Server-based-Computing im Wandel
Thin Clients – Beim Aufbau von Terminalserver- Umgebungen ist das »Right-Sizing« von Netzwerk, Servern und Clients ein wichtiger Aspekt. Je nach Anforderung können vom Ultra-Thin-Client bis zum PC unterschiedliche Endgeräte zum Einsatz kommen.
Der Streit, ob schlanke oder fette Clients für Server-based-Computing die bessere Wahl sind, ist mittlerweile einer differenzierteren Betrachtungsweise gewichen. Ihr liegt die Einsicht zu Grunde, dass es nicht um ein entweder oder geht, sondern darum,welche Anforderungen die Clients erfüllen müssen. Deshalb können Unternehmen, die eine Terminalserver- Umgebung aufbauen möchten, zwischen unterschiedlichen Client-Modellen wählen.
In der Planungsphase gilt es unter anderem herauszufinden, ob sich alle Anwendungen zentral per Terminalserver bereitstellen lassen, oder ob es auch Applikationen gibt, die zum Beispiel aus Performance-Gründen nach wie vor lokal auf den Clients ausgeführt werden müssen. Ein wichtiger Punkt ist zudem, was der Web- Browser leisten muss. Wird ActiveX-Support benötigt, dürfte ein Thin-Client mit Windows- XP-Embedded die beste Wahl sein. Ist dies nicht gefordert, könnte beispielsweise auch ein Linux- Client zum Einsatz kommen.
Beim Right-Sizing einer IT-Lösung für Serverbased- Computing müssen diese und weitere Faktoren berücksichtigt werden. So zählt zum Beispiel für Banken und Versicherungen eine Failover-Strategie zu den Standardanforderungen. Sogar wenn sich alle Anwendungen per Terminalserver über das Remote-Desktop-Protokoll von Microsoft (RDP) oder die Independent-Computing- Architecture von Citrix (ICA) bereitstellen lassen kann die IT-Abteilung unternehmenskritische Applikationen für den Katastrophen- Fall für den alternativen Zugriff zum Beispiel über Web-Browser zur Verfügung stellen.
Wahl der richtigen Plattform
Welches Thin-Client-Konzept für ein Unternehmen das richtige ist, hängt von den jeweiligen Anforderungen ab.Wenn der Terminalserver alle Anwendungen bereitstellen kann, dann ist ein sehr schlanker Thin-Client die beste Lösung.
Zum einen bootet er deutlich schneller, zum anderen ist der Verwaltungsaufwand deutlich niedriger als zum Beispiel bei Windows-Clients. Auf Thin-Client-Lösungen spezialisierte Anbieter wie Wyse bieten hierfür mit Thin-OS – früher Blazer – ein eigenes Betriebssystem an, das von vornherein für Server-based- Computing entwickelt wurde.
Benötigt ein Unternehmen auf den Endgeräten mehr Funktionen, als sich vom Terminalserver per RDP oder ICA zur Verfügung stellen lassen, ist ein sehr schlanker Client nicht die richtige Wahl.Wenn zum Beispiel auch ein Browser genutzt werden soll oder individuelle Anpassungen am System erforderlich sind, bieten sich Thin-Clients an, die mit Windows- CE,Windows-XP-Embedded oder Linux als Betriebssystem ausgestattet sind. Seit kurzem ist es sogar möglich, sowohl das Betriebssystem als auch die Anwendungen von einem Server aus auf die Clients zu streamen. Dadurch benötigt der Client nicht einmal mehr einen Flash- Speicher, sondern nur noch Arbeitsspeicher zur Ausführung der gestreamten Applikationen. Viele Unternehmen setzen zudem Anwendungen ein, die sich nicht parallel in mehreren Instanzen auf einem Citrix- oder Terminalserver ausführen lassen. Sie können in diesem Fall entweder ihre Applikationen Terminalserver-fähig machen, was aber relativ aufwändig ist. Oder die Anwendungen werden lokal auf dem Client ausgeführt, wofür in den meisten Fällen ein Betriebssystem wie Linux oder Windows-XP-Embedded erforderlich ist.
Welches Betriebssystem letztendlich für ein Unternehmen die beste Wahl ist, hängt in erster Linie davon ab,welche Anwendungen lokal ausgeführt werden sollen. Eine wichtige Rolle spielt auch der Treiber-Support für Peripheriegeräte. Viele Anwender tendieren zu Fat-Clients, weil diese eine deutlich größere Treiberauswahl bieten.Mit XP-Embedded ist die Auswahl am größten und entspricht dem normalen Windows-XP. Auch Linux kann inzwischen mit einer breiten Treiberunterstützung aufwarten.Windows-CE fällt beim Treibervergleich dagegen deutlich ab, da diese Plattform in erster Linie für Handhelds entwickelt wurde. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich in letzter Zeit die Modelle auf Basis von Windows-XPEmbedded oder Linux. Für Unternehmen, die auf der Suche nach einer flexibel anpassbaren Thin-Client-Plattform sind, bieten diese Fat- Clients alle Optionen. Sie lassen sich zum einen als echte Thin-Clients nutzen und bieten zum anderen die Möglichkeit, auch über Web- Brower auf die vom Terminalserver bereit gestellten Anwendungen zuzugreifen. Die Preise für die Thin-Clients liegen je nach Ausstattung zwischen etwa 200 und 1000 Euro pro Gerät.
Streaming als Schlankheitskur
Um auch leistungshungrige Anwendungen auf entsprechend leistungsfähiger Hardware laufen lassen zu können, ohne auf die Vorteile des Thin- Computing-Modells verzichten zu müssen, haben die Hersteller von Server-based- Computing-Lösungen neue Streaming-Technologien entwickelt. Dabei werden bei jedem Einschalten des Clients sowohl die An-wendungen als auch das Betriebssystem zu den Clients übertragen,wobei nur die gerade benötigten Bits beziehungsweise Teilkomponenten gestreamt werden.
Durch diese Funktion lässt sich das Thin- Client-Modell auf neue Benutzergruppen ausweiten. Bisher war es für Mitarbeiter prädestiniert, die ganz bestimmte Aufgaben ausführen (so genannte Task-Worker). Mit der Streaming-Lösung können nun auch für Power-User, zum Beispiel aus dem CAD- /CAM-Bereich, die für sie relevanten Applikationen bereitgestellt werden, ohne dass ein Unternehmen deshalb auf die Vorteile des Thin-Computing-Modells verzichten muss.
Lösungen wie der Streaming-Manager von Wyse übertragen sowohl die benötigten Anwendungen als auch das Betriebssystem vom Server auf die Clients. Ob es sich dabei um Fat- oder Thin-Clients handelt, spielt keine Rolle. Das Besondere an dieser Lösung: sie kann Betriebssystem und Anwendungen unabhängig voneinander streamen. Dies bietet eine höhere Flexibilität als Lösungen, die Betriebssystem und Applikationen in ein einziges Image packen.
Right-Sizing von Netzwerk und Servern
Eine wichtige Grundvoraussetzung für Server-based-Computing ist ein ausreichend leistungsfähiges Netzwerk. Die Clients sollten mit Fast-Ethernet an die Terminalserver angebunden sein. Dies gilt insbesondere, wenn Betriebssystem und Anwendungen über das Netzwerk gestreamt werden sollen. Ist in puncto Anzahl unterstützter Clients pro Terminalserver eine besonders hohe Skalierbarkeit gefordert, sollte ein Einsatz von Speziallösungen in Erwägung gezogen werden.Diese können den Zugriff der Clients zusätzlich verbessern. Der Hersteller Ericom geht zum Beispiel davon aus, dass mit derartigen Lösungen ein einziger Terminalserver bis zu 1000 Benutzer bedienen kann. Möglich wird dies unter anderem dadurch, dass über die selbe Terminalsession mehrere Anwendungen gleichzeitig ausgeführt werden.
Auch auf der Seite der Server-Hardware gibt es neue Entwicklungen, die den Einsatz von Terminalserver-Umgebungen optimieren. Unternehmen können zum Beispiel mit Hilfe von Blade-Centern in Kombination mit Virtualisierungs-Technologie sehr flexibel auf Kapazitätsänderungen reagieren. Damit lassen sich interessante Lösungen realisieren, beispielsweise ein Hot-Swap von Terminalserver- Ressourcen. Oder die Benutzer erhalten ihren eigenen virtuellen PC, auf den sie per Thin-Client zugreifen. Auf diese Weise können Unternehmen beispielsweise ihren Entwicklern mehrere virtuelle Testumgebungen zur Verfügung stellen.
Neue Einsatzgebiete für Thin-Clients
Über das klassische Feld der Unternehmensanwendungen hinaus fassen Thin-Clients inzwischen auch in anderen Bereichen Fuß. Hierzu zählen insbesondere Multimedia- Anwendungen, die bislang von Citrix- und Terminalservern nicht optimal unterstützt werden. Damit Thin-Clients die zu erwartenden grafischen Verbesserungen auf der Serverseite auch auf dem Bildschirm darstellen können, benötigen sie einen leistungsfähigen Grafikchip.
Hersteller wie Wyse bieten deshalb Thin- Client-Modelle an, die speziell für Multimedia- Anwendungen konzipiert wurden. Derartige Geräte können die Videosignale für unterschiedliche Endgeräte wie Plasma- Fernseher oder Beamer bereitstellen. Der Video-Client von Wyse basiert beispielsweise auf Windows-XP-Embedded und kann sowohl DVDs wiedergeben als auch Video- Clips auf Festplatte speichern. Ein weiterer Trend sind Thin-Clients, die direkt in einem Flachbildschirm intergriert sind. Die Hersteller von Thin-Clients kooperieren deshalb mit Herstellern von LCD-Displays. Schon bald werden auch andere Geräte erhältlich sein, die als Thin-Client agieren können.Vorstellbar sind unter anderem Voice-over-IPTelefone mit integriertem Thin-Client. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, entwickelt beispielsweise Wyse eine Single- Chip-Lösung,die sowohl den Thin-Client als auch die Peripherie-Schnittstellen wie USB umfasst. Dieser Chip wird nicht nur RDP und ICA unterstützen, sondern auch über Multimedia- und Videofähigkeiten verfügen. Die ersten Samples sollen im Januar verfügbar sein. Für die Zukunft wird zudem Mobile- Thin-Computing ein wichtiges Thema werden. Dabei geht es vor allem darum, wie sich mobile Endgeräte in das Thin-Client- Management integrieren lassen.
Fazit
Das Server-based-Computing hat sich gewandelt. Unternehmen müssen sich heutzutage nicht mehr zwischen schlanken und fetten Clients entscheiden.Vielmehr können sie aus einer ganzen Palette unterschiedlicher Endgeräte wählen. Diese reicht von Ultra- Thin-Clients, zum Beispiel für das Streaming von Betriebsystem und Applikationen, bis hin zu sehr leistungsfähigen Thin-Clients mit umfassendem Browser- und Video-Support. Damit sollten eigentlich alle Unternehmen in der Lage sein, die Vorteile des Thin- Computings zu nutzen.
Klaus Becker, Director Technology &
Engineering EMEA, Wyse Technology
dg@networkcomputing.de