Gedisst: Mitbewerber-Bashing unter Junggebliebenen
Die Zeiten sind offenbar vorbei, da Software-Riese Microsoft die konkurrierenden Zwergriesen und Emporkömmlinge im IT-Markt mit vornehmer Nichtbeachtung strafte.
Auf der diesjährigen Partnerkonferenz in Houston durften die überraschten Teilnehmer gleich mehrere aggressive Ausfälle gegen die Wettbewerber Google und Oracle bejubeln. Die US-Journaille spricht bereits von einer Trendwende im öffentlichen Auftritt der Softwerker hin zum »Trash Talk«.
Den Höhepunkt des »Trash Talking« bildete ein im Rahmen des Treffens uraufgeführter Musikclip, in welchem Channel-Chefin Allison Watson den größten Widersacher im Internet-Suchmaschinen- Geschäft in Rapper- Manier »disst«, also heruntermacht. »Sie tanzt und rappt in einem knallroten Joggingdress, als ob sie Salt-N-Pepa, die Grandes Dames des Hip-Hop, vom Thron stoßen wollte«, berichtet uns die verblüffte CRN-Korrespondentin aus Houston. Dass »MC Watson« inmitten ihrer Go-Go-Tänzer eigentlich nur dummes Zeug reimte (»You like searching? I like searching too«), fiel kaum ins Gewicht. Ihr bejubelter Auftritt wurde vor allem als locker und erfrischend empfunden, und nicht als das, was er eigentlich war: Eine recht peinliche Anbiederung der Hosenanzug-Generation an eine falsch verstandene Jugendsubkultur.
Immerhin, wenn das Mitbewerber- Bashing auf Pubertätsniveau tatsächlich zum US-Trend wird, wird es sicher bald auch hierzulande praktiziert. Schließlich verordnen die Herren in den US-Konzernzentralen ihren steifen, humorlosen Kraut-Managern auch gerne eine Portion »Frech und Locker«. Wir erwarten schon wunderbare Momente zum Fremdschämen mit Gänsehauteffekt: Allen voran Microsofts Hobby- Historiker Wolfgang Brehm, der als Bushido-Imitator die Konkurrenz mit knallharten Reimsalven herausfordert: »Die Lösungen, die wo ihr vercheckt, sind voll behindert«! Auch unbedingt erwünscht: Hewlett-Packards aufrechter Recke Martin Kinne in der Breakdance-Battle mit der »IBM Rock Steady Crew« um MC Martin Jetter. Die Beatbox kommt von Dells Sabine Bendiek.
Freilich ruft jede Bewegung auch eine Gegenbewegung hervor und folgerichtig sucht man beim Hersteller Wortmann in Hüllhorst (Motto: »IT – Made in Germany«) bereits nach einer landesüblicheren Form des »Rival Bashing«: Bundesverdienstkreuzträger Siegbert Wortmann wird der internationalen Konkurrenz mit Mundart- Gstanzeln und Elektro-Tuba zum Rammstein-Rocksound einheizen. Völlig daneben präsentieren sich dabei freilich die im Dienste asiatischer Konzerne erfolgreich agierenden Manager. Besonders locker will man sich Lenovos Marc Fischer und Acers Stefan Engel jedenfalls nicht vorstellen, wenn sie in den von der Zentrale empfohlenen Manga- Verkleidungen mit Piepsstimme zum J-Pop-Trash die Rivalen schmähen: »Verflucht seien Deine Ahnen!« Dann würde endlich offenbar, was wir schon immer geahnt hatten: Die ganze IT-Branche – ein Kindergarten.