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Novell Nterprise Linux Services

Pinguin im roten Kleid

Mit den Nterprise-Linux-Services bringt Novell Netzwerkfunktionalität (um nicht zu sagen Netware) auf Linux-Systeme. Damit ist der Weg frei für geschäftskritische Netzwerkanwendungen auf einer Open-Source-Plattform.

Autor:Redaktion connect-professional • 26.9.2007 • ca. 4:45 Min

Wenn wir Novell sagen, dann denken die meisten Netzwerkverwalter sicher an Netware, möglicherweise an Groupwise und Zenworks. Den wenigsten wird bei der Erwähnung des früheren Netzwerkgiganten Linux in den Sinn kommen. Zeit, umzudenken! Novell orientiert sich (einmal mehr) um. Natürlich hat das Unternehmen die Firmen Ximian und Suse gekauft, um darauf aufzubauen und Kapital daraus zu schlagen – und die Marschrichtung ist relativ klar. Novell nutzt ihre über Jahre erworbenen Erfahrungen im Netzwerkbetriebssystem-Geschäft, um Linux in die Serverfarmen zu drücken. Damit versucht das Unternehmen, sein Image als Netware-Firma abzulegen. In Zukunft möchte man als einer der führenden Anbieter von Linux und auf Linux basierender Lösungen verstanden werden. Image ist eine Sache, brauchbare Produkte eine völlig andere. Network Computing hat die Novell-Nterprise-Linux-Services (Novells erster Schachzug) kurz angetestet.

Diese kurz NNLS genannten Dienste sind eigentlich nichts anderes als eine Sammlung von Programmen, die Datei-, Druck-, Messaging-, Management-, Authentifikations-, Identity- und Virtual-Office-Dienste zur Verfügung stellen. Die Installation des Produkts auf einem 2,66-GHz-Pentium unter Suse-Linux-Enterprise-Server 8 (basierend auf Suse-United-Linux) funktionierte problemlos und war nach rund einer halben Stunde erledigt. So schnell geht es natürlich nur, wenn bereits eine funktionierende Linux-Maschine zur Verfügung steht, sonst ist die Zeit für die Installation und Konfiguration von Linux zu berücksichtigen. Es ist auch nicht so, dass man einfach jede beliebige Linux-Maschine nehmen und NNLS darauf installieren kann. NNLS unterstützt lediglich Redhat-AS 2.1, Redhat-ES 2.1 sowie Suse-Enterprise-Server 8. Nach der Installation von NNLS und einem Neustart der Linux-Maschine sieht die Benutzungsoberfläche (in unserem Fall war das KDE) so aus wie zuvor – kein Hinweis auf irgendwelche Nterprise-Services. Wie es weiter geht, erfährt man aber in der Dokumentation, die Novell nur über das Internet zur Verfügung stellt, um es den Anwendern »bequemer« zu machen. Wir verstehen unter bequem etwas Anderes. Jedenfalls lässt sich NNLS remote unter Verwendung eines Web-Browsers konfigurieren; Internet-Explorer ab 5.5 und Netscape ab 7.02 tun es, ebenso (unter Linux und Windows) Mozilla.

Steckbrief

Novell Nterprise Linux Services 1.0

Hersteller: Novell

Charakteristik: Netzwerkdienste für Linux

Kurzbeschreibung: Die NNLS bieten Linux-Systemen zusätzliche Datei-, Druck-, Messaging-, Management-, Authentifikations-, Identity- und Virtual-Office-Dienste. Im Prinzip lässt sich damit eine Linux-Maschine zu einer Art Netware-Server machen. NNLS unterstützen Redhat-AS 2.1, Redhat-ES 2.1 sowie Suse-Enterprise-Server 8.

Web: www.novell.de

Preis: 59 Dollar pro Benutzer

In NNLS enthalten sind voraktivierte DirXML-Treiber für eDirectory, Active-Directory und Windows-NT-Domänen. Während der Installation kann der Administrator NNLS mit existierenden Verzeichnisimplementationen integrieren, alternativ lässt sich NNLS natürlich auch als primärer Baum konfigurieren. Zum Management von NNLS greift der Administrator zu iManager. Diese zentrale Komponente stellt eine Objekthierarchie zur Verfügung und bietet Zugriff auf jede NNLS-Einzelheit. Dazu installiert iManager eine Reihe von Java-Servlets, die unter Apache/Tomcat laufen. Apache und Tomcat sind auf der NNLS-CD enthalten. Bei der von uns durchgeführten NNLS-Express-Installation wurde Apache installiert, obwohl wir den Web-Server bereits zuvor schon mit Linux installiert hatten. Wir wissen nicht, ob diese erneute Installation Auswirkungen auf zuvor durchgeführte Apache-Konfigurationen hat. Die iManager-Komponente unterstützt neben Linux und Netware auch HP-UX, Windows und Solaris. Die Handhabung ist einfach, schnell sind Benutzer-, Gruppen- und andere eDirectory-Objekte erzeugt oder modifiziert. Der ICE-Assistent von iManager erlaubt Imports, Exports und Konvertierungen von Objekten zwischen Servern. Mit diesem Assistenten lassen sich beispielsweise Benutzerobjekte aus Active-Directory importieren. Wer LDAP kennt, wird damit keine Schwierigkeiten haben.

Zu den vielen Sicherheitsfeatures von NNLS gehört unter anderem Nsure-Audit. Administratoren erhalten damit Benachrichtigungen und eine Logdatei. Wir konfigurierten NNLS beispielsweise so, dass wir Nachrichten erhielten, wenn eDirectory-Objekte erstellt, gelöscht oder modifiziert wurden, Benutzer sich an- und abmeldeten, Volumes gemountet oder dismountet wurden, um nur ein paar Ereignisse zu nennen. DirXML und eDirectory erlauben dem Administrator, verwaltete Identity-Services zu implementieren. Novells ID-Management-Lösung ist ein exzellentes Werkzeug für die Implementation unternehmensweiter Identity-Services. Die Konfiguration von Druckdiensten in NNLS gleicht der Konfiguration von Netware aus. Die für Remote-Speicher verwendeten iFolder sind leicht zu konfigurieren, und es war leicht, Dateien über das Web hinaufzuladen und zu betrachten. Zugriffsrechte auf einzelne Dateien und Ordner lassen sich individuellen Benutzern und Gruppen zuweisen. Netstorage bietet dem Administrator einen Mechanismus, um iFolders und Netstorage-Objekte ähnlich Microsofts Webfolder zu konfigurieren. Windows-Clients nutzen diese Objekte auf demselben Weg. Netstorage dient zur Konfiguration gemeinsamer (shared) Ordner und verschlüsselter iFolder.

Teamwork

Hinter Virtual-Office verbergen sich Funktionen für die virtuelle Teamarbeit. Das Portal bietet unter anderem Zugriff auf Netmail, Datei- und Drucker-Sharing-Dienste und minimale Groupwarefunktionalität. Jeder Benutzer, der das Recht hat, ein virtuelles Team zu erstellen, kann dies tun und andere Benutzer einladen. Alle Team-Mitglieder teilen sich ein Team-eigenes Diskussionsforum und können spezifische Threads abonnieren, um bei neuen Posts oder Antworten sofort eine Benachrichtigung zu erhalten. Das Team-Portal enthält eine Chat-Komponente, die den Onlinestatus anderer Team-Mitglieder zeigt. Die Chat-Schnittstelle gleicht der anderer Instant-Messaging-Clients. Die Netmail-Komponente unterstützt Standard-E-Mail-Protokolle und ist leicht administrier- und anwendbar. Messaging- und Kalenderdienste sind in Virtual-Office integriert. Virtual-Office mit all seinen Funktionen macht natürlich ein Paket wie Groupwise nicht obsolet, dazu müsste schon schwereres Geschütz aufgefahren werden.

Fazit

In NNLS steckt eine Menge Produkte, und viele dieser Produkte sind trotz der NNLS-Versionsnummer 1.0 nicht neu. Komponenten oder Produkte wie DirXML, iManager und natürlich eDirectory sind schon länger auf dem Markt und wurden in Unternehmen bereits als individuelle Produkte getestet. Die mit NNLS gebotenen Dienste und ein Preis von rund 59 Dollar pro Benutzer machen das Produkt sicher interessant für Unternehmen. Wer sich aber für NNLS entscheidet, muss nicht nur Netware- beziehungsweise Nterprise-Services administrieren und supporten, sondern auch die gesamte, darunter liegende Linux-Installation. Das geht – wie erwähnt – schon mit der Installation des Servers los: Zuerst ist Linux zu installieren. Da Suse inzwischen Novell gehört, können wir uns gut vorstellen, dass Novell irgendwann ein zusammengeschnürtes Linux-/NNLS-Paket anbieten wird, das sich in einem Rutsch installieren und konfigurieren lässt. Vorstellbar ist aber ebenso gut, dass Novell NNLS für die Zusammenarbeit mit weiteren Linux-Derivaten zurechtbiegt.

NNLS kann helfen, Kosten zu reduzieren, denn es erlaubt Unternehmen, relativ alte, leistungsschwache Hardware nach wie vor als Serversystem einzusetzen. Natürlich reden wir hier nicht von Einsatzgebieten, in denen es auf Performance ankommt, aber als kleiner Datei- und Druckserver für Arbeitsgruppen ist diese Linux-/NNLS-Geschichte möglicherweise sinnvoll, wenn es denn mit Wartung und Support funktioniert. Netware-Probleme, und damit meinen

wir jetzt solche mit einem natürlichen Netware-Sever, bekommt man häufig noch per Telefonsupport in den Griff, wenn es am Standort des Netware-Servers einen halbwegs Computer-erfahrenen Mitarbeiter gibt. Wir können uns vorstellen, dass dies beim Linux-/NNLS-Gespann nicht mehr ganz so einfach ist. [ dj ]