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Wenn Programmierer zu Verbrechern werden

Eine geplante Neufassung des Strafgesetzbuches (StGB) sorgt bei Entwicklern für Unruhe. Die Gesellschaft für Informatik sieht den Gesetzgeber auf Abwegen.

Autor:Redaktion connect-professional • 4.7.2007 • ca. 1:20 Min

Dass Juristen mit der Technologie auf Kriegsfuß stehen, ist altbekannt. Jetzt wollen die Gesetzgeber den Hackern das Leben schwer machen und kriminalisieren dabei gleich alle legitimen Entwickler mit.

Mit der Einführung dieses Paragrafen 202c StGB, auch als verschärfter Hackerparagraf bezeichnet, soll künftig mit Freiheitsentzug bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer eine Straftat vorbereitet durch das Herstellen, Verschaffen, Verkaufen, Überlassen, Verbreiten oder Zugänglichmachen von Passwörtern oder sonstigen Sicherheitscodes für den Datenzugang sowie von Computerprogrammen, deren Zweck die Begehung einer entsprechenden Tat ist. Darauf weist Prof. Dr. Hartmut Pohl, Sprecher des Arbeitskreises Datenschutz und IT-Sicherheit der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) hin. Problematisch ist die Einfügung des 202c StGB, weil Programme und Tools nicht nach ihrer Einsatzart, sondern vielmehr nach ihrem Aufbau definiert werden. Eine Unterscheidung in Anwendungen, die zur Begehung von Straftaten und solche, die ausschließlich für legale Zwecke hergestellt werden, ist aber nicht möglich.

Der gewählte Wortlaut führt zu einer Kriminalisierung der heute in allen Unternehmen, Behörden und von Privaten verwendeten Programme zur Aufdeckung von Sicherheitslücken in IT-Systemen. Derartige Programme und Tools sind zur Absicherung gegen Angriffe jedoch unverzichtbar. Genauso wird jegliche Lehre, Forschung und Entwicklung und auch der einfache Gedankenaustausch zu Prüftools an Universitäten und Fachhochschulen mit diesem Paragrafen unter Strafe gestellt.

Am 24.05.2007 hat der Bundestag trotz fundierter Proteste in 2. und 3. Beratung alle Änderungsanträge abgelehnt und damit den Regierungsentwurf: Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Computerkriminalität ohne Debatte verabschiedet. Die Zustimmung des Bundesrats steht bisher aus, das Gesetz ist allerdings nicht zustimmungspflichtig (Einspruchsgesetz).

Prof. Dr. Alexander Rossnagel, Jurist an der Universität Kassel, erläutert dazu, es bestehe die Gefahr, den bloßen Besitz und die informationstechnische Entwicklung von Tools zu bestrafen, die der Identifizierung von Sicherheitslücken dienen. Die Gesellschaft für Informatik appelliert deshalb an den Bundesrat, die weite Entwurfsfassung des § 202c StGB zu verhindern.