PC-Formfaktoren ? BTX contra ATX: Alles nur heiße Luft
PC-Formfaktoren ? BTX contra ATX: Alles nur heiße Luft. Seit rund neun Jahren ist der ATX-Standard der übliche Formfaktor für den klassischen PC. Mit BTX soll nun alles anders werden. Bislang kommt der von Intel propagierte Standard allerdings nicht so recht aus den Startlöchern.
PC-Formfaktoren ? BTX contra ATX: Alles nur heiße Luft
Systemintegratoren und Assemblierer schenken dem PC-Formfaktor BTX (Balanced Technology Extended) bisher wenig Aufmerksamkeit. »Es gibt noch keine großen Mengen an BTX-Komponenten, so dass die Auswahl sehr begrenzt ist, erklärt Volker Kaps, Produktmanager PC-Systeme der Wortmann AG, das Zögern auch vieler Marktbegleiter. Das Unternehmen will voraussichtlich erst im dritten oder vierten Quartal 2005 in den Markt für BTX-Systeme einsteigen.
Bisher dominiert noch der Vorgänger: Der ATX-Formfaktor (Advanced Technology Extended) wurde in einer Zeit geschaffen, als die Abwärme der Prozessoren und Komponenten nur einen Bruchteil im Vergleich zu aktuellen Bauteilen betrug. Auf den Prozessoren reichten kleine Kühlkörper, ein 180-Watt-Netzteil versorgte alle Komponenten eines ATX-Mini-Towers mit dem erforderlichen Strom.
Mittlerweile hat sich das Bild deutlich geändert. Allein Netzteile mit einer Gesamtleistung von 500 W und mehr sowie Grafikkarten mit bis zu 150 W und CPUs mit rund 130 W Leistungsaufnahme verdeutlichen die gewachsenen thermischen Anforderungen an das Gehäusedesign und Mainboard-Layout. Genau diesen Anforderungen soll der BTX-Formfaktor gerecht werden. Intel will durch eine optimierte Komponentenanordnung eine geglückte Kombination aus besserer Ableitung der Abwärme bei gleichzeitiger Geräuschreduktion etablieren. »Diese Faktoren machen BTX-Systeme interessant, da mittlerweile für viele Kunden eine geringe Geräuschentwicklung eine entscheidende Rolle spielt«, ist Kaps überzeugt. Technisch gesehen soll ein Lüftermodul (Thermal Module) für einen optimalen Luftstrom sorgen.
Probleme beim Formfaktorwechsel
Beim aktuellen ATX-Formfaktor herrscht folgende Anordnung vor: Vorne am Gehäuse bläst ein Lüfter unter den Festplatten über die Controller-Anschlüsse und weiter über die PCI-Slots ins Gehäuse nach oben. Dort trifft die Luft erst nach einigen Stationen auf die thermisch kritische Komponente CPU. Zusätzlich saugen der Netzteillüfter und/oder ein zweiter Gehäuselüfter die Warmluft ab. Neben dem sehr langen Luftweg ist die Anordnung der Grafikkarte der zweite Pferdefuß am ATX-Design. Im ATX-Tower zeigt deren Kühlkörper nach unten, abgewandt von der CPU und dem kühlenden Luftstrom. Falls der angrenzende PCI-Slot bestückt ist, wird die Karte sogar noch nach unten abgeschirmt. Genau diese thermischen Unzulänglichkeiten sollen mit BTX behoben werden.
Grundsätzlich sind die Komponenten auf dem Mainboard in thermische Zonen gegliedert. Das bedeutet, dass die wärmeintensivsten Komponenten CPU, Mainboardchipsatz und Grafikkarte in einer Zone beieinander angeordnet sind, die aufgrund des Boardlayouts direkt von einem Luftstrom zwischen Thermal Module und Auslass auf der Gehäuserückseite gekühlt werden. Der PCI-Express-Slot für die Grafikkarte ist dabei derart angeordnet, dass der Grafik-CPU-Kühler nun dem Systemprozessor zugewandt ist und so optimal vom Luftstrom profitieren kann. Das Thermal Module besteht aus einem temperaturgeregelten Lüfter in einem Lüftungsschacht mit Wärmekoppler für die CPU, der den Luftstrom ausrichten soll und gleichzeitig geräuschdämmend wirkt. So sollen Geräuschemissionen unter zwei Sone möglich werden. Die anderen Komponenten, wie RAM-Bänke und PCI-Slots, HD-Controller, Sound, etc. sind dann mit zunehmendem Abstand vom »Hotspot« angeordnet. Neben dem BTX-Standard sind auch Ableger vorgesehen, nämlich Micro BTX für kleinere Systeme und Pico BTX für Mini-PCs. Bastian Fröhlig, Sprecher der Shuttle Computer Handels GmbH, meint dazu: »Shuttle hat beim BTX-Design das Pico-BTX-Format bezüglich Luftzufuhr und Steckplätzen noch weiterentwickelt. Wie schnell sich der neue Standard umsetzen lässt, muss man abwarten.«
Konkurrent Aopen liefert bereits seit Ende 2004 Micro-BTX-Gehäuse aus und ist von Intel zum offiziellen BTX-Partner benannt worden. »Noch in diesem Quartal wollen wir unsere Palette um BTX-Tower und passende Mainboards sowie Pico-BTX-Lösungen erweitern«, verspricht Arne-Alexander Gnörich, Regional Manager DACH Solution Products der Aopen Computer GmbH.
Der neue BTX-Standard hat nicht nur Auswirkungen auf das Gehäuse-Design und Mainboard-Layout. Auch andere Komponenten müssen angepasst werden. So etwa das Netzteil: Das herkömmliche ATX-Netzteil für (Mini)-Tower kann weiterhin eingesetzt werden, es nimmt jedoch nicht mehr, wie im ATX-Standard vorgesehen, einen maßgeblichen Faktor im Wärmestrom ein. Der BTX 1.0a-Standard ist hier kompatibel zu ATX 2.1 und 2.2. Im Micro BTX- und Pico BTX-Sektor sieht es anders aus. Aufgrund der Komponenten-Anordnung werden die neuen Netzteile eine etwas andere Formgebung haben. »Wir haben uns dafür entschieden, den BTX-Standard umzusetzen, da wir Barebones für die ideale BTX-Lösung halten. Auch wenn BTX-Komponenten untereinander austauschbar sein sollen, stellt sich für den User bei einem normalen Desktop-PC immer die Problematik, ob Netzteil, Mainboard und Gehäuse wirklich zusammenpassen«, erklärt Fröhlig. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch Jochen Friesch, Leiter Geschäftsbereich Lynx bei der Krystaltech Lynx Europe GmbH: »Gerade im Bereich Pico-PTX sehe ich einen sehr großen Bedarf. Bei größeren Gehäusen ist meiner Einschätzung nach der Bedarf noch nicht so hoch.«
Viele Komponenten bleiben unverändert
Die weiteren Komponenten, allen voran die CPU, verhalten sich bei der Systemintegration weitgehend unproblematisch. Für die Grafik ist der aktuelle 16x PCI-Express-Standard vorgesehen, neuere Grafikkarten mit diesem Schnittstellendesign können weiter eingesetzt werden. Das trifft auch für sonstige bisherige PCI-Karten und die Platinenabmessungen zu. Hier gilt: Was in einen ATX-Rechner passt, passt auch in ein vergleichbares BTX-Gehäuse.
SATA-Festplatten können ebenfalls weiterverwendet werden. Ihr Anschluss gestaltet sich im vorgesehenen BTX-Gehäuse meist noch einfacher, da sie dort parallel zum Mainboard angeordnet sind und die Kabelführung somit noch übersichtlicher wird. Selbst der Einsatz des betagten Floppy-Laufwerks ist noch bedacht. Auch aktuelle DDR-RAM-Module sollen weiter verwendet werden können.
Händler können also bezüglich der Komponenten beruhigt in die Zukunft sehen. Die meisten Teile für aktuelle ATX-Systeme lassen sich auch an Kunden verkaufen, die BTX wünschen. Preiseinbrüche aufgrund einer tiefgreifenden Umstellung des Formfaktors sind nicht zu befürchten. Allerdings ist auch kein deutlicher Performancesprung durch den Einsatz einer BTX-Plattform absehbar.
Darüber hinaus ist noch unklar, ob der BTX-Formfaktor tatsächlich ATX verdrängen wird: »So schnell wird sich BTX nicht durchsetzen«, prognostiziert der Wortmann-Produktmanager. Selbst Intel gibt sich nicht übermäßig optimistisch: »Wir rechnen erst 2007 damit, dass mehr BTX- als ATX-Komponenten verkauft werden«, erklärt Stefan Tritscher, Reseller Channel Manager. Die Grundvoraussetzung für die Marktdurchdringung des neuen Standards ist in jedem Fall seine Finalisierung. Nur so werden Hersteller und Integratoren davor gefeit sein, ein einmal herausgebrachtes Produkt später nachbessern zu müssen.
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INFO
Aopen Computer GmbH
www.aopen.de
Intel GmbH
www.intel.de
Krystaltech Lynx Europe GmbH
www.kle.net
Shuttle Computer Handels GmbH
www.shuttle.com
Wortmann AG
www.wortmann.de