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Transparentere IT-Kosten in Wiesbaden

Transparentere IT-Kosten in Wiesbaden IT-Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und privaten Unternehmen waren in den letzten Jahren nicht immer von Erfolg gekrönt. Dass es auch gut laufen kann, zeigt die Zusammenarbeit zwischen der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden und Siemens IT Solutions and Services.

Autor:Redaktion connect-professional • 27.6.2007 • ca. 4:10 Min

Wenn die wechselseitigen Verantwortlichkeiten geklärt sind, kann eine IT-Partnerschaft zwischen Öffentlicher Hand und privaten Dienstleistern viele Vorteile bringen.
Detlev Bendel, CIO der Landeshauptstadt Wiesbaden: »Das Angebot von Siemens zeigte Kosten und Leistungen sowie Syner­gieeffekte bei der Nutzung unserer ITK-Technik klar auf.«
Detlev Bendel, CIO der Landeshauptstadt Wiesbaden: »Das Angebot von Siemens zeigte Kosten und Leistungen sowie Syner­gieeffekte bei der Nutzung unserer ITK-Technik klar auf.«

Im Jahre 2004 entschied sich Wiesbaden, seine IT-Aufgaben künftig in einem Gemeinschaftsunternehmen mit einem privaten Dienstleister zusammenzufassen, wo-bei Siemens IT Solutions and Services (damals noch Siemens Business Services) als privater Partner den Zuschlag erhielt. Man gründete die Wivertis Gesellschaft für In­formations- und Kommunikationsdienstleistungen, an der die Stadt Wiesbaden 49,9 Prozent und Siemens 50,1 Prozent der Anteile halten. Insgesamt 63 Mitarbeiter der städtischen IT-Abteilung wechselten in die neue Gesellschaft. »Auslöser für die Priva­tisierungsbemühungen auf städtischer Seite waren Po­tenziale bei Dienstleistungen und Investitionen sowie der Wunsch, größere Klarheit in puncto Leistungen und Kosten zu haben«, sagt Ralf Oestereich, Ge­schäfts­führer von Wivertis.

Gemeinsame Aufgaben, getrennte Risiken Im Sinne von Kosten und Leistungs-Transparenz wurden gleich zu An­fang die vorhandene IT-Infrastruktur und die internen Abläufe unter die Lupe genommen. Die so erfass­ten Leistungsinhalte bündelte man in Services. Dann wurde untersucht, welches Partnerschaftsmodell be­züglich Kosten, Qualität und Arbeitsplatzsicherheit die größten Vorteile bot. Zur Diskussion standen neben einer eigenen GmbH die Zusammenarbeit mit einem Dritten oder die komplette Ausgliederung in einen oder mehrere Dritte. Die Entscheidung fiel zugunsten einer öffentlich-privaten Partnerschaft und das Projekt wurde öffentlich ausgeschrieben. Die Landeshauptstadt führte mit mehreren Bietern gleichzeitig Verhandlungen. »Wir entschieden uns für das An­gebot von Siemens, weil es Kosten und Leistungen sowie Synergieeffekte bei der Nutzung unserer ITK-Technik klar aufzeigte«, erläutert Detlev Bendel, CIO der Landeshauptstadt Wiesbaden. An­dreas Ziegenhain, Deutsch­land-Chef des IT-Dienstleisters, er­gänzt: »Das vereinbarte Partnerschaftsmodell steht dafür, dass der private Partner die Qualität der IT-Service-Leistungen steigert und wirtschaftliche Risiken übernimmt«. So be­steht für Wiesbaden mit Aus­nahme der Stammein­lage kein weiteres finanzielles Risiko. Die Stadt behält trotzdem die Kontrolle über die strategische IT-Entwicklung und sorgt für die Koordination und die Verwaltung der IT-Services. Die Aufteilung der Investitionen, Risiken und Verantwortlichkeiten zwischen den be­teiligten Parteien ist ein zentrales Merkmal von Partnerschaftsprojekten zwischen Öf­fent­lichen und Pri­vaten. Der private Partner kann als Auftragnehmer die unternehmerischen Projektrisiken wie etwa das Investitionsrisiko teilweise oder vollständig übernehmen, während die Öffentliche Hand diese bei einer Kauflösung alleine tragen müsste. Wivertis betreut seit Anfang 2005 die komplette IT der hessischen Landeshauptstadt, also Endgeräte, Hotline, Server, Netzwerke und Telekommunikation. Darüber hinaus fungiert das Unternehmen bundesweit als Kompetenz-Zentrum für deutsche Kommunen. Damit haben interessierte Städte die Möglichkeit, sich über eine Kooperation mit dem IT-Dienstleister zu informieren, wenn sie ihre Kosten senken und den Service für ihre Bürger verbessern möchten.

Deutlich bessere Planungssicherheit Am Anfang der Zusammenarbeit stand eine Findungsphase, in der das Führungsmodell entwickelt wurde. Darin sind beispielsweise die Richtlinien für die Kommunikation unter den Partnern geregelt. Nachdem diese Voraussetzungen ge­schaffen wa­ren, stand bereits An­fang 2005 ein wichtiger Punkt auf der Wivertis-Agenda: Die Einführung einer neuen Telefoninfrastruktur. Das bestehende System war zu diesem Zeitpunkt bereits 15 Jahre alt und den aktuellen Anforderungen nicht mehr ge­wachsen. Heute arbeitet die Landeshauptstadt mit einem hoch mo­dernen Telefonverbund, der mehrere tausend Einzelanschlüsse um­fasst. Die neue Anlage garantiert zum einen hohe Ausfallsicherheit und ist zum anderen die Basis für die ständige Erreichbarkeit der städtischen Mitarbeiter. Bereits 80 Prozent der Anschlüsse sind umgestellt, bis 2008 sollen auch die restlichen Teilnehmer auf dem neuesten Stand der Technik sein. Die Betreuung, Wartung und der Support der insgesamt zirka 5200 Endgeräte wie PCs, Notebooks und Drucker fallen ebenfalls in den Aufgabenbereich von Wivertis. Darüber hinaus ist das Gemeinschaftsunternehmen verantwortlich für die Netzanbindung der über 200 Verwaltungsstandorte, Bürgerbüros und Ne­benstellen. Wivertis betreibt zu diesem Zweck entsprechende nahe und ferne Netze mit insgesamt 5600 Ports. »Das Gemeinschaftsunternehmen führte zu einer bisher noch nie da gewesenen Planungssicherheit«, be­richtet Helmut Müller, Bürgermeister und Kämmerer der Landeshauptstadt Wiesbaden. Diese Transparenz ermöglicht Kosteneinsparungen, nicht zuletzt auch durch Konsolidierung. So wa­ren in Wiesbaden in der Stadt­verwaltung über 100 verschiedene Druckertypen im Einsatz. Im Rahmen der Partnerschaft wurde die Druckervielfalt bisher um 25 Prozent reduziert, bei den restlichen Endgeräten er­reich­te man bis zu 15 Prozent.

Masterplan für E-Government »Die sichere technische Betriebs­plattform und die organisatorische Verantwortlichkeit von Wivertis setzen Maßstäbe bei der Umsetzung der E-Government-Aktivitäten«, meint der Wivertis-Geschäftsführer. Orientierung und Handlungsempfehlungen für sämtliche Maßnahmen liefert der E-Government-Masterplan für die Landeshauptstadt. Dabei wurden elf Innovationsthemen festgelegt. Diese reichen von Formularmanagement über Intranetportal und Ausbau der SAP-Landschaft bis hin zu E-Payment. In der ersten Phase geht Wivertis ab 2007 drei Innovationsthemen an: das Do­kumentenmanagementsystem mit Workflow und Archivierung, das Mitarbeiterportal für gesteigerte Effizienz und Komfort für die Be­schäftigten sowie das Geoinformationssystem. Mit der Modernisierung der Geoinformationsinfrastruktur ist es beispielsweise möglich, Kartenmaterial endkundengerecht aufzubereiten und anzubieten.

Konzepte für Datensicherheit In kaum einem Bereich haben die Datenschützer ein solch wachsames Auge wie im öffentlichen Sektor, geht es doch um hoch sensible Bürgerdaten. Um diesen Anforderungen Rechnung zu tragen, enthält der Vertrag zwischen Wiesbaden und Wivertis einen besonderen Anhang, der das Thema Datensicherheit und Datenschutz behandelt. Die im Konzept festgelegten Maßnahmen gelten für den Regelbetrieb ebenso wie für die anstehenden Innovationsthemen wie E-Government und mobile Dienste. Dies bildet auch die Basis für eine Sicherheitsinfrastruktur mit elektronischer Signatur und einer virtuellen Poststelle.

Messbarer Nutzen Oestereich ist überzeugt: »Mit Wi­vertis und seinem messbaren Nutzen haben wir in der aktuellen Dis­kussion um IT-Kooperationen zwischen Be­hörden und privaten Firmen einen großen Sprung nach vorne geschafft. Das bestätigen die Reaktionen von Kollegen, Mitarbeitern, den Bürgern sowie von anderen öffentlichen Einrichtungen. Helfen werden uns auch die neuen Initiativen von Seiten der Gesetzgebung, die definitiv mehr Spielraum und Flexibilität für solche alternative Kooperations- und Finanzierungsmodelle schaffen werden.«

Andrea Stercken ist freie Journalistin in Penzberg bei ­München