Zum Inhalt springen
Kopfnuss

Verspielt: Darf Opa hier noch drücken?

Im Allgemeinen wird gerne das Alterssegment von 14 bis 49 Jahren als werberelevante Zielgruppe bezeichnet. Aufgrund der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft werden seit geraumer Zeit jedoch auch Senioren zu einer von IT-Anbietern zunehmend heftig umworbenen Zielgruppe.

Autor:Redaktion connect-professional • 28.2.2007 • ca. 1:25 Min

Bisher scheiterten Annäherungsversuche der Industrie allerdings am mangelnden Einfühlungsvermögen der Unternehmensstrategen in die Welt der grauen Panther. Der sächsische Fertiger Lintec beispielsweise, der eine komplette PC-Serie für Senioren auf den Markt brachte. Und viel zu lange an den Nischenprodukten festhielt, weil er das verdatterte Kopf-Gewackel der Parkinson-geplagten Kundschaft für Zustimmung hielt.

Nein, tatsächlich finden sich unter den in Würde ergrauten Damen und Herren keine Abnehmer für Produkte, die sich zu plump anbiedern. Produkte wie das Senioren-PC-Modell »Trude« etwa, das außer einem gut gekennzeichneten Ein/Aus-Schalter noch einen Schnellverbindungsbutton zur Beratungs-Hotline des Herstellers bietet, wo dann die vereinsamenden Querulanten mit ihrem Genörgel die Service- Hotlines verstopfen. Solche Produkte sind nicht gefragt. Der Grund liegt auf der Hand: Die greise Kundschaft möchte beim Einkauf eben nicht mit dem Finger darauf gestoßen werden, dass sie sich tendenziell mit einer Gehirnhälfte bereits in geistiger Umnachtung und mit einem Bein im kühlen Grab befindet. Im Gegenteil: Senioren, die sich die Mühe machen, sich mit Informationstechnologie auseinanderzusetzen, wollen für ihre tapfere Hinwendung an Herausforderungen der Gegenwart gelobt werden. Etwa so wie die rüstige Dame im BR Alpha-Fernsehkurs »IT Kompakt«: »Guuut!«, raunt da die Moderatorin, wenn die als Beispiellehrling missbrauchte Greisin die Enter-Taste gefunden hat.

Ein immenser Fortschritt gelang nun Nintendo: Dessen Wii- Spielekonsole entwickelt sich zum Renner in Senioren-Heimen. Obwohl sich der Spiele-Hersteller bei der Produktkonzeption nicht sonderlich bemühte, Zugangsängste der Kundschaft zu berücksichtigen oder spezielle Spielprogramme für Gehandicapte, wie etwa »Tennis für Einbeinige«, einzuführen. Dieses Erfolgsbeispiel hinterlässt jedoch auch ein mulmiges Gefühl. Wollen wir wirklich, dass Scharen von Rentnern an Computerplätzen und im Internet dilettieren? Zumindest dort, wo es um verantwortungsvoll zu behandelnde Funktionen geht, stellt sich außerdem eine ethische Frage: Kann ein Best- Ager überhaupt noch selbst entscheiden, welche Knöpfe er drücken darf? Besser frühzeitig mit einem passenden Betreuungskonzept für die User auf den zunehmenden Erfolg der IT-Artikel im Kundensegment der ab 60- Jährigen reagieren.