Sicher vor Schwankungen
Buyer’s Guide: USV – Stromstörungen aus dem Netz bahnen sich oft mühelos den Weg durch Computernetzteile und beschädigen interne Komponenten. Unterbrechungsfreie Stromversorgungen helfen vor Ausfällen und Absonderlichkeiten aus der Steckdose.


Drei unbeliebte Geräteklassen gibt es in der IT-Welt: Klimaanlagen, Backup-Lösungen und unterbrechungsfreie Stromversorgungen. Ohne diese Komponenten funktioniert jedoch keine IT-Infrastruktur. Die Unternehmen müssen hier Geld für Komponenten ausgeben, deren Nutzen im normalen Betrieb nicht zu sehen ist.
Erst wenn eine Klimaanlage ausfällt oder nicht auf voller Leistung arbeitet, merkt der Administratoren überhaupt, dass sie da ist und einen Zweck erfüllt. Nur im Notfall zeigt die richtige Backup-Strategie Wirkung. Und bei der unterbrechungsfreien Stromversorgung merkt der Anwender in der Regel gar nichts von der Wirkung. Unsere Netze arbeiten scheinbar stabil, und Ausfälle sind selten. Wenn hingegen Naturgewalten wie Kyrill oder die Schneekatastrophe von 2005 zuschlagen, bricht die Versorgung gleich so lange aus, dass auch der Batteriepuffer einer USV nicht ausreicht. Was der Administrator jedoch dabei gern übersieht, ist die Filterwirkung einer USV.
Laut EU-Norm liegt an einer regulären europäischen Steckdose eine Spannung von 230 Volt an. Diese Norm gestattet jedoch eine Toleranz von +6 bis -10 Prozent, also 207 bis 244 Volt. Zudem räumen diverse Richtlinien für elektrische Anlagen und technische Anschlussbedingungen weitere Abweichungen ein. Alles in allem ergibt das einen beachtlichen Bereich von etwa 196 bis knapp 250 Volt.
Keine PC- oder Serverkomponente arbeitet jedoch mit Spannungen in dieser Höhe. Ein Netzteil wandelt die Primärspannung in mehrere Niedervolt-Pegel, wie 12 Volt für Laufwerke, 5 Volt für Board-Komponenten, 3 Volt für CPUs oder auch -12 Volt für die V.24-Schnittstelle. Dazu setzen alle Hersteller so genannte Schaltnetzteile ein. Die Technik ist einerseits simpel, andererseits anfällig. Hohe Frequenzen erlauben, den eigentlichen Transformator sehr klein zu bauen. Daher setzten Schaltnetzteile anstelle der Netzweiten 50 Hz Frequenzen im Bereich 40 bis 100 kHz ein, um die Spannungen zu wandeln. Den primären Wechselstrom wandelt zunächst ein Gleichrichter. Dann kommt ein Zerhacker, welcher den Transformator füttert. Das Problem an dieser Technologie ist die sekundäre Regelung. Erst wenn sekundärseitig Strom fliesst kann der Regelschaltkreis die Transformation steuern. Ein Schaltnetzteil funktioniert daher nicht ohne Last. Schnelle Lastwechsel verursachen Probleme, denn sie fordern sehr kurze Reaktionsfristen vom Regelkreis. Im Gegenzug bringen primärseitige Schwankungen den Regelkreis durcheinander, denn dieser kann erst dann reagieren, wenn die Schwankung auf der Sekundärseite sichtbar wird.
Eine Spannungsspitze kommt bis zum Endverbraucher im PC oder Server durch. Ein kurzer Aussetzer schafft das ebenfalls und zwingt zugleich den Regelkreis zur Korrektur, die ihrerseits wiederum in einer Spannungsspitze enden kann.
Häufig sind genau diese kleinen unbemerkten Netzstörungen Ursache von Defekten von Festplatten, Speicherbausteinen oder Prozessoren. Der Administrator kann diese Ausfälle jedoch nie eindeutig diesen Störungen zuordnen.
Die richtige USV filtert Störungen wirksam aus der Stromversorgung und hält Schwankungen von Schaltnetzteilen und damit von serverinternen Komponenten fern. Für den Einsatz in IT-Anlagen gibt es zwei Geräteklassen, VI und VFI.
In die Gruppe der Voltage-Independent-USVn fallen Line-Interactive- und Standby-USVn. Diese Geräte lassen im Normalbetrieb den Strom direkt durch und schalten bei einer Störung auf Batteriebetrieb um. Die simplen Offline-Geräte bieten dabei nur einen ungenügenden Schutz. Ihre passiven Filter fangen nicht alle Störungen ab und stehen Unterspannungen machtlos gegenüber. Eine Line-Interactive-Anlage hingegen kann bei Unterspannungen Strom von der Batterie hinzufügen. Beide Gerätetypen schützen den Verbraucher nicht vor Frequenzschwankungen.
Anders sieht das bei Voltage-and-Frequency-Independent-USVn aus. Bei diesen, besser unter dem Namen »Doppelwandler«- oder »Online«-USV bekannten Geräten läuft der Stom permanent über die Akkumulatoren und trennt damit die Sekundärseite vollständig vom Netz. Gute aktive und passive Filter entfernen nahezu alle Störungen, und auch Frequenzschwankungen schaffen es nicht durch die USV. Dank der permanenten Doppelwandlung gibt es keine Spitzen beim Umschalten von Netz auf Akku oder eine Reservequelle mit stark störungsbelastetem Strom wie aus einem Notstromaggregat.
Nachteilig wirkt sich bei VFI-Anlagen aus, dass die permanent aktiven Wandler zum einen selbst Strom verbrauchen und dabei Wärme produzieren. In jeder Online-USV stecken Lüfter zur Kühlung. Ausfälle der Wandler hätten einen sofortigen Ausfall der geschützten Geräte zur Folge, daher setzen größere Anlagen auf eine modulare Architektur mit mehreren, redundanten Doppelwandlern. Ebenso helfen mehrere getrennte Batteriegruppen vor Totalausfällen, falls einzelne Zellen den Geist aufgeben.
Modulare Geräte erlauben dem IT-Verwalter, die USV so exakt wie möglich an den Gerätepark anzupassen. Damit eine VFI-USV wirtschaftlich arbeitet, sollte sie stets im Lastbereich um 80 Prozent laufen. Ändern sich die Stromverhältnisse, kann der Administrator dann Wandlermodule zu- oder abschalten und die gewünschte Redundanz konfigurieren.
Den Ausfall koordinieren
In der Regel dimensionieren die IT-Verantwortlichen ihre USV-Kapazität so, dass sich ein Zeitraum von 10 bis 15 Minuten überbrücken lässt. Nur wenige Unternehmen setzen zusätzlich ein Notstromaggregat ein, das bei längeren Ausfällen Energie liefert. Sollte der Strom wider Erwarten länger als der kalkulierte Zeitrahmen ausfallen, müssen die IT-Komponenten kontrolliert herunterfahren. Hier liefern die einzelnen Hersteller sehr unterschiedliche, teils mangelhafte Softwarepakete. Leider gehört eine heterogene Netzwerk-Shutdown-Lösung bei kaum einem Hersteller zum Lieferumfang und muss separat erworben werden. In der Vergangenheit hat Network Computing eine ganze Reihe von Shutdown-Lösungen getestet, und keine konnte wirklich überzeugen.
Nicht alle USV-Hersteller offerieren Shutdown-Lösungen aus eigener Entwicklung, sondern verlassen sich auf Produkte von Fremdanbietern. Die Qualität dieser Lösungen steht oft in keinerlei Verhältnis zum Preis.
Bessere und vor allem günstige Lösungen kann der Administrator mit ein wenig Skriptwissen selbst schreiben und an seine Gegebenheiten anpassen. In den Real-World Labs fängt beispielsweise eine simple Linux-Maschine die serielle Kommunikation der USV ab und fährt dann alle Windows- und Linux-Server über RPC-Aufrufe »net rpc shutdown« sicher herunter. Dann informiert das Skript die USV über den vollzogenen Shutdown, so dass diese auf jeden Fall den Strom abschaltet, auch wenn dieser in der Zwischenzeit wieder fließen sollte. Nur so laufen die Server wieder an.
Um die Funktion der Shutdown-Lösung zu gewährleisten, müssten Unternehmen regelmäßig Tests durchführen. Diese Shutdown-Tests erfreuen sich noch weniger Beliebtheit als die ebenso nötigen Restore- und Disaster-Recovery-Tests der Backup-Lösung. Wer hier jedoch nicht aufpasst, sieht sich schnell vor einem Scherbenhaufen. Noch problematischer als der Shutdown stellt sich der koordinierte Neustart dar. Server booten schneller als Speichersysteme, und so können Server beim Systemstart mit Fehlern wie »Boot Device inaccessible« stehen bleiben, wenn das SAN zu langsam anläuft.
Administratoren sollten sich daher auf jeden Fall Gedanken über eine computergesteuerte Power-Distribution machen. Dabei helfen schaltbare Steckdosen, welche die USV selbst oder ein unabhängiges System im LAN steuert.
Fazit: Ohne ein geeignetes USV-Konzept dürfen IT-Verwalter ihre Geräte überhaupt nicht in Betreib nehmen. Für moderne Serverfarmen und aktive LAN-Komponenten eignen sich VFI-Systeme am besten, da ihre Filter wirksam vor nahezu allen Störungen schützen. Mit der Installation der USV-Anlagen geht die Arbeit für den Administrator noch lange nicht zu Ende, im Gegenteil. Die richtige Shutdown-Lösung stellt den Verwalter vor eine große Herausforderung. Dabei dürfen regelmäßige Praxistests nicht fehlen, auch wenn diese einen sehr hohen Arbeitsaufwand mit sich bringen.
ast@networkcomputing.de