Umschalten mit der richtigen Technik
Buyer’s Guide: KVM-Switches – Technischer Fortschritt macht auch vor eigentlich simplen Geräten nicht Halt. Doch bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass Schalter älterer Generationen obsolet sind. Es kommt darauf an, welchen Zweck das Teil erfüllen soll.


Obwohl es dem oberflächlichen Betrachter so erscheinen mag, ist die Auswahl eines KVM-Switches für den professionellen Einsatz keine triviale Aufgabe. Auf diesem Markt tummeln sich nicht nur viele Hersteller, was allein schon eine sorgfältige Wahl erfordert. Die angebotenen Produkte unterscheiden sich auch unter technischen Gesichtspunkten mitunter deutlich voneinander. Tatsächlich finden sich in den Regalen der Händler neben rein mechanisch arbeitenden Geräten zahlreiche Varianten: elektronische Umschalter, die analoge oder digitale Technik nutzen, solche, die proprietäre oder UTP-Cat5-Kabel verwenden, andere, die Glasfaserkabel unterstützen, und Geräte, die KVM-over-IP ermöglichen.
Letzteres gilt als State-of-the-Art, ist je nach Produkt cross-platform-tauglich, zu verwalten, kaskadierbar und in nahezu kaum mehr überschaubare Höhen auszubauen. Nun könnte es sich der für die Auswahl einer KVM-Lösung verantwortliche Mitarbeiter einfach machen und schlicht ein Produkt wählen, das dem jüngsten Stand der Technik entspricht. Damit erkauft er sich aber häufig für viel Geld eine Menge überflüssiger Funktionen und Performance.
Ein besserer Weg ist, genau zu analysieren, welchen Zweck der KVM-Switch eigentlich erfüllen soll und welche Personengruppe ihn nutzen wird. Wer so vorgeht, kommt häufig zu dem Schluss, dass es gar nicht KVM-over-IP sein muss, weil vielleicht schon ein simpler analoger Umschalter für acht Server im Rack sämtliche Anforderungen erfüllt.
Grundsätzlich sind drei verschiedene Zugriffsarten auf die Server im Rechenzentrum zu unterscheiden: direkt am Rack, solcher auf dem Unternehmensgelände und der aus der Ferne. Für jede dieser Varianten lässt sich eine andere Technik einsetzen -- und je simpler sie ist, desto geringer der Preis.
Zugriff am Rack
Einige IT-Profis müssen direkt am Rack beziehungsweise im Serverraum operieren. Diese Mitarbeiter benötigen physischen Kontakt mit den Maschinen, weil sie beispielsweise Netzwerkadapter oder Festplatten tauschen, CD-ROMs wechseln oder neue Server einrichten. Für diese Personengruppe reicht normalerweise ein einfacher, unmittelbar an den Servern angeschlossener analoger Umschalter. Die KVM-Kabel der Server sind direkt mit dem Umschalter verbunden, ebenso eine Tastatur, ein Bildschirm und eine Maus. Für den Fall, dass mehrere Benutzer gleichzeitig Zugriff erhalten müssen, gibt es KVM-Switches mit Anschlüssen für mehrfache Kombinationen.
Diese lokalen KVM-Switches werden mit proprietären, Koaxial- oder UTP-Kabeln angeschlossen. UTP-Cat5-Kabel offerieren innerhalb einer Zone bis zu rund 300 m eine größere Bandbreite. Um eine höhere Anzahl von Servern zu unterstützen, erlauben einige dieser Switches eine Kaskadierung oder Verkettung. Natürlich gib es auch andere Lösungen. Besonders digitale lassen sich bis auf Tausende von Servern erweitern, indem dem Netzwerk lediglich zusätzliche Umschalter hinzugefügt werden. Aber für zwei Hand voll Server ist diese Technik sicher nicht erforderlich.
Zugriff auf dem Unternehmensgelände
Andere IT-Mitarbeiter, beispielsweise Supportpersonal und Netzwerktechniker, haben ihre Arbeitsplätze irgendwo im Firmengebäude, auf dem Unternehmensgelände oder einem Campus. Auch diese Personengruppe muss Server bedienen können, aber sie benötigt keinen unmittelbar physischen Zugriff auf das Rack.
Für sie reichen die einfachsten analogen KVM-Switches nicht aus. Die Signale sind über größere Entfernungen hinweg zu übertragen, und dies leisten normale Koaxial-KVM- oder proprietäre KVM-Kabel nur selten. Mitarbeiter, die sich außerhalb des Serverraums, in einem anderen Raum oder in einem anderen Stockwerk befinden, benötigen eine Lösung, mit deren Hilfe sie Server so bedienen können, als ob sie direkt davor säßen. UTP-Cat5-Kabel sind geeignet, wenn sich das Unternehmensgelände auf einen Umkreis von nicht mehr als etwa 300 Meter ausdehnt. Größere Entfernungen lassen sich mit Cat5-Kabeln überbrücken, wenn spezielle Verstärker zum Einsatz kommen. Für Distanzen bis zu etwa 10 Kilometern sind Glasfaserkabel gut brauchbar. KVM-over-IP ist eine ebenfalls eine mögliche Lösung dafür.
Fernzugriff
Eine weitere Gruppe ist in geographisch verteilten Unternehmen zu finden. Der Leiter des Betriebszentrums beispielsweise benötigt ihn.
Solche Mitarbeiter brauchen eine KVM-Lösung, die über ein Netzwerk läuft. Das bedeutet ein WAN, ein VPN oder das Internet. Hier ist der Platz für KVM-over-IP. Die weit entfernten IT-Kollegen erhalten damit sehr komfortable Zugriffsmöglichkeiten. Aber mit KVM-over-IP sind je nach Hersteller auch Kompromisse bei der Bandbreitenausnutzung und der Reaktionsschnelligkeit unvermeidlich. Deshalb macht es sich bezahlt, hier tatsächlich nach Produkten zu suchen, die technisch auf dem aktuellen Stand sind. Sie müssen einen Grad an Bandbreiten-Management, Kompresion und Verschlüsselung aufweisen, der aktuelle und künftige Leistungs- und Sicherheitsanforderungen erfüllt.
Spezielle Probleme mit Zweigstellen
Eine besondere Form der Remote-Control ist die auf Geräte in Filialen. IT-Mitarbeiter benötigen ja nicht nur Zugriff auf die Server im Rechenzentrum, sondern sie sind häufig auch für die Verwaltung der Server und Netzwerkgeräte in Niederlassungen verantwortlich. Und die Geräteausstattung dort ist oft bunt gemischt. Nicht selten handelt es sich um eine Sammlung von Windows-, Linux und/oder Solaris-Servern, -Routern, -Switches, -Firewall-Appliances, Sicherheitssystemen und anderen Netzwerkanwendungen.
Die gewöhnlichen Mitarbeiter in den Zweigstellen sind üblicherweise keine IT-Experten und deshalb selten in der Lage, IT-Probleme zu lösen oder die Infrastruktur zu verwalten. IT-Personal nutzt deshalb häufig Remote-Access- oder Remote-Control-Software, um Probleme dieser Art in den Griff zu bekommen. Softwarelösungen greifen jedoch nur, wenn das Netzwerk selbst oder das Betriebssystem des zu verwaltenden Rechners funktionstüchtig ist. Fällt das Netzwerk aus oder stürzt das Betriebssystem ab, können Mitarbeiter der Filiale nur selten helfen. Um Router und Server wieder in Betrieb zu nehmen, müssen dann IT-Profis zur Zweigstelle reisen, was natürlich zusätzliche Kosten verursacht.
Die bestmögliche Lösung für derartige Situationen ist ein Gerät, das sowohl KVM- also auch serielle Konsolen-Ports enthält. Die Port-Dichte muss hoch genug sein, um das Gerät für die Verwaltung von Zweigstellen-Equipment tauglich zu machen. Eine solche Niederlassungsd-Verwaltungslösung sollte unbedingt mit einem Modem ausgestattet sein. Damit ist gewährleistet, dass sich auch ein ausgefallener Router wieder funktionstüchtig machen lässt. Der IT-Mitarbeiter wählt sich einfach über das Modem ein und greift über den seriellen Konsolen-Port des Routers zu.
Fazit
Nicht immer lohnt es sich oder ist es notwendig, in KVM-Switches zu investieren, die den aktuellen Stand der Technik repräsentieren. KVM-over-IP beispielsweise mag ja »trendy« sein, ist oftmals aber überflüssig oder gar zu kompliziert, wenn nur schnell zwischen vier Servern direkt im Serverraum hin- und hergeschaltet werden soll. Es kommt darauf an, für eine gegebene Situation die geeignete Lösung zu wählen. KVM-Produkte, die Koaxial-, Glasfaser- oder Cat5-Verkablung nutzen, sind prima, was die Sicherheit und Bandbreite betrifft. Geht es aber darum, größere Entfernungen zu überbrücken, stoßen sie an ihre Grenzen. KVM-over-IP kennt keine Entfernungseinschränkungen. Allerdings wird dieser Vorteil mit Verzögerungen der Übertragung der Tastatur-, Maus- und Videosignale erkauft. Verfügbar sind auch Hybrid-Lösungen, die analoge und digitale KVM-Technik kombinieren.
Die ideale Lösung ist ein integriertes, Plattform-unabhängiges Produkt, das jeder autorisierte Anwender der drei Benutzergruppen problemlos von jedem Standort aus bedienen kann. Zu bedenken ist, dass es mit dem Zugriff auf die Server allein nur selten getan ist, denn einige Geräte, beispielsweise Router, erfordern seriellen Zugriff. Die KVM-Werkzeuge sollten einfach zu erweitern sein, mehrere Benutzer gleichzeitig unterstützen, flexible Zugriffsoptionen bieten und natürlich mit möglicherweise bereits vorhandener KVM-Ausstattung kompatibel sein.
dj@networkcomputing.de