Gewachsen
Gewachsen. Wachstum ist gut! Manager glänzen bei dem Wort die Augen, wie sonst nur bei der Verbesserung ihres Handicaps oder beim Empfang ihrer neuen bayerischen Dienstlimousine. Oder auch beim Anblick der langen Beine des russischen Tennis-Sternchens Marija Scharapowa.
Gewachsen
Doch Wachstum ist nicht alles, wie ausgerechnet jene Scharapowa einer Zeitschrift gegenüber verriet. Seit Wimbledon vergangenen Jahres ist die Bohnenstange des internationalen Damentennis nämlich um weitere fünf Zentimeter in die Höhe geschossen. Was vielleicht dem Tennis zuträglich ist (schnelle Aufschläge, Raumgewinn mit wenigen Schritten), hat auf anderen Gebieten gravierende Nachteile. Wenn Scharapowa Schuhe mit hohen Absätzen trägt, reicht sie schon an die Zwei-Meter-Marke. Das schränkt die Zielgruppe von repräsentativen Ausgehpartnern auf einige wenige Basketballspieler ein.
Dass Wachstum nicht alles ist, müssen auch Konzerne wie Siemens oder HP erfahren. Man ist zwar in den letzten Jahren auf Teufel komm raus gewachsen, muss nun aber feststellen, dass man zwar groß ist, doch keiner mehr mit einem ausgehen will. Siemens muss sogar noch Geld drauflegen, damit Benq dem Multi-Konzern das Händchen hält. Und Riesenbaby HP bekommt längst nicht mehr die verhätschelnde Aufmerksamkeit seitens der Fachhändler. Die klopfen dem Konzern nicht mehr hilfsbereit den Rücken, damit er ein Bäuerchen macht, weil er sich an Brocken wie Compaq verschluckt hat.
Doch anders als für Frau Scharapowa gibt es ja für Unternehmen immer noch die Möglichkeit des Gesundschrumpfens. Man stößt einfach unprofitable Unternehmensteile ab. Das wäre allerdings, um beim Damentennis zu bleiben, für Scharapowa fatal. Einfach den linken Fuß abhacken, weil der große Zeh wehtut. Das mit dem Abstoßen ist allerdings auch für Unternehmen nicht so leicht. So amputiert sich etwa Nortel seit geraumer Zeit fleißig Unternehmensteile in der Hoffnung, nicht aus Versehen lebenswichtige Organe zu entnehmen. Bei Infineon ist man auch nicht so sicher, ob man nicht schon längst den Kopf entfernt hat. Wer auf dem Land aufgewachsen ist, kennt das Phänomen: Das ist wie bei Hühnern, die laufen auch noch einige Zeit ohne Kopf durch die Gegend, bevor sie endgültig zusammenbrechen, allerdings mit einem gewissen Defizit an Orientierung.