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IT-Infrastruktur statt IT-Suprastruktur

IT-Infrastruktur statt IT-Suprastruktur Rechner bringen immer mehr Leistung auf engstem Raum. Gerade ­deshalb muss die Rechnerumgebung qualifiziert ausgelegt sein. Sonst sind Ausfälle und Unfälle vorprogrammiert.

Autor:Redaktion connect-professional • 9.11.2006 • ca. 5:05 Min

Dienstleistungs-Rechenzentren bieten für jeden Flächenbedarf die geeignete Mietlösung: Von abgetrennten Serverräumen bis zu einzelnen Schränken.
IT-Infrastruktur-Komplettpaket, das Klimatisierung, Stromversorgung, USV und Überwachung in einem Rack integriert und das vorinstalliert ausgeliefert wird.
IT-Infrastruktur-Komplettpaket, das Klimatisierung, Stromversorgung, USV und Überwachung in einem Rack integriert und das vorinstalliert ausgeliefert wird.
»Eine falsch ausgelegte USV-Anlage ist Teil des Problems und nicht die Lösung« Torsten Stuhl Technischer Leiter von Global Switch
»Eine falsch ausgelegte USV-Anlage ist Teil des Problems und nicht die Lösung« Torsten Stuhl Technischer Leiter von Global Switch

Heiße Sommermonate wie der vergangene Juli machen uns zuweilen recht schmerzhaft klar, in welch unsicherem Rahmen wir vielerorts die IT betreiben. Das Wort Infrastruktur (wörtlich: zu Grunde liegende Struktur) ist oft genug ein reiner Euphemismus, bei vielen IT-Installationen handelt es sich eher um eine Suprastruktur, also eine übergestülpte Struktur. Die Rede ist nicht von den meist aufwändig gestalteten zentralen Rechenzentren, sondern von den unzähligen »gewachsenen Rechner-Umgebungen«, die als fensterloser oder fensterarmer Kopiererraum angefangen und sich allmählich zum Mini-Serverraum fortentwickelt haben. Solche gewachsenen Umgebungen finden sich nicht nur in Branchen, die relativ spät »digitalisiert« worden sind, sondern auch in großen öffentlichen Verwaltungen oder großen Unternehmen jenseits der zentralen RZ-Strukturen.

Weggeben oder Selbermachen
Die Malaise solcher Wildwuchs-IT liegt nicht nur in der unzureichenden Klimatisierung, sondern fängt in der Regel schon bei der Stromversorgung an. »Die meisten Serverräume sind schlicht zu klein für die IT, die in ihnen untergebracht ist. Gerade die wegen ihrer Kompaktheit so sehr geschätzten Blade-Server benötigen eine hohe Stromleistung«, sagt Wolfgang Zepf, Geschäftsführer des Frankfurter RZ-Dienstleisters Global Switch. Ein Rechner-Schrank, der randvoll mit Blade-Servern gefüllt sei, erreiche sehr schnell einen Strombedarf von zehn bis zwölf Kilowatt Leistung, rechnet Zepf vor, dazu komme dann noch der Strombedarf für die Kühlung und sonstige Infrastruktur wie Licht, Telefon und Überwachung. Da die meisten Büroräume nur 80 bis 90 Watt Leistung pro Quadratmeter böten, ergäbe sich bei dem oben angenommenen Verbrauch rein rechnerisch ein Stellflächenbedarf, der ökonomisch zumeist unsinnig sei. Für Zepf als Rechenzentrum-Dienstleister liegt natürlich die Lösung auf der Hand. Das Mieten von Stellfläche in einem Rechenzentrum sei viel billiger als der Aufbau einer eigenen IT-Infrastruktur. Dies gelte umso mehr, als die einschlägigen Dienstleister in ihrem Angebot sehr flexibel auf Kundenbedürfnisse reagierten. Global Switch zum Beispiel biete vom einzelnen Schrankstellplatz über abgeschlossene Gitterkäfige bis hin zur »Private Data Suite« für jeden Flächenbedarf die geeignete Mietlösung. Mittlerweile gibt es für kleine und mittlere Firmen aber durchaus Alternativen. IT-Infrastruktur-Anbieter wie APC, Stulz, Rittal oder Knürr (letztere wurden kürzlich von Emerson übernommen) bieten auch für kleinere und mittlere Firmen Kombi-Pakete für Klimatisierung, Ausfallsicherheit (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) und Brandschutz. Jüngste Beispiele sind das »Smart Package« von Rittal oder das neue »InfrastruXure-Komplettsystem mit einem Smart-UPS VT-Power-Modul von APC. Beides sind IT-Komplettpakete, die Klimatisierung, Stromversorgung, USV und Überwachung in einem Schrank integrieren und in vorinstallierter Form bereitstellen. Beide Unternehmen setzen auf bestehenden hauseigenen Strukturen auf, Rittal auf seiner Server-Rack-Plattform, APC auf seinem InfrastruXure-Racksystem und der Smart-UPS-Reihe. Rittal legt in seinem System den Schwerpunkt mehr auf die Klimatisierung, APC mehr auf eine ausgeklügelte Stromversorgung. Beide Unternehmen bieten aber jeweils rackinterne Andockpunkte für fehlende Funktionsteile. Die neue APC-Lösung für »Serverräume und kleine Rechenzentren« wartet mit einem Stromverteilungs-Design auf, das gegenüber den älteren Systemen runderneuert wurde, sodass sich geringere Betriebskosten und eine bessere Stromeffizienz ergeben. Die Batterien sind bei laufendem Betrieb austauschbar, sodass das Gesamtsystem in Überbrückungszeiten sehr flexibel auf erweiterte Anforderungen reagieren kann. Das System lässt sich nach Aussage des Herstellers »jederzeit um andere APC-Produkte wie Klimatisierungs- oder Verwaltungs- und Sicherheitsmodule erweitern«. Das Komplettpaket von Rittal hat seinen Schwerpunkt bei der Klimatisierung. Hier kann der Anwender je nach den örtlichen Gegebenheiten zwischen drei Möglichkeiten wählen. Wenn die Umgebungsluft zur Kühlung ausreicht, bieten perforierte Stahlblechtüren mit 78 Prozent offener Türfläche einen hohen Luftdurchsatz und da­mit eine ausreichend wirkungsvolle Kühlung. In weniger günstigen Bü­roumgebungen kann al-ternativ ein Dachlüfter gewählt werden, der bei geringer Geräuschentwicklung bis zu zwei Kilowatt Verlustleistung aus dem Rechnerschrank abführt. Bei noch un­günstigeren Bedingungen, beispielsweise bei der Aufstellung des Rechnerschranks in einer Produktionsumgebung, kann ein Kühlgerät zugeschaltet werden, das bei Schutzart IP54 bis zu drei Kilowatt Verlustleistung abführt. Dadurch wird die Gefahr von Betriebsausfällen durch Überhitzung von Rechnerelementen als auch die von Bränden deutlich ver­mindert.

Präventivmassnahmen als Gefahrenherde
Denn wenn erst einmal ein Brand droht, sieht es in vielen Betrieben düster aus. Der Brandschutz wird nämlich in vielen kleinen und mittleren Firmenmilieus völlig vernachlässigt. Herkömmliche Sprinkleranlagen sind ja zum Löschen von Bränden im IT-Bereich weitgehend ungeeignet, weil sie unter Umständen mehr zerstören als retten. In Rechnerumgebungen sollte deshalb eine Gaslöschanlage installiert sein, die zum Beispiel mit Argon dem Feuer den Sauerstoff entzieht und dieses dann schnell erstickt. Sträflich vernachlässigt wird in kleinen und mittleren Umgebungen aber vor allem die Brandfrüherkennung. Durch entsprechende Früherkennungs-Anlagen können nämlich Schmor- und Schwelbrände schon in einem Stadium erkannt werden, wo es sozusagen noch gar nicht wirklich brennt. Die Gefahrendaten werden an die Brandmeldezentrale weitergeleitet, die dann geeignete Präventivmaßnahmen einleiten kann. Dass Präventivmaßnahmen selbst wiederum zu Gefahrenherden werden können, zeigt sich am Beispiel Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV). Denn die Batterien der USV können dann zu gefährlichen Brandverursachern werden, wenn sie zu schwach ausgelegt sind und überdies nicht regelmäßig gewartet werden. »Im Falle eines längeren Serverausfalls erhöht sich die Temperatur im Serverschrank innerhalb von nur drei Minuten um zwölf Grad Celsius. Eine statische USV mit einer empfohlenen Überbrückungszeit von nur 20 Minuten kann da bei voller Last schnell zu einem Problem führen«, warnt beispielsweise Torsten Stuhl, Technischer Leiter bei Global Switch. Und wenn in einem solchen Fall die elektromechanischen Verbindungen der USV nicht korrekt überwacht worden seien, könne unter Umständen zusätzlich ein Batteriebrand entstehen, der sich weder mit Kohlendioxid noch mit Wasser löschen lasse, sondern nur mit Sand. Batteriebrände sind gefährlich, aber sicher nicht die häufigste Malaise, die unterbrechungsfreie Stromversorgungen in den Unternehmen verursachen. Häufig sind die Anlagen ein bloßes Beruhigungs-Placebo ohne wirklichen Wert. Ihre Funktionsfähigkeit wird kaum je getestet und ihre Auslegung entspricht nicht den tatsächlichen Anforderungen. Wenn beispielsweise eine USV einen Serverausfall nicht innerhalb neun Millisekunden abfangen kann, dann ist der Server schon abgestürzt. »So banal es klingen mag: Viele Unternehmen arbeiten mit einer unterdimensionierten USV-Anlage, warten diese unzureichend und nutzen vorhandene Redundanzen nicht aus«, meint Wolfgang Zepf. Es nütze wenig, wenn man Server mit einer redundanten Stromversorgung ausstatte, die dazugehörigen Netzwerk-Komponenten aber nur an einer Stromquelle hingen.

Komplexe Kreisläufe
Komplettlösungen für normale Bü­roumgebungen wie die oben beschriebenen Lösungen von Rittal und APC sind sicher ein großer Fortschritt. Gleichwohl lässt sich der Kreislauf von Verlustleistung, Klimatisierung und Ausfallsicherheit nicht auf einen einzelnen Serverschrank beschränken. Wenn man beispielsweise die Feuchtigkeit aus dem Rack entfernt, heißt das noch lange nicht, dass diese dann auch aus dem Umgebungsbereich des Schrankes weg ist. Dafür benötigt man dann wieder zusätzliche Maßnahmen, die bedingt durch unterschiedliche Raumgrößen und Raumtypen (ohne Fenster, mit Fenster, Art der Nachbarräume) in ein und demselben Unternehmen oder Gebäude ganz unterschiedlich ausfallen können. Im ungünstigsten Fall muss ein spezielles Präzisionsklima für jeden einzelnen Raum produziert werden. In solchen Fällen mag dann eine Auslagerung der Server-Einheiten an ein Dienstleistungsrechenzentrum billiger und sicherer sein. Mitunter können aber strategische Unternehmensvorgaben auch gegen eine solche Auslagerung sprechen. Die Einheitslösung gibt es eben auch in Sachen IT-Infrastruktur nicht.