Gutes muss länger reifen
Unternehmen sollten sich von den Pre-11n-Geräten im Consumer-Bereich nicht verrückt machen lassen.


Der kommende schnelle Standard 802.11n ist ein Beispiel dafür, dass die Wireless-LAN-Hersteller aus der Consumer-Bereich die Verabschiedung der Standards nicht erwarten können. So haben beispielsweise D-Link, Linksys, Netgear oder Trendnet bereits so genannte Pre-11n-Produkte vorgestellt. Die Kompatibilität der Geräte untereinander ist jedoch nicht garantiert, eventuell gibt es auch Probleme zwischen verschiedenen Serien eines Herstellers. Auch ein Upgrade per Software auf die endgültige 11n-Version will derzeit niemand garantieren.
11n ist nichts schlechtes, doch es braucht mehr Zeit, als ihm manche geben wollen. Also ist 11n derzeit kein Thema für Unternehmen? – Mitarbeiter können Pre-11n-Lösungen unerlaubt mit ins Büro bringen, was besondere Sicherheitsfragen aufwirft. Die hohe Performance und der Energieverbrauch machen Änderungen bei der WLAN-Infrastruktur notwendig.
Es genügt daher nicht einfach nur ein 11n-Radio-Modul in einen Access-Point einzusetzen. Voice-over-IP hat sich als Technik bereits etabliert. Nun reifen auch im Wireless-LAN-Bereich Produkte heran, um VoIP einzusetzen. Dass es mit QoS nicht so einfach ist, haben unlängst wieder Tests der Network Computing gezeigt. Hier ist sicher die spannende Frage, wie schnell Voice-over-WLAN im Reifegrad mit Dect gleichziehen kann. Unternehmen beginnen auch den Outdoor-Bereich zu entdecken. Anwendungsbereiche sind beispielsweise Universitäten, Flughäfen oder Logistik-Dienstleister. Da es im Außenbereich immer schwer ist, Access-Points direkt an das LAN anzuschließen, gewinnen Wireless-Mesh-Lösungen hier an Gewicht.
Der passende Standard 802.11s ist aber noch in Entwicklung. Deshalb sind alle derzeitigen Systeme proprietär. Weiter ist die Lokalisierung ein spannendes Thema. Es handelt sich eher um Branchenlösungen. So lassen sich hier pfiffige Lösungen entwickeln wie die Alarmierung des Arztes, der sich am Nächsten zum Notfallort aufhält. Nachdem sich WLANs in Unternehmen etabliert haben, wird es interessant, die Infrastruktur auch für einen Gastzugang wie von externen Consultants zu nutzen. Mit dem Aufkommen von Wireless-Public-Hotspots wurde ja immer wieder um die Zukunft von UMTS spekuliert.
Derzeit sieht es so aus, dass beide ihre Berechtigung nebeneinander haben. Mittlerweile gibt es nicht nur passende UMTS/WLAN-Karten, sondern beide Funktechnologien sind direkt in den Laptop integriert. Mit HSDPA (High-Speed-Downlink-Packet-Access) hat UMTS auf der Downloadseite eine passende Verstärkung bekommen. Derzeit gibt es etwa bei T-Mobile eine Downloadrate von 1,8 MBit/s, 3,6 MBit/s sind in Vorbereitung. Bei Vodafone sind es 3,6 MBit/s. Hier könnte es eine weitere Steigerung geben, da theoretisch mehr möglich ist.
Fehlt mit HSUPA (High-Speed-Uplink-Packet-Access) noch die Uplinkseite mit bis zu 5,8 MBit/s. Immerhin hat 3GPP die Erweiterung mit dem »3G Release 6« verabschiedet und die Hersteller arbeiten an passenden Lösungen. Allerdings müssten die Mobilfunkbetreiber dafür auf der Sendeseite Hardware austauschen. Wimax ist mit der Lizenzvergabe für das 3,5-GHz-Band jetzt kurz vor der Versteigerung der Frequenzen. Diese soll noch im Dezember erfolgen. Allerdings geht es hier um die stationäre Variante. Mit Mobile-Wimax, das auch Roaming ermöglicht, wird es noch etwas dauern.
Enterprise-Hersteller halten sich bei 11n zurück. Einzig und allein Bluesocket hat eine Pre-11n-Version im Programm. Daran dürfte sich auch mit einer Pre-11n-Zertifizierung durch die Wifi Alliance aber auch nichts ändern. Diese will damit im ersten Quartal 2007 kommen, vorausgesetzt die Taskgroup 11n kommt bis dahin mit einem zweiten stabilen Draft. Mit einer endgültigen Verabschiedung ist nicht vor dem ersten Quartal 2008 zu rechnen. Für 11n müssen die Hersteller neue Access-Points und Wireless-Controller entwickeln. Diese müssen leistungsfähigere Netzwerk-Interfaces erhalten. Derzeitige Tests mit Pre-11n-Geräten lassen weiter vermuten, dass die Leistungsversorgung etwa bei Geräten mit zwei Radio-Modulen mit über den aktuellen Power-over-Ethernet-Standard (PoE) 802.3af nicht ausreicht.
Hier müsste dann der kommende Standard »802.3at DTE Power Enhancement« einspringen. Interessant ist es, ob im kommenden Jahr Hersteller bereits mit Wireless-LAN-Lösungen kommen, die bereits für die höhere Performance ausgelegt sind. Unternehmen müssten dann später nur das Funk-Modul austauschen.
Mittlerweile haben die meisten WLAN-Hersteller WMM (Wifi-Multimedia) für Quality-of-Service implementiert. WMM ist eine Teilmenge des QoS-Standards 802.11e und wichtig für den Einsatz von Voice-over-WLAN. Tests der Network Computing (siehe Artikel »Drei gewinnt«, Network Computing 18/06, S.32 ff.) zeigen jedoch, dass die Implementierung nicht immer ganz einfach ist. Die im Test verwendeten WLAN-Karten mit Atheros-Chipsatz konnten unter Windows keine Priorisierung durchführen. Mit dem Open-Source-Treiber »madwifi« war es jedoch möglich. Die Hersteller gaben dabei Windows die Schuld. Dies hilft dem Anwender jedoch wenig. Weiter zeigte sich, dass je nach Implementierung zusätzliche Verzögerungen von bis zu 15 ms hinzukamen, was dann Auswirkung auf die Sprachqualität hat.