zusammen. Nach einer Stunde in der Zugsauna haben vom Geschäftsführer bis zur Aldikassiererin alle Insassen nur noch das Nötigste an und beginnen – unabgelenkt von Handy oder Laptop – zu begreifen, dass sie alle in der gleichen Situation stecken. Der Geschäftsführer leiht sich die Bunte von der Kassiererin zum Luftfächern und er ihr sein Einstecktuch zum Schweißabwischen. Der Schaffner schwitzt auch. Jeder redet auf einmal mit jedem – keine Wutausbrüche, dafür Witze über Schweißgeruch. In den wenigsten Gesichtern ist Traurigkeit darüber zu entdecken, dass man nicht noch mal eben schnell die Präsentationen am Laptop fertig machen kann. Es stellt sich die Frage, ist das Blackberry eigentlich noch für den Nutzer da oder umgekehrt?
Auch in großen Firmen lässt sich bei aller Zweckoptimierung Ähnliches beobachten. Durch Effizienz und Planung hängt vieles nur noch von der Rechnerleistung ab und erst im Notfall werden Abteilungen gezwungen, miteinander zu sprechen. Ab und zu mal ein bisschen Bahnfahren kann nicht schaden. In einer perfekten, zu Ende optimierten Welt würde man wahrscheinlich vor Langeweile umkommen. Vielleicht gibt es ja bald ein Navigationsgerät, bei dem auch mal der Weg das Ziel ist.