Polizisten zunehmend «Prügelknaben der Nation» Von Bettina Grachtrup, dpa (Mit Grafik Nr. 12674)
Berlin (dpa) - Die Polizisten wollten nur zwei streitende Frauen voneinander trennen und die Personalien festhalten. Der Einsatz wird schwieriger als erwartet: «Die weibliche Person drehte sich unvermittelt in meine Richtung und verbiss sich in meine...
…rechte Schulter», schreibt die 38-Jährige später. «Der Biss war vergleichbar mit dem eines Hundes, dem man einen Knochen wegnehmen will.» Die Narbe ist auch dreieinhalb Jahre später noch sichtbar.
Die Polizistin ist eine von mehr als 22 000 Beamten, die an einer Online-Befragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zum Thema Gewalt gegen Polizisten teilnahm. Die ersten Ergebnisse, die am Mittwoch in Berlin präsentiert wurden, sind nicht überraschend. «Im Vergleich der fünf Jahre des Untersuchungszeitraums zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Gewaltübergriffe», sagt Pfeiffer. Vor allem Streifenbeamte seien betroffen. Darüber gibt es auch keine Meinungsverschiedenheiten - wohl aber über die richtigen Schlussfolgerungen, die aus den Zahlen zu ziehen sind.
Dass die Studienergebnisse am Mittwoch veröffentlicht wurden, ist kein Zufall. An diesem Donnerstag und Freitag beraten die Innenminister von Bund und Ländern in Hamburg auch über das Thema Gewalt gegen Polizisten. CDU-Politiker, darunter Bundesinnenminister Thomas de Maizière, streben eine härtere Gangart gegen Gewalttäter an. Die Studie nutzen sie zur Untermauerung ihrer Position.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bekräftigte, die Höchststrafe für einfachen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte müsse von zwei auf vier Jahre Haft angehoben werden. Bei schweren Fällen drohen schon bis zu fünf Jahre Haft. Der Paragraf bezieht sich auf Vollstreckungshandlungen - Angriffe auf Polizisten, während sie zum Beispiel nur Streife gehen, erfasst er nicht.
Deshalb fordern CDU-Politiker die Einführung eines eigenen Straftatbestandes, der bei Körperverletzungen speziell gegen Polizisten ein höheres Strafmaß vorsieht. «Ein Polizeibeamter ist gezwungen einzuschreiten. Er hat gar keine Wahl», begründete Schünemann das Vorhaben. Doch darüber gibt es in der schwarz-gelben Bundesregierung Streit: Denn Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP), die bereits einen Gesetzentwurf vorlegte, hält die bestehenden Strafrahmen für ausreichend. Bei Körperverletzungen kämen die bereits bestehenden Strafrechtsparagrafen zum Tragen.
Eine Gesetzesverschärfung wäre erst einmal eine schnelle und vergleichsweise preisgünstige Reaktion auf die Gewaltausbrüche. Schünemann räumte zwar ein, dass es auch darum gehen muss, die Ausstattung und Ausbildung der Polizei zu verbessern. Öffentlich diskutiert wird aber in diesen Zeiten knapper Kassen engagierter über das Thema Strafverschärfung. Pfeiffer hält beides für wichtig - auch die Forderungen aus den Reihen der Polizei nach härteren Strafen kann er nachvollziehen. Einige Polizisten fühlten sich mittlerweile als «die Prügelknaben der Nation». Aber «diese symbolische Geste» einer Strafverschärfung werde wohl nicht den großen Wandel bringen.
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