Intimität 2.0: Social-Networks lösen Privatsphäre auf
Social-Networks führen immer mehr dazu, dass Anwender ganz persönliche Daten online stellen. Ein britischer Wissenschaftler warnt nun davor, dass dies anfängt, die Privatsphäre allgemein und auch deren Schutz zu unterminieren.

Social-Networks haben einen großen Zulauf. Menschen stellen dabei Informationen, Bilder oder Videos über sich online, die sehr persönlich sein können. Dies kann auch negative Folgen haben: So bewirbt sich jemand bei Unternehmen und wird abgelehnt. Der Personalverantwortliche hat Bilder von einer Saufparty in einem Social-Networks gefunden. Nun warnt der britische Forscher Dr. Kieron O’Hara in einem BBC-Interview, dass dies auch Folgen auf unser Rechtsverständnis von Privatsphäre und Persönlichkeitsschutz haben wird. Je mehr privates online gestellt werde, desto mehr verschwänden auch die Erwartungen, dass solche sensiblen Informationen geschützt werden sollten. Dabei ist der Schutz des Privatbereichs derzeit eine wesentliche Säule im Recht.
Für O’Hara haben Social-Networks die Grenzen aufgeweicht, was noch als privat zu betrachten sei. Als Konsequenz werde es schwieriger, die Privatsphäre durch Gesetze zu schützen, so seine Einschätzung. Dieses Verhalten immer größerer Offenheit bezeichnet O’Hara als »Intimität 2.0«. Als Konsequenz verliert Persönliches immer mehr an Wert.
Das Problem dabei ist auch, dass sich solche persönlichen Daten selbstständig machen können: Sind sie einmal online gestellt, kann es sein, dass sich diese nur ganz schwer oder gar nicht mehr zurückholen lassen. Das ist besonders dann bitter, wenn derjenige später bereut, etwa bestimmte Fotos von sich oder anderen online gestellt zu haben.
Es ist aber auch die Schwelle gesunken, kompromittierende Daten über andere online zu stellen. Ob diese wahr sind, ist zudem noch ein anderes Problem. So leiden etwa besonders Lehrer unter Online-Mobbing.
Daten können online überall auf der Erde stehen. Sie liegen dann nicht auf Servern im eigenen Land. Es gilt ein anderes Recht, was eine rechtliche Verfolgung von Persönlichkeitsverletzungen zusätzlich erschwert.
Anwender sollten sich daher zweimal überlegen, was sie genau in Social-Networks oder woanders online stellen. Letztlich ist es auch eine Frage der Wertschätzung der eigenen Person, wie viel jemand gegenüber anderen im Netz preisgibt. Ohne dieses Empfinden wird aber alles ein stückweit egal: Der rechtliche Schutz der Privatsphäre hat dann vermutlich sowieso für viele keine große Bedeutung mehr.