Unbekannt verzogen: Handy-Basteln in der Mongolei
Man übersieht in diesen Tagen der Empörung über die geplante Nokia-Werksschließung in Bochum ein wenig, dass sich andernorts viele Leute über den Umzug der finnischen Handy- Fertigung in den Osten freuen.
Natürlich in der rumänischen Kleinstadt Jucu, wo dank Nokias Engagement künftig 3.500 neue Arbeitsplätze entstehen sollen.
Als Gruß-August der Aufschwungsfreude vor Ort tappst dann Bürgermeister Ioan Pojar durch Medienberichte und heizt die Stimmung hierzulande mit aberwitzigen Rechenbeispielen an. Für die Wehklagen der Deutschen gibt es von seiner Seite nur wenig Mitleid, schließlich ist zu erwarten dass etwa 15.000 der gut 300.000 Transsylvanier in der Region dank der Beschäftigung für das »Nokia Village« oder für einen der Zulieferer zu wohlhabenden Bürgern werden. Dabei muss man diese Zahl weit höher ansetzen, schließlich profitieren vom neuen Wohlstand der Siebenbürgener auch die Straßenhändler und Strauchdiebe. Immerhin 300 Euro pro Nokia-Bediensteter beträgt fortan das mögliche Erwerbsziel für diese Branchen.
Dafür rollt man in Siebenbürgen dann gerne den roten Teppich aus: Die Eisenbahnverbindung Jucu – Bukarest wird vorörtlichen Analysen zufolge an Attraktivität für die Bahnnutzer verlieren, sie wird durch die Strecke Jucu – Nokia Village ersetzt. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt bis Boom-Town Jucu zur Hauptstadt des inzwischen zum Wolkenkuckucksheim gewandelten Rumäniens wird. Sponsored by Nokia. Und Präsident ist dann natürlich Jucus Gruß-August Pojar.
Das war’s dann aber auch schon wieder mit dem Aufschwung. Die Europäische Union hat nämlich mittlerweile die Ost- Expansion weiter vorangetrieben und in den neu aufgenommenen EU-Staaten Tadschikistan und Mongolei werden neuesten Gerüchten zufolge bereits mit EUSubventionen riesige Industrieparks aus der Steppe gestampft. Ulan Bator wird zum Handy- Bastler-Paradies und folgerichtig zum neuen Rom des Nokia- Imperiums. Und in Jucu sagen sich wieder Dracula und Fledermaus gute Nacht.
