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Hoher Aufwand, um aus Tintenpatronen wieder Tintenpatronen herzustellen

HP recycelte letztes Jahr 4.700 Tonnen Plastik aus Tintenpatronen

HP bemüht sich sehr, die Umweltbelastung des schadstoffreichen Tintendruckens relativ gering zu halten. Kernstück hierzu ist ein weltweites Rücknahmeprogramm der Tintenpatronen und deren Wertstoffrückgewinnung.

Autor:Redaktion connect-professional • 29.3.2009 • ca. 3:00 Min

Leere Tintenpatronen sind eine geballte Ladung aus sehr unterschiedlichen – vor allem aber
umweltbelastenden – Materialien, die auf keinen Fall auf die Müllhalde gehören. Doch dank
gesetzlicher Auflagen und einem weltweit zunehmenden Umweltbewusstsein bei den Verbrauchern werden
inzwischen immer mehr Kartuschen recycelt.

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HP hat ein weltweites Programm für die Rücknahme seiner Tintenpatronen. Über dieses Programm
wurden im vorigen Jahr 4.700 Tonnen Plastik aus gebrauchten Kartuschen zurückgewonnen, denn
Tintenpatronen bestehen zu 80 Prozent aus Plastik. Dieses zurückgewonnen Plastik konnte dann bei
der Herstellung von 183 Millionen neuen Patronen mitverwendet werden.

Das Recycling der Patronen erfolgt über verschiedene Stufen, die sich weltweit auf drei Werke
verteilen. Die Zerstörung und Werkstofftrennung erfolgt in zwei ähnlichen Anlagen. Eine befindet
sich im nordbayerischen Thurnau und eine weitere in Nashville, im US-Bundesstaat Tennessee. Beide
Anlagen wurden zeitgleich in den Jahren 2002 und 2003 aufgebaut und nutzen auch die gleichen
Maschinen und Prozesstechniken. Diese wurden damals weitestgehend vom Bayerischen Institut für
Angewandte Umweltforschung (BIfA) in Augsburg für HP entwickelt.

Der Recyclingprozess beginnt damit, dass die Anwender ihre leeren Patronen entweder direkt an HP
zurückschicken oder bei einem der tausenden Rücknahmehändler abgeben.

In beiden Fällen landen die leeren Patronen danach entweder in Thurnau oder in Nashville. Hier
werden sie zunächst sortiert, da nicht alle Patronen den gleichen Recyclingprozess durchlaufen
können.

Kernstück der Sortierung ist ein Image-Prozessor, bei dem die über das Band ankommenden Patronen
aus verschiedenen Blickwinkeln geröntgt und fotografiert werden. Die Image-Processing-Software hat
derzeit eine erfolgreiche Erkennungsrate von über 80 Prozent. Nur der Rest muss noch von Hand
sortiert werden.

Entsprechend dem jeweiligen Patronentyp erfolgt dann entweder eine ziemlich brachiale Zerstörung
der Kassette oder ein sogenanntes "De-Manufacturing" – also ein echtes Auseinandernehmen, das von
kleinen Roboterarmen in Windeseile durchgeführt wird.

Bei der anschließenden Materialtrennung stellen vor allem die Resttinte und die Etiketten ein
besonderes Problem dar, da diese nicht in die weitere Plastikbearbeitung einfließen dürfen.

Das Plastik muss so rein wie möglich sein, bevor es dann sehr fein zerkleinert in eine zentrale
Aufbereitungsanlage nach Montreal in Kanada geschickt wird.

In dieser Anlage wird das bislang noch feste Plastik einem chemischen Prozess unterzogen, bei
dem verschiedene Additive sowie Plastik aus recycelten Wasserflaschen zugesetzt werden. Das
Ergebnis ist ein Plastik, das bei der Herstellung von neuen Kartuschen mitverwendet werden
kann.

Über die finanziellen Aspekte dieses sehr aufwändigen Ablaufs schweigt sich HP aus. Bestätigt
wird nur, dass das gesamte Recycling insgesamt rote Zahlen schreibt.

Und wenn man den Gesamtaufwand für dieses Recycling betrachtet, so ergeben sich weitere Fragen,
die HP ebenfalls nicht oder nur teilweise beantwortet.

Fraglich ist beispielsweise, ob unter Berücksichtigung der Transport- und
Wiederaufbereitungsaufwendungen eine insgesamt positive Umweltbilanz entsteht. Oder ob nicht der
Energie- und Chemikalienbedarf beim Recycling höher ist als bei einer fachgerechten Entsorgung der
Patronen.

Fraglich ist auch, warum man Patronen erst mit großem Aufwand zerstören muss, um anschließend
daraus wieder neue Patronen herzustellen: Warum werden die Patronen nicht einfach sorgfältig
gereinigt und wieder mit neuer Tinte aufgefüllt?

"Die Druckqualität von nachgefüllten Patronen reicht nicht an die von neuen Patronen heran – und
eine Seite mehrmals drucken, nur um eine ausreichende Qualität zu erzielen, ist umweltbelastender
als das Recycling der Kartuschen", sagt dazu HPs Recycling-Chefingenieur Dean Miller.

Doch dieses Argument scheint eher einen wirtschaftlichen Hintergrund zu haben: Sobald
nachgefüllte Patronen gleich gute Ergebnisse liefern wie neue, würden die Anwender nur noch die
billigere Nicht-HP-Tinte nachfüllen. Das aber würde das gesamte Geschäftsmodell von HPs
Tintenstrahldruckern zerstören, das auf dem Vertrieb von billigen Druckern und teuren
Nachfüllpatronen basiert.

Trotzdem muss man die vielen Umweltinitiativen von HP im Zusammenhang mit den Tintenpatronen
loben. Dazu gehören beispielsweise das Abschaffen der Plastikverpackungen sowie das Schrumpfen der
Verpackung um 40 Prozent. Inzwischen passen in einen Container rund doppelt soviel Kartuschen wie
vor zwei Jahren.

Harald Weiss/wg