Krisenprofiteure Kreditversicherer
Wie nervös reagieren Kreditversicherer auf die schwache Konjunktur im ITK- und CE-Handel? Verschärfen sie die Konditionen und Prüfungen? CRN sprach mit Michael Timmermann, Deutschland-Chef des Kreditversicherers Atradius über die Folgen von Umsatzstagnation und Bankenkrise.

CRN: Der Handel in der ITK- und CE-Branche steht unter finanziellem Druck. Dabei sind die Firmen verstärkt Kreditlimits und Kreditversicherungen angewiesen. Können Sie angesichts der Bankenkrise ihr Leistungsangebot garantieren?
Michael Timmermann: Selbstverständlich stehen wir unseren Kunden mit der Absicherung ihrer Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen gerade jetzt zur Seite. Das ist unser Kerngeschäft. Und natürlich können wir unser Leistungsangebot beibehalten. Gerade in Zeiten von Finanzkrise und hartem Wettbewerbsdruck ist eine Kreditversicherung wichtiger denn je.
Muss der Fachhandel künftig mit schärferen Bedingungen bei Kreditlimits rechnen – vor allem auch bei den Bonitätsvoraussetzungen und –prüfungen?
Als Kreditversicherer vergeben wir selbst keine Kredite, sondern sichern die Lieferantenkredite unserer Kunden ab und schützen sie dadurch vor Liquiditätsengpässen, Umsatzeinbußen oder gar der eigenen Insolvenz infolge schlechter Zahlungsmoral ihrer Abnehmer. Selbstverständlich prüfen wir die Abnehmer unserer Kunden dafür sehr genau.
Sehr genau prüfen? Heißt das, dass es künftig zu mehr Ablehnungen von Kreditlimits kommen wird?
Ich kann für unser Haus sagen, dass wir Kreditlimite immer, unabhängig von Konjunkturzyklen, sehr genau prüfen. Infolge des verschlechterten wirtschaftlichen Umfelds werden wir mehr Kreditlimite ablehnen müssen, um unsere Kunden zu schützen. Bedenken Sie, dass unsere genauen Bonitätsprüfungen den versicherten Unternehmen zugute kommen. Kreditversicherung wirkt hier als Frühwarnsystem. Unsere Kunden können sich mit diesen Informationen einen solventen Kundenstamm aufbauen.
Ist das Kreditausfall-Risiko bei Klienten aus der ITK- und CE-Branche, in diesem Fall Fachhandelsbetriebe, Distributoren und Hersteller gestiegen?
Insgesamt ist das Risiko von Zahlungsausfällen im Zuge der eingetrübten Konjunkturaussichten gestiegen, jedoch betrifft dies nicht alle Branchen gleichermaßen. Und selbst innerhalb einer gefährdeten Branche sind pauschale Bewertungen fehl am Platz. Die ITK- und CE-Branche gehört bei uns nicht per se zur Gruppe der Branchen mit erhöhtem Zahlungsausfallrisiko wie beispielsweise der Textileinzelhandel oder die Automobilzulieferer.
Ist kurz- oder auch mittelfristig damit zu rechnen, dass die Prämien für die Kreditversicherungen erhöht werden müssen?
Wir wollen unsere Kunden - soweit es irgend geht - durch das Konjunkturtal mit Deckungen begleiten. Das gegenwärtig niedrige Preisniveau wird dabei nicht durchzuhalten sein. Mit Beginn der konjunkturellen Erholung 2003 und dem Rückgang der Insolvenzen haben die Kreditversicherer die Entlastung in den Schadenquoten in Form von Prämiensatzreduzierungen an den Markt weitergegeben. Das Preisniveau hat sich folgerichtig deutlich abgesenkt. Dieses positive Risikoumfeld ist Ende 2007 gekippt und das muss sich im Preisniveau niederschlagen, weil die Schadenquoten wieder steigen und weiter steigen werden. Aber auch hier treffen wir keine pauschalen Entscheidungen. Wir prüfen die Risiken individuell und berechnen die Prämien entsprechend.
Der Optimismus in der ITK-Branche ist aber verflogen. Der ZEW meldet jüngst, dass vor allem bei IT-Dienstleistern die Stimmung so schlecht ist, wie zuletzt Ende 2003
Keine Frage: Die anhaltend gedämpfte Konsumlust der Deutschen wird sich bemerkbar machen. Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Insolvenzen in einigen Branchen im laufenden zweiten Halbjahr wieder steigen wird. Bisher aber können wir in der ITK- und CE-Branche noch keine generelle Tendenz vermehrter Zahlungsausfälle feststellen. Einzelfälle gibt es natürlich immer wieder.