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Insolvenzverwalter beklagen Managementfehler

Führen ohne Ziel und Orientierung

Noch steht der Insolvenzverwalter nicht fest, der sich des Siemenserben Benq Mobil GmbH annehmen wird. Man kann jedoch schon jetzt vermuten, welches Fazit er nach der Abwicklung ziehen wird. Es wird wohl so ausfallen, wie das Zeugnis vieler seiner Kollegen, die zu den Hauptgründen von Firmenpleiten befragt wurden: Sie stellen dem deutschen Top-Management ein Armutszeugnis aus.

Autor:Martin Fryba • 5.10.2006 • ca. 1:15 Min

Einig sind sich die 125 vom Kreditversicherer Euler Hermes befragten Insolvenzverwalter darin, dass ein ganzes Bündel von Ursachen für den Zusammenbruch einer Firma verantwortlich ist. An erster Stelle nennen acht von zehn Verwaltern fehlendes Controlling, dicht gefolgt von Finanzierungslücken. Zwei Drittel stellen ein unzureichendes Debitorenmanagement fest, was gerade bei kriselnden Unternehmen die angespannte Liquiditätslage zusätzlich belastet, generell aber für alle Firmen dringend geboten wäre (siehe auch Thema der Woche ab Seite 16). Zumal die meisten Insolvenzverwalter über eine schlechte Zahlungsmoral der Kunden dieser Firmen berichten. Den Managern fehlt aber nicht nur der finanzielle Horizont (wohlgemerkt der ihrer Firma), sie sind im sozialen und kommunikativen Auftreten weitgehend talentfrei: Über die Hälfte der Befragten attestieren eine autoritäre und rigide Führung, 44 Prozent rügen Intransparenz, gepaart mit ungenügendem Informationsfluss. Investitionsfehler und falsche Produktionsplanung stellen vier von zehn Insolvenzverwalter fest.

Dass schwerwiegende Fehleinschätzungen bei der Unternehmensführung möglicherweise noch zu korrigieren sind, wenn auch nur über ein Insolvenzverfahren, auch diese Einsicht fehlt den Topmanagern. Die falsche Einschätzung sei psychologisch motiviert, die Manager reagierten auf Krisen mit Verdrängung und pauschalen Durchhalteparolen. Kein Wunder also, dass in drei von vier Fällen die Anträge zu spät bei Amtsgerichten gestellt werden. Abgesehen von möglichen strafrechtlichen Konsequenzen bei einer Insolvenzverschleppung: Fast alle Insolvenzverwalter sind davon überzeugt, dass bei einer rechtzeitigen Antragstellung die Chance wesentlich höher wäre, das Unternehmen noch zu retten. »Viele gehen davon aus, dass mit der Insolvenz zwangsläufig das Ende eines Unternehmens verbunden ist. Dabei sollte das Ziel eines Insolvenzverfahrens immer die Sanierung sein«, sagt hierzu Professor Georg Bitter vom Zentrum für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim (ZIS). In diesem Zusammenhang werden vor allem inhabergeführte kleine Unternehmen genannt. Das Fehlen betriebswirtschaftlicher Kenntnisse sei hier »typisch«.