Bei der hybriden Arbeitsweise geht es nicht nur darum, ob der Schreibtisch beim Arbeitgeber oder daheim steht. Wichtig für das Gesamtergebnis sind weitere und durchaus ganzheitlichere Aspekte.
Die Ansprüche an Büroräume haben sich durch die hybride Arbeitsweise stark verändert, doch wie es scheint, wurde vielerorts noch nicht nachjustiert. Laut einer aktuellen europäischen Studie von Cisco unter 3.500 Vollzeitbeschäftigten und 1.050 Arbeitgebern sind sich beide befragten Gruppen einig: Büroräume werden den Bedürfnissen für hybrides Arbeiten bislang noch nicht gerecht. So glauben nur 38 Prozent der deutschen Arbeitnehmer:innen und 37 Prozent der Arbeitgeber, dass Räume bereits auf die hybride Arbeitsweise eingerichtet sind (Europa: 37 Prozent der Arbeitnehmer:innen und 32 Prozent der Arbeitgeber).
„Wenn Mitarbeitende wieder in das Büro kommen sollen, müssen diese Orte Magnete werden und keine Verpflichtung. Wir sehen leider, dass das noch nicht ausreichend der Fall ist in Deutschland. Oft wird aktuell auf Anwesenheit verpflichtet, ohne den Ort attraktiver zu machen. ‚Back to Office‘ wird nur in einer Balance erfolgreich sein, die auch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt”, sagt Anton Döschl, verantwortlich für Hybrid Work bei Cisco Deutschland.
Dabei scheinen sich Arbeitgeber bewusst zu sein, wo es im Hinblick auf ihre derzeitigen Besprechungsräume noch hapert und die Produktivität im Büro nicht gerade gefördert wird. Als Hauptgründe wurden in der Cisco-Studie genannt: die geringe Qualität des audiovisuellen Erlebnisses (52 Prozent, Europa: 37 Prozent), fehlende Video- und Audioendpunkte in den Räumen (38 Prozent, Europa: 42 Prozent), das Fehlen von Video- und Audioendpunkten, um die Zusammenarbeit inklusiv zu gestalten (29 Prozent, Europa: 26 Prozent) und die mangelnde Konsistenz des Erlebnisses von Remote-Teilnehmenden gegenüber Büro-Arbeiter:innen (22 Prozent, Europa: 26 Prozent).
Grundsätzlich gilt es, im Büro Kommunikation bestmöglich zu gestalten, so dass sich die Gesprächspartner gut verstehen. Und auf der anderen Seite, nicht am Gespräch Beteiligte bestmöglich vor der Geräuschkulisse zu schützen. Denn ein wichtiges Argument für das Homeoffice, das gerne genannt wird, ist die Ruhe daheim. Diese steht einer gewissen Unruhe und Stör-geräuschen im Büro entgegen, wo sich in der Regel Kolleg:innen aufhalten, miteinander sprechen oder telefonieren. In einem offenen Großraumbüro hört ohnehin jeder bei jedem mit. Im Büro ist es somit nicht selten laut – oder zumindest zu laut.
Wie die Schallbelastung aussieht, kann eine Software wie beispielsweise „Comsol Multiphysics“ veranschaulichen. Diese lässt sich bei einem bestehenden Büro-gebäude anwenden, im Idealfall aber kommt sie zum Einsatz, bevor gebaut wird. Dann können Büros so angelegt werden, dass der Schall im Raum möglichst gut und optisch ansprechend absorbiert wird.
„Man hat natürlich sehr oft die Situation, dass bestimmte Gegebenheiten schon gesetzt sind, zum Beispiel weil ein Büro oder Großraumbüro schlichtweg schon gebaut ist“, sagt Thorsten Koch im Gespräch mit connect professional. Koch ist Geschäftsführer von Comsol Multiphysics. Das Unternehmen bietet eine Software-Plattform an, mit der sich physikbasierte Modelle und Simulations-Apps für alle Forschungs- und Industriebereiche erstellen lassen – so auch Akustikmodelle für die Bauakustik. „Doch durch geschickte Platzierung von schallabsorbierenden und schallumlenkenden Materialien kann man da einiges erreichen.“
So werde mit Hilfe der Software ein Modell des bestehenden Raumes erstellt – dieses Modell könne man dann virtuell verändern, erläutert Koch weiter. „Da es eine physikbasierte Modellierungssoftware ist, lässt sich vorausberechnen, wie sich Veränderungen in diesem Raum auswirken werden. Natürlich gibt es bei Bestandsgebäuden Grenzen bei der Umsetzung: So kann man beispielsweise nicht ohne Weiteres Wände verschieben oder eine tragende Wand entfernen.“
Veranschaulichen lässt sich das Ganze anhand eines Beispiels: So setzte das Schweizer Bauberatungsunternehmen Zeugin Bauberatungen die Software ein, um die Schallausbreitung in einem Bürogebäude im Vorfeld abzuklären. „Bei Zeugin Bauberatungen ging es darum, ein Großraumbüro so zu gestalten, dass sich Gespräche von Kollegen oder am Telefon, möglichst wenig im Raum ausbreiten. Unter Einsatz unserer Software kam heraus, dass Lösungen, die um einen einzelnen Arbeitsplatz herum gebaut sind, nicht unbedingt die beste Maßnahme sind, um die Schall-Ausbreitung des Gesprochenen im Raum einzudämmen. Stattdessen hat man bei Zeugin Bauberatungen auf Trennelemente im Raum gesetzt. Diese wurden geschickt platziert und waren zudem mit schallabsorbierenden Materialien bestückt.“
Wer keinerlei räumliche Veränderungen im Büro vornehmen möchte, kann sich ein Büro im Büro aufstellen: Das ist das Prinzip von Arbeitsboxen. Sie sind schall-isoliert, so dass sich darin Arbeitende von ablenkenden Geräuschen oder Hintergrundgesprächen abschotten können. Die Angebote reichen dabei von Zellen, in denen nur ein Arbeitsplatz eingerichtet ist, bis hin zu kleinen Meetingräumen mit Sofa und Tisch.