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Interview mit Auvida zu Backup mit verschiedenen Niederlassungen

Kritischer Flaschenhals beim Backup übers WAN

In Unternehmen mit unterschiedlichen Niederlassungen nimmt das Backup-Aufkommen kontinuierlich zu. Dadurch werden im performance-sensiblen Weitverkehrsnetz (WAN) andere geschäftskritische Anwendungen ausgebremst. Abhilfe verspricht eine Strategie zur WAN-Optimierung. Network Computing sprach mit Michael Fadai, Geschäftsführer des Netzwerk-Infrastrukturspezialisten Auvida.

Autor:Ralf Ladner • 6.7.2010 • ca. 4:20 Min

Michael Fadai, Geschäftsführer von Auvida

Network Computing: Backup-Prozesse stellen die Unternehmen wegen der zu übertragenden Datenvolumina seit jeher vor besondere Anforderungen, denen sie begegnen mussten. Warum ist das Thema heute brisanter als in der Vergangenheit?

Michael Fadai: Weil die Unternehmen insbesondere aus Kostengründen ihre Rechenzentren verringern und zentralisieren und gleichzeitig damit auch die Zahl vorhandener Server reduzieren. Dadurch werden die verbleibenden Rechenzentren und deren Datenmengen immer größer. Entsprechend große Mengen an Daten, die täglich im operativen Geschäft anfallen, müssen beim Backup über WAN-Verbindungen gewöhnlich in ein oder zwei zentrale Rechenzentren überspielt werden.

Network Computing: Auch wenn die Datenmengen wachsen, kann man das Backup doch auch nachts anstoßen. Dann gibt es kein Gerangel um Bandbreite mit anderen business-kritischen Anwendungen, die tagsüber zusätzlich über das Weitverkehrsnetz laufen.

Michael Fadai: Unternehmen, die verschiedene Niederlassungen haben und durch die genannte Konsolidierung ihre Kosten reduzieren, aber auch das Management und die Sicherheit ihrer IT verbessern wollen, sind gewöhnlich international agierende Unternehmen. In einer solchen, häufig weltweit verteilt aufgestellten Konstellation läuft dann irgendwo immer das Tagesgeschäft. Außerdem werden für den möglichen Recovery-Fall gerade bei geschäftskritischen Anwendungen möglichst aktuelle Daten benötigt. Somit scheidet ein nächtliches Backup häufig aus.

Network Computing: Könnten Netzwerkverantwortliche in Unternehmen nicht einfach die Bandbreite erhöhen, um auch für Backups während der Geschäftszeiten und beim Betrieb anderer wichtiger Anwendungen auf der sicheren Seite zu sein?

Michael Fadai: Das können sie natürlich machen. Das schafft aber nur selten Abhilfe. Der Nutzen ist mehr als ungewiss. Gewiss ist nur, dass man durch Einkauf von mehr Bandbreite seine Kosten hochfährt. Mehr Bandbreite bringt deshalb keine nachhaltige Verbesserung, weil die Ursache für schlechte Durchsatzraten Paketverluste und die Latenz im Netzwerk sind. Letztere hängt mit der Physik der Leitungsabschnitte und der Verarbeitungsgeschwindigkeit von Switches, Routern und so weiter zusammen. Das WAN ist das Nadelöhr in der WAN/LAN-Topologie. Deshalb kann die Lösung des Problems nur darin bestehen, das WAN, in dem die Paketzustellungszeiten infolge von Latenz 300 bis 1000 Mal langsamer als im LAN sind, über verschiedene Mechanismen zu optimieren.

Network Computing: Das deutet auf ein ganzes Maßnahmenbündel hin, das Sie empfehlen. Reicht Bandbreitenmanagement allein denn nicht aus?

Michael Fadai: Das Bandbreitenmanagement greift nur bei einer Sterntopologie und stellt eher eine Art Mängelverwaltung dar. Die erforderliche Bandbreite wird nicht vermindert. Man sorgt eigentlich nur dafür, dass das Backup keine anderen Datenströme stört, indem man es in seine Schranken weist. Weil ihm nur ein gewisses Quantum der Gesamtbandbreite zugewiesen wird, dauert es dafür aber auch länger. Wir plädieren für eine kombinierte Lösung aus Deduplizierung, Protokolloptimierung und Bandbreitenmanagement.

Network Computing:Können Sie die etwas näher beschreiben?

Michael Fadai: Durch Deduplizierung werden redundante Übertragungen vermieden. Sie arbeitet auf der Basis von Bitmustern, referenziert auf bereits übertragene Dateien per Indizes und verringert so signifikant die erforderlichen Übertragungsvolumina. Gleichzeitig wird der Datenabgleich zwischen Rechenzentrum und Backup-Rechenzentrum nach unserer Erfahrung bis um den Faktor 55 beschleunigt und so auch eine größtmögliche Desaster-Recovery-Sicherheit gewährleistet. Durch das Bandbreitenmanagement wird sichergestellt, dass geschäftskritische Anwendungen auch während intensiver Backups tatsächlich bevorzugt behandelt werden. Wer möchte schon ein zügiges Backup um den Preis des Ausfalls seines zentralen SAP-Systems, woraufhin alle im Unternehmen nur noch Däumchen drehen können?

Network Computing:Es gibt aber doch auch dedizierte Backupsysteme, die ohnehin nur den inkrementellen Datenbestand sichern und somit den Job der Deduplizierung erledigen. Kann sich derjenige, der solche Systeme hat, dieses Prozedere dann nicht einfach sparen?

Michael Fadai: Er kann dann zwar auf die Deduplizierung verzichten, obwohl ihm unser Ansatz auch da Vorteile bringt. Wir nutzen die Deduplizierung als transparenten Mechanismus, wobei die deduplizierende Appliance als letzte Komponente vor der Firewall zum Einsatz kommt. Hierdurch werden alle über das WAN laufenden Datensicherungsströme, egal von welchem System kommend, sichtbar, so dass auf jeden Datenstrom adäquat reagiert werden kann. Hinzu kommt im Bereich der Anwendungsbeschleunigung, der die Deduplizierung ja zugeordnet werden muss, das beträchtliche Beschleunigungspotenzial, das die Protokolloptimierung bietet. Bei dieser kommt dann noch die Beeinflussung von TCP hinzu, um die so genannte »Geschwätzigkeit« des Übertragungsprotokolls durch intelligente Mechanismen auszubremsen.

Network Computing: Die da sind …?

Michael Fadai: Vermeidung von Paketverlusten und Abwicklung des »geschwätzigen« TCP-Transports innerhalb des LANs und anschließende WAN-Übertragung unter Ausnutzung aller TCP-Optionen. Das Gleiche gilt übrigens für das in Microsoft-Umgebungen größtenteils genutzte CIFS-Übertragungsprotokoll, das ähnliche Mechanismen wie TCP aufweist. Indem Paketverluste vermieden werden, umgeht man das in TCP vorgegebene und als Sägezahnalgorithmus bezeichnete Ablaufmuster, demzufolge der TCP-Stack bei Paketverlust anfängt, langsamer zu schicken und die Geschwindigkeit erst allmählich wieder hochfährt, wenn er keine verlorenen Pakete mehr registriert. Das ist das eine. Das andere ist die Abwicklung der TCP-Chattiness im schnellen LAN, dem die dadurch bewirkten Roundtrip-Delays nichts ausmachen. Danach wandern die Pakete ohne verzögerndes Chatting und Acknowledgements übers WAN, um im LAN auf der anderen Seite den bereits genannten Mechanismus zu durchlaufen. Im Ergebnis können so größere Pakete mit höherer Effizienz übertragen sprich gesichert werden.

Network Computing: Um quasi LAN-gemäße Antwortzeiten über die gesamte LAN/WAN-Topologie hinzubekommen und dabei alle Anwendungs- und Geschäftsspezifika eines Unternehmens zu berücksichtigen, benötigen Sie aber doch wohl eine sehr individuell zugeschnittene Herangehensweise?

Michael Fadai: Das ist richtig. WAN-optimierte Backups im beschriebenen Sinn bei gleichzeitiger Berücksichtigung unternehmenskritischer Anwendungen und anderer Netzwerkszenarios gehen nach unserem Verständnis nur mit einem Servicekonzept, das einen kompletten Betreuungszkylus von Workshop über Consulting, Customizing und Installation bis zur Wartung abdeckt. Um Anforderung jeder Standortgröße abzudecken, müssen Produkte verschiedenster Leistungsklassen und auch und besonders mobile User in die Optimierung des Datenverkehrs einbezogen werden. Nur ein solcher ganzheitlicher Ansatz macht wirklich Sinn.

Network Computing: Herr Fadai, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Firmen-Info:

Die Auvida GmbH (www.auvida.de), Bad Homburg, ist Dienstleister für Infrastrukturlösungen in den Bereichen von Netzwerken und Anwendungen. Auf der Basis einer über 20jährigen Erfahrung als Systemintegrator in nationalen und internationalen ICT (Informations- und Kommunikationstechnologie)-Märkten optimiert Auvida die Performance und Effizienz von IP-Netzwerken sowie der darin betriebenen Audio-, Video- und Datenanwendungen.