ZenDiS öffnet openDesk für Unternehmen und Partner
Das Interesse an Digitaler Unabhängigkeit steigt rasant. Behörden wie Unternehmen wollen sich von Microsoft lösen. Da kommt die Nachricht, dass das ZenDiS ein neues Partner-Programm startet, gerade richtig.
Der Zeitpunkt war gut gewählt: Pünktlich zur Smart Country Convention, die dieses Jahr mit 23.000 Besuchern einen neuen Rekord aufstellte, hat das das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) den Start eines neuen Partner-Programms verkündet. Mit diesem Schritt will die Bundes-GmbH sicherstellen, dass die große Nachfrage nach dem digitalen Arbeitsplatz openDesk bedient werden kann. Dabei handelt es sich um eine Open-Source-basierte Lösung, die seit Oktober 2024 als unabhängige und sichere Alternative zu Microsoft für die öffentliche Verwaltung zur Verfügung steht. Mit dem neuen Partner-Programm soll es nun auch für private Unternehmen möglich werden, openDesk zu nutzen.
Erprobte Open-Source-Anwendungen unter einem Dach
Mit openDesk bietet das ZenDiS, das im Auftrag des Bundesministeriums des Innern (BMI) gegründet wurde, eine Office- und Kollaboration-Suite an, die speziell für die Verwaltung konzipiert ist. Die quelloffene Lösung vereint die einzelnen Funktionen eines digitalen Arbeitsplatzes unter einer Oberfläche. Dazu gehören E-Mail, Kontakte und Kalender, ein gemeinsames Datei- und Dokumentenmanagement, Chat und Videokonferenz, Projekt- und Aufgabenmanagement, Wiki und Notizen sowie Identitäts- und Zugriffsmanagement.
Die einzelnen Elemente basieren auf erprobten Open-Source-Anwendungen führender deutscher und europäischer Anbieter, die somit die notwendige Erfahrung wie auch Expertise für eine Aufgabe dieser Größenordnung mitbringen. Da es sich um eine offene Lösung handelt, ist der Quellcode jederzeit einsehbar, sodass Probleme schnell erkannt und gelöst werden können – anders als bei proprietärer Software. Außerdem kann openDesk wahlweise als SaaS-Angebot aus einem souveränen deutschen Rechenzentrum bezogen oder im eigenen Rechenzentrum (On-Premise) betrieben werden. Sensible Daten müssen also nicht wie bei Microsoft in einer Cloud gespeichert werden.
Behörden wie Unternehmen sollen von indirektem Vertriebsmodell profitieren
Bislang wurden laut des ZenDiS mehr als 80.000 Arbeitsplätze in der Öffentlichen Verwaltung erfolgreich auf openDesk migriert. Diese Zahl könnte allerdings bereits deutlich größer sein. Doch bislang fehlte es an den notwendigen Ressourcen, da die Lösung ausschließlich über das ZenDiS und nur für die Öffentliche Hand erhältlich war. Indem das ZenDiS seinen Direktvertrieb nun um ein indirektes Vertriebsmodell ergänzt, können noch mehr öffentliche Einrichtungen sowie erstmals auch private Unternehmen digital unabhängig werden, was den Arbeitsplatz betrifft.
Öffentliche IT-Dienstleister können ab sofort mit dem ZenDiS zusammenarbeiten. Die Vermarktungslizenzen für private IT-Dienstleister werden öffentlich ausgeschrieben. Geplant ist der Start der europäischen Ausschreibung für November 2025. „Mit der Öffnung unseres Vertriebs in Richtung IT-Dienstleister können wir die Nachfrage nach openDesk breiter und schneller bedienen,“ sagt ZenDiS-Geschäftsführer Alexander Pockrandt. „Das ist ein echter Meilenstein für die Bezugsfähigkeit von openDesk und damit auch für ein Mehr an Digitaler Souveränität weit über die Verwaltung hinaus.“
Ohne finanzielle Unterstützung wird es keine digitale Unabhängigkeit geben
Letztlich dürfte auch die Open-Source-Economy massiv von diesem Schritt profitieren. Bislang kämpfen die Anbieter von Open-Source-Lösungen schließlich einen äußerst ungleichen Kampf. Während die großen IT-Konzerne aus den USA und Asien jährlich über eine Milliarde Euro für die behördliche Nutzung von Lizenzen aus Deutschland erhalten, müssen Open-Source-Anbieter mit einem Bruchteil dieser Summe auskommen. Um eine sichere und funktionsfähige OS-Lösung zu betreiben, ist eine adäquate finanzielle Unterstützung jedoch zwingend erforderlich. Denn ohne Geld wird sich Microsoft nicht ablösen lassen.
Auch in Frankreich wird verstärkt auf Open Source gesetzt, um digital souverän zu werden. Bei der Umsetzung werden derzeit allerdings noch unterschiedliche Wege beschritten. Anstatt wie bei openDesk direkt mit den etablierten Herstellern der Open-Source-Lösung zu kooperieren und deren Kompetenz zu nutzen, werden in Frankreich bislang Freelancer dafür bezahlt, die mit Hilfe von kostenlosen OS-Versionen den Betrieb von 200.000 digitalen Arbeitsplätzen sicherstellen sollen. Das führt nicht nur immer wieder zu Problemen, sondern kostet laut Insidern letztlich auch mehr Geld. Ein koordinierter Ansatz mit den OS-Herstellern gilt als deutlich nachhaltiger und führt zu qualitativ hochwertigen Lösungen, mit denen sich sicher und effizient arbeiten lässt – und die zudem Arbeitsplätze bei europäischen Herstellern schaffen. Dem Vernehmen nach wird in Frankreich daher der deutsche Weg interessiert verfolgt.
Großes Interesse aus Europa
Gut möglich also, dass die in Deutschland eingeschlagene Richtung zum gemeinsamen europäischen Weg wird. Das wäre wichtig, da man mit vereinten Kräften deutlich mehr erreichen kann. Unter anderem haben sich bereits Italien, Polen, Spanien, Österreich, Dänemark sowie weitere EU-Staaten an das ZenDiS gewandt. Teils wurden bereits erste gemeinsame Schritte vereinbart. Es besteht also guter Grund zur Hoffnung, dass hier eine Lösung entsteht, die europaweit genutzt und entsprechend unterstützt wird. Nicht zuletzt angesichts der aktuellen Entwicklungen in den USA wäre dies wichtiger denn je. Die Tatsache, dass neben Behörden zukünftig auch der private Sektor vom digitalen Arbeitsplatz openDesk profitieren soll, dürfte in vielen Unternehmen für Erleichterung sorgen.
Tillmann Braun ist freier Journalist.