Finanzierung: »Gegenseitiges Vertrauen wird künftig noch stärker zählen«
Finanzierung: »Gegenseitiges Vertrauen wird künftig noch stärker zählen«. Die Unternehmensberatung Quest Consulting berät mittelständische Firmen in Strategie- und Finanzierungsfragen und übernimmt bei Sanierungsaufgaben das Interimsmanagement. Dipl. Informatiker Albert Hager begleitete unter anderem Systemhäuser bei der Investorensuche. Im Gespräch mit CRN-Redakteur Martin Fryba legt Hager dar, dass Firmen noch zu wenig auf die Anforderungen des Kreditgewerbes eingehen. Er rät zu einer offenen und transparenten Kommunikation mit einem Hauptfinanzierungspartner.
Finanzierung: »Gegenseitiges Vertrauen wird künftig noch stärker zählen«
CRN: Basel II geistert als Schreckensszenario durch die Medien und wird oft als Begründung genannt, wenn Banken entsprechende Kreditgesuche von Firmen ablehnen. Führen die kommenden neuen Eigenkapitalrichtlinien für Banken dazu, dass das Kreditgewerbe bei der Kreditvergabe restriktiver als früher vorgeht?
Hager: Es ist ja kein Geheimnis, dass die Finanzierung des Mittelstandes ein ganz massives Problem ist. Das Thema Basel II wird aber häufig vorgeschoben. Es ist kein Hauptgrund für den Finanzierungsnotstand. Der ist eher dadurch begründet, dass das wirtschaftliche Umfeld schwieriger geworden ist. Vor allem das Rating, das Basel II vorschreibt, ist ja nichts Neues. Banken haben sich immer überlegt, wer kreditwürdig ist und wer nicht. Ein Unternehmen nach seiner Bonität einzustufen und einen entsprechenden Risikozins festzulegen, ist schon vor Basel II gängige Praxis.
CRN: Beim Rating zählt vor allem die Eigenkapitalquote. Im internationalen Vergleich schneidet der deutsche Mittelstand mit einer sehr niedrigen Quote sehr schlecht ab. Woran liegt das?
Hager: Diese Statistiken zeigen ein schräges Bild. Die deutsche Steuergesetzgebung führt dazu, dass die Firmen häufig ihre Gewinne nicht im Unternehmen belassen, sondern mit einem hohen Anteil an Fremdkapital arbeiten. In der Praxis aber wird der Unternehmer sein privates Kapital als Sicherheit für die finanzierenden Banken zur Verfügung stellen. Würde man alle Sicherheiten bei der Eigenkapitalquote berücksichtigen, stünde der deutsche Mittelstand im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht da.
CRN: Erfüllen mittelständische Unternehmen die Anforderungen des Kreditgewerbes?
Hager: Viele mittelständische Betriebe erfüllen sie noch nicht. Ob dies am fehlenden Know-how liegt, Informationen transparent zu machen, oder generell am Misstrauen gegenüber Banken, sei dahingestellt. Klar ist: Bei Finanzierungsverhandlungen wird zukünftig neben den Bilanzen der letzten Jahre noch stärker das gegenseitige Vertrauen zählen. Und das erreicht man unter anderem durch Offenheit, indem man beispielsweise auch Probleme offen kommuniziert. Vielen mittelständischen Unternehmern ist das noch nicht so bewusst.
CRN: Welche vertrauensbildenden Maßnahmen wären nötig?
Hager: Firmen täten gut daran, mit Banken eine offene und transparente Geschäftsbeziehung aufzubauen. Dazu zählt: Proaktiv und strukturiert zu informieren, immer wieder das Gespräch zu suchen und vor allem Probleme offen anzusprechen. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem Regionalbanken das Geschäft ihrer Firmenkunden verstehen wollen. Wenn man den Finanzierungspartner informiert und mit in die Verantwortung nimmt, wird er eher bereit sein, mit einem durch Dick und Dünn zu gehen. Wer mit fünf oder sechs Banken Geschäftsbeziehungen hat, wird ein Vertrauensverhältnis nur schwer erreichen können. Er darf in keine Krise geraten, weil keine dieser Banken dann im Falle eines Falles Hilfestellung leisten will. Daher empfehlen wir, dass sich mittelständische Firmen einen Hauptfinanzierungspartner sowie eine weitere Bank als Alternative suchen sollten. Das ist wie mit einem Lieferantenverhältnis: Man braucht immer einen Hauptlieferanten und einen zweiten, um die Preise in den Griff zu bekommen.
CRN: Vertrauen setzt Zutrauen ins Management voraus. Da scheint es nicht zum Besten bestellt: Im vergangenen Jahr gab es mit 39.600 Firmenpleiten einen neuen Insolvenzrekord in Deutschland. Laut Creditreform waren drei von vier Pleiten auf Managementfehler zurückzuführen.
Hager: Das können wir aus unserer Erfahrung bestätigen. Aber sehen Sie: Hinter jedem betriebswirtschaftlichen Problem steckt letztlich ein menschliches. Zum Beispiel verdrängen viele Inhaber mittelständischer Unternehmen die Frage nach einer Nachfolgeregelung. Oftmals blockieren hier familiäre Konflikte zukunftsfähige Entscheidungen. Werden diese Dinge nicht frühzeitig geregelt, kann das die Existenz kosten. Nicht nur Insolvenzverwalter und wir, die wir von ihnen in einigen Fällen mit der Ausarbeitung einer Fortführungslösung betraut werden, kennen solche Probleme. Auch Banken wissen um die Risiken, wenn sich Mittelständler keine Gedanken beispielsweise um die Unternehmensnachfolge machen. Häufig sind es auch strategische Fehlentscheidungen, die zu Krisensituationen in Unternehmen führen. Basel II kann hier eine Chance für den Unternehmer sein, da er gezwungen ist, sich strukturiert mit der Zukunft des Unternehmens auseinander zu setzen.
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Die Sanierer aus Rosenheim
Quest Consulting ist Teil der Quest-Gruppe und entstand 2001 durch eine Ausgründung aus der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants. Das fünfköpfige Team aus Rosenheim berät vor allem mittelständische Unternehmen aller Branchen bei ihrer strategischen Ausrichtung, erstellt Sanierungskonzepte und wird gelegentlich von Insolvenzverwaltern beauftragt, Fortführungskonzepte für zahlungsunfähige Unternehmen vorzulegen. So konnte Quest einige insolvente Firmen retten, unter anderem den Gerätebauhersteller Sedlbauer AG aus Grafenau und den international tätigen Zulieferer Tanstechnik GmbH (Umrichter für Nahverkehrszüge) aus Holzkirchen bei München. Auch die Probleme mittelständischer Systemhäuser in Bayern kennt Quest sehr gut. Die Unternehmensberater hatten zuletzt ein Rosenheimer IT-Haus bei der Fusion mit einem großen österreichischen Systemhaus begleitet.
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