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Weit weg, und doch wissen, was läuft

Mobile-Messaging – Die drahtlose Versorgung von Mitarbeitern mit Informationen, insbesondere über E-Mail, erfordert meist eine spezielle Infrastruktur. Auch das mobile Gerät muss dazu passen. Zuletzt gibt es noch die Frage des richtigen Umgangs mit den neuen Möglichkeiten.

Autor:Werner Veith • 26.9.2007 • ca. 5:45 Min

Anwender wollen drahtlos E-Mails empfangen. Die IT-Abteilung muss nun entscheiden, welche Nutzer diese Wireless-Kommunikation wirklich benötigen. Außerdem geht es darum, diesen Service möglichst gut zu schützen und zu verwalten. Und es gibt da noch die Frage nach der Architektur der Lösung und den entsprechenden Geräten für die Anwender. Denn Wireless-E-Mail kann durchaus die Produktivität erhöhen, falls die passend ausgewählten Mitarbeiter es richtig einsetzen.

Eine Umfrage der Network Computing in den USA zeigte, dass es noch grundsätzliche Fragen zum Einsatz von Wireless-E-Mail gibt. Dabei geht es weniger um technische Belange sondern um den richtigen Umgang. Ein Test dieser Ausgabe (siehe folgende Seiten) zeigte, dass es durchaus ausgezeichnete Produkte gibt, um einen Dienst für Wireless-E-Mail mit geringem Aufwand zu betreiben. Der Einsatz kann jedoch bei den Mitarbeitern mehr Verwirrung als Nutzen stiften. Außerdem entwickelt sich die Technologie für die drahtlose Post rasant weiter. Und es gibt sehr viele unterschiedliche Auslieferungsmodelle.

Aktualität versus Kontinuität
Das Nutzungsmodell für Wireless-E-Mail kann sehr unterschiedlich sein. Es hängt aber in jedem Fall von der Dringlichkeit der enthaltenen Information ab. Der eine Anwender muss diese innerhalb der nächsten halben Stunde lesen, für einen anderen reicht der folgende Tag.

Eine unkluge Nutzung der drahtlosen Kommunikation kann dazu führen, dass die Arbeit durch Unterbrechungen von E-Mails geprägt ist. Es fällt dann schwer, Aufgaben zu Ende zu bringen. Es ist der gleiche Effekt, als läutete ständig das Telefon.

Ist die Entscheidung für die drahtlose Post gefallen, geht es um das passende Gerät. Soll ein Notebook zum Einsatz kommen, oder ein kleineres Gerät wie ein PDA mit Mobilfunk beziehungsweise ein Smartphone? Typische Vertreter sind »BlackBerry«, »Pocket PC« oder »Treo«. Ist das Verhältnis von gesendeter und empfangener Mail etwa eins zu eins, empfiehlt sich ein Laptop. In der Regel sind es jedoch 80 bis 90 Prozent beim Empfang und 10 bis 20 Prozent beim Versenden: ein PDA-Nutzungsmodell. Dies ergibt sich auch umgekehrt durch die begrenzten Eingabemöglichkeiten eines Handhelds – auch wenn das Gerät über eine Minitastatur verfügt.

Hauptmerkmal des PDA-Modells ist es, dass die Mails im »Push«-Verfahren auf den Client kommen. Dabei übernimmt gewöhnlicherweise ein Gateway die Aufgabe, meistens vom Client angestoßen. Bei einer Variante des Modells greift das Gerät ohne ein Gateway direkt auf den Mail-Server zu. Diese Installation ist zwar einfacher, es geht aber die Push-Funktion verloren. Der Mail-Client fragt dann regelmäßig den Server ab (Polling). Das kostet Batteriezeit, und die Firewall muss eingehende mobile Verbindungen erlauben.

Schließlich gibt es als Nutzungsmodell noch den Zugang über ein Mobiltelefon. Mit der kleinen Ziffern-Buchstaben-Tastatur ist das Schreiben von E-Mails jedoch kein Vergnügen. Dies geschieht entweder über einen Microbrowser, oder das Handy bringt einen Mail-Client mit – meist mit Schwerpunkt auf POP3 oder Imap mit begrenzten Möglichkeiten. Mit der Zunahme von Java auf Mobiltelefonen ist zu erwarten, dass es auch mehr Mail-Clients in Java mit mehr Funktionen und Protokollen geben wird. Schließlich kann die Benachrichtigung über neue Mails noch per SMS erfolgen. Dabei sieht der Anwender aber nicht mehr als das Thema und den Absender.

Unterschiedliche Lösungen
Derzeit liegt RIM im Bereich Wireless-E-Mail-Services für Smartphones weit vorne. Allerdings gibt es eine Reihe von Verfolgern wie Critical Path, Extended Systems, Good Technology, Infowave, Intellisync, JP Mobile, Notify Technology, Seven Networks oder Visto. Viele von ihnen haben jetzt Fähigkeiten, die mit RIM konkurrieren können.

Die Herausforderung bei der Plattformauswahl liegt darin, die deutlichen Unterschiede in den Funktionalitäten und der Architektur der Lösungen zu berücksichtigen. Die besten Wireless-E-Mail-Lösungen verwenden ein Gateway. Dieses kommt typischerweise von einem anderen Hersteller als dem des Mail-Servers wie Exchange oder Notes. Mittels »ActiveSync« von Microsoft können Unternehmen allerdings auch über drahtlose Verbindungen Mails und andere Daten mit Exchange 2003 synchronisieren. Über SMS realisiert die Lösung sogar einen Push-Mechanismus. Client-Unterstützung kommt von Microsoft für »Windows Mobile«. Für Notes steht die »WebSphere Everyplace Access for Lotus Domino« bereit.

Für ein Wireless-E-Mail-Gateway gibt es zwei Hauptkonfigurationen. Einmal betreibt die IT-Abteilung das Gateway hinter der Firewall. Beim Utility-Modell dagegen stellt ein Service-Provider – meist für Mobilfunk – ein Gateway für verschiedene Unternehmen bereit. In beiden Fällen kommt die Client-Software vom Gateway-Hersteller. Mehr Funktionalität bietet ein Gateway hinter der Firewall.

Typischerweise kommen die Gateways mit einer ganzen Reihe von Funktionen. Das Gateway schiebt sowohl neue E-Mails als auch Termine und sogar andere Unternehmensdaten auf den Client und synchronisiert Kontaktdatenbanken. Löscht ein Anwender eine E-Mail oder trägt einen Termin ein, zieht das System mit Änderung auf dem Mail-Server nach. Die Gateways kommunizieren mit einer Reihe von Mail-Systemen wie Exchange, »GroupWise«, Notes oder Internet-POP3/Imap-Server. Die Übertragung zwischen Client und Gateway erfolgt über verschlüsselte Tunnel.

Aber es gibt ein paar Funktionen, die nur Gateways im Unternehmen erlauben. Einige Lösungen laden die Client-Software über drahtlose Verbindungen und nehmen darüber auch Aktualisierungen vor. Mit bestimmten Gateways löscht die IT-Abteilung die Daten auf dem Client remote, löst einen Passwort-Reset aus oder verhindert eine weitere drahtlose Nutzung. Außerdem gibt es den noch nicht ganz ausgereiften Zugriff auf Backend-Systeme.

Der Blick ins Innere
Bei den Wireless-E-Mail-Lösungen spricht das Gateway als Proxy mit dem mobilen Client. An dessen Stelle unterhält es sich dann mit dem E-Mail-Server und anderen. Bei neuen Informationen leitet das Gateway die Daten in einer vom Hersteller abhängigen Weise weiter. Einige wie Good Technology, RIM, Smartner und Visto betreiben NOCs (Network-Operations-Center). Hier sendet das Gateway die Informationen zuerst zum NOC. Dieses leitet die Daten zum Mobilfunkbetreiber, der sie durch die Luft zum Gerät schickt. Bei Lösungen durch andere Hersteller arbeitet das Gateway direkt mit dem Mobilfunkbetreiber zusammen.

Für die Kommunikation zwischen Gateway im Unternehmen und NOC beziehungsweise Mobilfunkbetreiber muss nur eine Verbindung zu einem fest definierten Ort anstatt zu vielen Geräten freigegeben werden. Zwar ist es einfacher, wenn der Betreiber das Gateway installiert hat. Möglicherweise muss dieser aber Zugang (inbound) zu den Mail-Servern im Unternehmen bekommen.

Eine Push-Lösung zu realisieren, erscheint einfach, da jedes Gerät eine IP-Adresse hat und es nur IP-Pakete bekommen muss. Wenn aber ein Operator nach einer gewissen Zeit die Datenverbindung aufhebt, um die Ressourcen freizugeben, hat das Gerät keine gültige IP-Adresse mehr. Initiiert es eine neue Verbindung, gibt es auch eine neue IP-Adresse. Aber das Gerät soll wiederum, um Batteriezeit zu sparen, möglichst wenig aktiv sein.

Um dies zu lösen, verfolgen Hersteller zwei Ansätze. Einmal erhält das Gerät eine SMS bei neuer Mail. Der Versand erfolgt über einen Kontrollkanal des Operators. Das Gerät initiiert daraufhin, falls nicht vorhanden, eine IP-Verbindung. Dieses Vorgehen ist nicht so beliebt, da vor allem die SMS-Kanal-Kapazität begrenzt ist. Beim alternativen Ansatz erhält der Client eine aktive Rolle bei der Überwachung des Status seiner IP-Session. Läuft diese aus, erneuert das Gerät die Session. Ändert sich die IP-Adresse, identifiziert sich der Client gegenüber dem Gateway neu und teilt ihm die IP-Adresse mit. Dies erhöht den Netzwerkverkehr, führt aber zu einem effizienteren Push-Mechanismus. Dieses Verfahren verwenden derzeit etwa RIM oder Good Technology, andere wollen folgen.

Die Welt neben E-Mails
Hersteller wollen nun die Anzahl der unterstützten Applikationen erhöhen. Es existiert ja bereits ein sicherer, administrierter Echtzeittunnel. Zahlreiche Dritthersteller, eingeschlossen SAP und Salesforce.com, entwickeln entsprechende Verbindungen. Einige Lösungen besitzen gut dokumentierte Schnittstellen. Aber es gibt keine Standards oder Einigkeit unter den Herstellern, wie man auf Unternehmensdaten zugreifen soll – außer bei E-Mails. Die Anwender sollten daher keine Out-of-the-Box-Lösungen erwarten.

Jede Wireless-E-Mail-Struktur arbeitet wahrscheinlich parallel zu einer allgemeinen Remote-Access-Lösung, die auf VPNs beruht. Gewisse Einsparungen erreichen Unternehmen, wenn einige der mobilen Mitarbeiter zu PDAs oder Smartphones wechseln. Falls es VPN-Verbindungen zu PDAs oder Smartphones gibt, müssen diese unabhängig von jedem Wireless-E-Mail-System mit Gateways arbeiten.

Reine Lösungen wie Exchange gewinnen weiter an Funktionalität. Hersteller lizenzieren ihre Lösungen für Support über verschiedene Plattformen. So öffnet Microsoft Active-Sync für Palm und Symbian. RIM lizenziert seine Blackberry-Protokolle. Damit werden in Zukunft die Wahlmöglichkeiten zahlreich werden.
wve@networkcomputing.de