Freenet will DSL-Geschäft verkaufen
Die Hamburger Freenet AG will entgegen bisherigen Aussagen ihr Zugangsgeschäft nun wohl doch verkaufen. Die Verwirrung unter Partnern ist groß und die Zahl der Interessenten ist überschaubar.
Die Drillisch AG mit ihrem umtriebigen Vorstand Paschalis Choulidis an der Spitze wünscht sich seit Monaten die lukrative Mobilfunksparte, und die United Internet AG schielt seit langem auf die DSL-Kunden. Doch bisher verteidigte Freenet-Chef Eckhard Spoerr sein Unternehmen gegen alle Versuche, es zu filetieren. Das erschien schlüssig, schließlich hatte Spoerr lange dafür gekämpft, aus der früheren Mobilcom AG und dem Provider Freenet einen breit aufgestellten Anbieter im Bereich Telekommunikation zu machen. Jetzt steht aber offenbar doch die vollständige Kehrtwende an: Es würden erste Gespräche mit Interessenten geführt, verriet vor wenigen Tagen die Unternehmenssprecherin einer Nachrichtenagentur. Die DSL-Sparte steht also zum Verkauf, das Rest-Unternehmen soll sich ersten Überlegungen zufolge auf Online-Angebote für Spiele, Geldanlage und Erotik konzentrieren. Ein Schlag vor den Kopf, insbesondere für Partner und Mitarbeiter, denn viele Fragen bleiben dabei unbeantwortet: Was passiert mit den mehreren hundert Freenet- Shops, die größtenteils von Franchise- Partnern und Fachhändlern geführt werden? Was wird mit der Mobilfunksparte geschehen? Klare Antworten wird es wohl erst geben, wenn der Käufer offiziell feststeht.
Heißester Kandidat ist die United Internet AG, die durch eine Übernahme ihre Marktmacht weiter ausbauen könnte. Die Shops in zahlreichen, deutschen Innenstädten könnten für die United Internet-Tochter 1&1 AG interessant sein, da der Provider bisher keine eigenen Läden auf Franchise-Basis betreibt, mit mehreren tausend freien Fachhandelspartnern allerdings schon gut aufgestellt ist. Andererseits hat sich die United Internet AG auch in die Düsseldorfer Telefongesellschaft Versatel AG eingekauft, die zwar über einen vergleichsweise kleinen Kundenstamm verfügt, dafür aber mit einer eigenen Netzinfrastruktur aufwarten kann. Für United Internet/1&1 könnte sich durch eine Versatel-Übernahme folglich die Abhängigkeit von ihren beiden wichtigsten Netz-Lieferanten, der Deutschen Telekom und Telefónica, spürbar verringern. Das Geschäft mit der DSL-Kundschaft würde dadurch weitaus lukrativer. Der Pferdefuß: Die Kriegskasse von United Internet dürfte derzeit nicht ausreichend gut gefüllt sein, um beide Unternehmen zeitnah zu schlucken.
Die Zukunft von Freenet bleibt also vorerst ungewiss, was besonders für die Partner und Mitarbeiter bedrohlich ist.