Rezeptbuch für die Langzeitarchivierung
Rezeptbuch für die Langzeitarchivierung Wenn digitale Daten Jahrzehnte und Jahrhunderte überdauern sollen, ist eine ausgefeilte Strategie nötig. Ein Handbuch fasst jetzt den aktuellen Entwicklungsstand zusammen.

Wie archiviert man eine Webseite oder ein Computerspiel? Mit solchen Fragen beschäftigt sich das Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung, kurz nestor. Schlüssige Antworten sind für staatliche und private Archive, Bibliotheken und anderen Institutionen, die Wissen bewahren, dringend notwendig. Im Spätherbst vergangenen Jahres hat nestor nun die erste Version eines Handbuchs veröffentlicht, das sich als »kleine Enzyklopädie der Langzeitarchivierung« versteht. Unterstützt wurde das Projekt vom Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT). Die Textsammlung ist ein »living document«. Das bedeutet, dass die Inhalte laufend ergänzt und fortgeschrieben werden. Damit einher geht die Verfügbarkeit der jeweils aktuellen Variante im Internet und die Aufforderung an Fachleute, sich an der Ergänzung noch fehlender Kapitel aktiv zu beteiligen. Schon in seiner jetzigen Version 0.1 (http://nestor.sub.uni-goettingen. de/handbuch/nestor-Handbuch_01 .pdf) bietet das Handbuch tiefgehende Informationen zu vielen Aspekten, die man bei der Langzeiterhaltung digitaler Objekte beachten muss oder zumindest sollte. Der Reader beginnt mit der Darstellung der jetzigen Situation in Bibliotheken und Archiven. Am Kapitel über Museen wird noch gearbeitet. Dann folgt eine Darstellung der Rahmenbedingungen auf nationaler und institutioneller Ebene. Hinsichtlich möglicher Geschäfts- und Organisationsmodelle fehlen noch Informationen.
Existierende Standards werden erklärt Anschließend wird das derzeit führende Referenzmodell OAIS (Open Archival Information System) für vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive in seinen Grundzügen beschrieben. Verfügbar sind bisher die Grundaspekte, während die Details hierzu später folgen sollen. Relativ detaillierte Informationen findet man über die Formate beliebiger digitaler Objekte, Dateiformate, Formaterkennung, Validisierung, Verzeichnisse für Dateiformate und Softwarewerkzeuge. Best-Practice-Beispiele fehlen bisher, was zeigt, dass sich der Implementierungsstand digitaler Archive in einem sehr frühen Stadium befindet. Immerhin gibt es schon einige Format-Standards, die das Handbuch darstellt: (METS Metadata Encoding and Transmission Standard), PREMIS (Preservation Metadata: Implementation Strategies) und LMER (Langzeitarchivierungsmetadaten für elektronische Ressourcen) werden erklärt. Es folgt die Beschreibung digitaler Erhaltungsstrategien von der Migration bis zur Mikroverfilmung. Überlegungen zum Datenzugriff und Details zur Archivierung bestimmter Inhalte wie eben Webseiten oder Computerspiele runden das Angebot ab. Den Schluss bildet ein Überblick über Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Langzeitarchivierung. Mit seinem hohen fachlichen Anspruch und seiner dynamischen Konzeption dürfte sich das kostenlose Kompendium zum unentbehrlichen Werkzeug für die Archivierungspraktiker entwickeln.