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Hey Joe: Eine Nation im Fitnesswahn

Hey Joe: Eine Nation im Fitnesswahn. Über andere zu lachen, macht meistens Spaß. Und Blondinenwitze sind oft lustig, zumindest für Männer. Also, treffen sich zwei Blondinen. Sagt die eine: »Letzte Woche hatte ich unheim­liches Pech. Ich bin eine halbe Stunde in einem ­Aufzug stecken ...

Autor:Redaktion connect-professional • 6.4.2006 • ca. 2:40 Min

Hey Joe: Eine Nation im Fitnesswahn

Über andere zu lachen, macht meistens Spaß. Und Blondinenwitze sind oft lustig, zumindest für Männer. Also, treffen sich zwei Blondinen. Sagt die eine: »Letzte Woche hatte ich unheim­liches Pech. Ich bin eine halbe Stunde in einem ­Aufzug stecken geblieben!« »Das ist ja noch
gar nichts«, meint die andere, «ich bin gestern eineinhalb Stunden auf einer Rolltreppe gestanden!«
Die Sache mit dem Lift könnte der Blonden bei uns, beim führenden Scherenhubtischhersteller, wo ich, Joe Meier, Sachbearbeiter im Controlling bin, derzeit nicht passieren. Bei uns ist nämlich der Aufzug außer Betrieb. Seit nunmehr sechs Wochen! Gott sei Dank ist mein Büro im ersten Stock, nicht im zweiten oder gar im dritten ? gerade mal 20 Stufen sind zu überwinden. Angeblich ist der Motor hinüber, und die Her­stellerfirma existiert nicht mehr. Es könnte also noch Monate dauern, bis man sich wieder liften kann bei uns. Und da es sich um ein rein ­mechanisches und kein IT-Problem handelt, kann auch unser Admin ausnahmsweise mal nicht helfen.
Aber die Geschichte ist sowieso eine ganz ­andere. Derzeit liest man überall ja nur über
ein Thema: Fit in den Frühling! Ob »Fit for
Fun«, »Men?s Health«, »Healthy Living«, oder
wie die Fitness-Blätter alle heißen, sie sind nur noch voll mit Aufforderungen zu laufen, Gym­nastik zu machen, Gewichte zu heben. Aber
auch in allen anderen Medien wird das Thema ­aufgegriffen. Eine Nation im Fitnesswahn. Selbst die Pendler in der Bahn werden ­derzeit an­gehalten, während der Fahrt Gym­nastik zu ­treiben. Kommt ja alles sicher nicht von un­gefähr. Zwar haben wir bei den Olym­pischen Winterspielen die meisten Medaillen geholt. Aber im Durchschnitt, in der Masse, sind wir doch fast alle etwas überernährt, bewe-­
gen uns zu wenig. Auch die Kids sind zu
fett. Es kann doch sicher nicht schaden, ein ­bißchen zu sporteln. Wenn?s denn der Gesundheit dient!
Das haben wir uns auch gedacht, mein Chef und ich, und haben uns was Gemeines einfallen ­lassen. Wir haben den Hausmeister gebeten,
den Lift außer Betrieb zu setzen. Damit die ­Kollegen was tun für ihren Körper und wenigstens ein bißchen Treppensteigen. Immerhin ­verbraucht man laut einer Berechnungstabelle im Internet beim Treppensteigen pro Minute sage und schreibe 13 kcal. Zwar haben schon 125 Gramm Schweineschnitzel etwa 130 kcal. Also müsste man 10 Minuten Treppensteigen, um das ­Schnitzel wieder wegzubringen. Aber es geht ja nicht nur um Kalorienverbrauch, ­sondern auch um Beweglichkeit, Gelenktraining, Atmung, Kreislauf. Und da hilft Treppensteigen ganz gewaltig!
Damit das Ganze besser angenommen wird, haben wir den Hausmeister auch gebeten, zu dulden, dass die Eingangstüren vom Treppenhaus aus tagsüber normal aufgehen. Sie sind sonst nämlich nur mittels einer speziellen Sicherheits-Karte zu öffnen. Die hat zwar jeder Mitarbeiter, es ist aber ziemlich umständlich und nervig, sie zu benutzen, wenn man die Hände voll hat. Und wer hat nicht mindestens eine Aktentasche dabei? Was habe ich da nicht schon geflucht!
Mittlerweile haben sich die meisten daran gewöhnt, dass der Aufzug nicht geht. Auch wenn viele nach wie vor reflexartig kurz nach dem ­Eingang zunächst mal rechts abbiegen, wo
sich der Lift befindet. Denkste! Hihi! Aber
wenn mir mal nicht nach Morgensport ist, dann weiß ich mir schon zu helfen ? ich bin schon ­lange im Unternehmen und kenne andere Auf­züge und »Geheimwege« im ganzen Gebäude. Aber Pssst!
Doch wenn wir ? mein Chef und ich ? im Sommer vielleicht wieder genug haben vom Treppen­steigen, dann setzt die Aufzugsfirma, respektive unser Hausmeister, den Lift eben wieder in Betrieb. Bis dahin müßte die Rolltreppen-Blon­dine allerdings vor dem Aufzug warten und ­warten und warten…