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USB führt Ferngespräche

Digi Anywhere USB/5 – Besonders virtuellen PCs und Servern mangelt es an USB-Schnittstellen. Da schafft eine Appliance Abhilfe, welche Ports im LAN bereitstellt.

Autor:Andreas Stolzenberger • 10.9.2007 • ca. 2:40 Min

Virtualisierung ist praktisch. Dutzende Server oder Clients laufen parallel auf einem einzelnen System. Das geht allerdings nur so lange gut, bis ein oder mehrere VMs plötzlich Forderungen an besondere Hardware stellen. Hier ist die Auswahl der VMs leider arg begrenzt. Das gilt besonders für USB-Ports. Manche Applikationen brauchen jedoch Zugriff auf eine solche Schnittstelle. Das kann ein Dongle oder ein Crypro-Chip ebenso wie eine Überwachungskamera oder eine Schaltanlage sein.

Eine kleine Appliance von Digi kann hier Abhilfe schaffen. Mit dem Anywhere USB/5 erhält der Verwalter fünf USB-Schnittstellen mit LAN-Anbindung. Dieses Gerät lässt sich irgendwo weit weg vom eigentlichen Server platzieren und bedienen. Damit kann der Administrator direkt neben seinem Bildschirm die Ports aufstellen, auf die eine Maschine in einem anderen Zimmer, einem anderen Gebäude oder gar auf einem anderen Kontinent zugreift.

Auf der Rückseite des Apparats finden sich die fünf USB- sowie die 100-MBit/s-Ethernet-Schnittstellen. Die Powered-Ports arbeiten nach dem USB-1.1-Standard und unterstützen nur 12 MBit/s Transferrate. USB-2.0-Geräte funktionieren zwar, jedoch nur im langsamen USB-1-Transfermodus. Die IP-Anbindung bringt Einschränkungen mit sich. Interruptgesteuerte USB-Geräte wie Speichersticks, Crypro-Chips, Festplatten, LAN- und WLAN-Adapter arbeiten problemlos. Synchrone Geräte wie USB-Audio- oder -TV-Karten funktionieren indes nicht oder nur mit Einschränkungen. Die LAN-Anbindung erlaubt keinen Streaming-Transport in Echtzeit. Bei Multimedia-Geräten kommt es letzten Endes auf einen Versuch an. Dafür lässt sich die Zahl der via LAN ansprechbaren Ports über reguläre USB-Hubs erweitern.

Im Labor der Real-World Labs Poing testet Network Computing das Anywhere-USB/5 in Verbindung mit Vmware-Maschinen. Als Host diente ein Lenovo-IBM-Thinkpad T43p mit Ubuntu-Linux 6.10 und der Vmware-Workstation 5.5.3.

Die USB-Appliance an sich holt sich, einmal am Netz angebunden, zunächst eine IP-Adresse per DHCP. Die USB-Geräte bleiben noch inaktiv und ohne Strom. Die Windows-Software von Digi richtet diverse Treiber, ein Konfigurationstool und einen Device-Viewer ein. Dabei nerven Dutzende Windows-Dialoge, die Anwender von Treiberinstallationen ja zur Genüge kennen. Die Setup-Anwendung spürt alle Anywhere-USB-Geräte im Netz auf. Der Verwalter entscheidet, welche Appliances er an den jeweiligen Rechner bindet. Der Treiber greift anschließend auf die Ports zu, als wären es lokale USB-Ports.

Im Test klappt das alles ohne Probleme und Zwischenfälle. USB-Sticks arbeiten ebenso fehlerfrei wie LAN-Festplatten oder Wireless LAN-Adapter. Allerdings vermisst die Test-Crew einige wichtige Funktionen. Es gibt keinerlei Sicherheitsfeatures, die den Zugriff auf die Appliance schützen. So lange das Gerät nicht von einem Client benutzt und damit gesperrt wird, könnte jeder andere PC die Kontrolle übernehmen. Zumindest eine Passwort-Authentifikation wäre hier wünschenswert. Die Möglichkeit, die Kommunikation zwischen USB-Gerät und Host per SSL zu verschlüsseln, fehlt leider ebenfalls.

Die Treibersoftware erlaubt es jedem physischen oder virtuellen PC, bis zu acht USB-LAN-Boxen anzusprechen. Allerdings dürfen sich mehrere PCs nicht einen Anywhere-USB teilen. Das ist schade, denn eigentlich würde eine Digi-Box für fünf VMs genügen, und die Ports pro VM ließen sich über handelsübliche USB-1.1-Hubs erweitern. Rein theoretisch könnten zumindest zwei PCs mit einer Appliance arbeiten, da Digi die fünf Ports auf zwei separate Controller mit zwei und drei Interfaces verteilt. Noch sperrt die Software jedoch die komplette Appliance beim Zugriff einer Maschine.

Schade ist auch, dass aktuell nur Windows-Nutzer auf die LAN-USB-Ports zugreifen können. Auch Linux-Anwender könnten die Funktion brauchen.

Fazit: Mit dem Anywhere-USB/5 können LAN-Maschinen wie entfernte Server oder virtuelle PCs mit Windows komfortabel Zugriff auf asynchrone USB-1.1-Schnittstellen erhalten. Allerdings fehlt der aktuellen Software ein Schutzmechanismus, der den Zugriff auf die Appliance regelt. Jedes LAN-USB-Gerät lässt sich zudem nur mit allen Ports einer Maschine zuweisen. Laut Digi läßt sich die Firmware des Geräte via LAN updaten. Neue Funktionen könnte der Hersteller somit in das Gerät implementieren, falls Bedarf besteht.

ast@networkcpmputing.de