Acer auf der Überholspur. Seit der Trennung von Benq ist Acers Höhenflug im deutschen Markt nicht zu bremsen. Der Hersteller belegt inzwischen in mehreren Segmenten die vordersten Plätze und zeigt sich dabei äußerst channeltreu. Jetzt soll bei LCDs und Servern gepunktet werden.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres erzielte Acer einen Umsatz von 2,84 Milliarden Dollar. Damit konnte der Hardware-Hersteller sein Ergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 54,5 Prozent steigern. Für das Gesamtjahr rechnet der Anbieter mit einem Umsatz von 6,05 Milliarden Dollar und einem operativen Gewinn von 97,79 Millionen Dollar. Acer arbeitet also profitabel, was auch auf die guten Geschäfte in der EMEA-Region zurückzuführen ist. 65 Prozent des Gesamtumsatzes erzielt das Unternehmen allein in dieser Region.
Erstaunlich ist dieses Ergebnis jedoch nicht mehr, da bereits seit etwa zwei Jahren die Zeichen auf Wachstum stehen. »Damals haben wir uns endgültig von Benq getrennt«, erklärt Oliver Ahrens, Geschäftsführer von Acer Deutschland. Die Abspaltung war für den Hersteller der Auslöser, Strategie und die Ausrichtung komplett zu überdenken. Während Acer bis dato zahlreiche Händler direkt belieferte, hat sich das Fachhandelsmodell inzwischen völlig gewandelt: Der Handel wird ausschließlich über die Distributoren Actebis Peacock, Alphatext, Also, COS, Ingram Micro, Systeam und Tech Data bedient.
Am Distributionsmodell soll sich laut Ahrens in Zukunft auch nichts ändern. »Wir werden unsere Präsenz bei den Distributoren im kommenden Jahr sogar weiter ausbauen. Wir planen, verstärkt mit Regional- und Spezialgroßhändlern zusammenzuarbeiten«, verspricht Ahrens.
Schon im Jahr 2000 hat die Acer Inc., die Konzernzentrale in Taiwan, das Geschäftsmodell umgestellt. Bislang hatte der Hersteller seine Produkte weitgehend selbst produziert. Der damalige CEO Stan Shih entschloss sich, die Fabriken auszulagern, um Kosten einzusparen. Die Acer-Produktionsstätten wurden deshalb nach Wistron überführt. Fortan konzentrierte sich Acer nur noch auf die Entwicklung und das Design der Produkte. Die Fertigung überlässt der Hersteller seitdem Betrieben wie Quanta und Compal, bei denen ein Großteil der Notebook-Anbieter Kunden sind. »Wir konzentrieren uns auf den Markt und analysieren, was Kunden benötigen«, fasst Ahrens den Strategiewechsel zusammen. Die Auslagerung der Produktion hatte für Acer nicht nur den positiven Nebeneffekt, Kosten einzusparen, sondern auch das Fulfillment wurde effizienter. Im Durchschnitt dauert es nun etwa drei Wochen, bis neue Geräte aus Asien in Deutschland eintreffen. Acer hat sich somit vom Produzenten mit eigenen Fabriken zu einem Unternehmen gewandelt, für das Marketing, Vertrieb und die Kundenbetreuung an oberster Stelle stehen.
Um die neue Strategie gänzlich in die Praxis umzusetzen und die reibungslose Kundenbetreuung zu gewährleisten, hat Acer Deutschland den Service-
Bereich genauer unter die Lupe genommen und umstrukturiert. Der Grund: Bis ins Jahr 2001 häuften sich die Beschwerden der Händler über den schlechten Service. Der Anbieter entschied daraufhin, den Service für Notebooks und PCs wieder selbst zu übernehmen. Inzwischen werden pro Monat etwa 400 bis 700 Notebooks repariert. Selbst das Service-Call-Center wird von Acer selbst betrieben. Dieser Entschluss hat sich für den Hersteller durchaus ausgezahlt, da die Anzahl der Beschwerden stark gesunken ist und die eigene Service-Abteilung laut Ahrens Kosten sparender als ein ausgelagerter Dienstleister arbeitet.
Einer der wichtigsten Gründe für Acers Erfolg ist aber, »dass wir schon im Jahr 2001 intensiv auf Mobile Computing gesetzt haben«, behauptet Ahrens. Gerade zu dem Zeitpunkt, als die Nachfrage nach mobilen Rechnern anzog, konnte sich Acer mit preisaggressiven Angeboten einen Namen im Markt machen. Seit dem zweiten Quartal dieses Jahres belegt der Hersteller den ersten Rang im deutschen Notebook-Markt. Aber auch im Gesamtmarkt EMEA sieht es für den Anbieter nicht schlecht aus. Hier rangiert Acer laut IDC im zweiten Quartal auf dem vierten Rang. Dem Konzern kam außerdem zu Gute, dass das Unternehmen die neuesten Mobile-Technologien als einer der ersten übernahm. So präsentierte die Firma, kurz nachdem Intels Centrino-Technologie 2003 auf den Markt kam, auch das erste Centrino-Notebook. Ähnlich verhielt es sich mit AMDs 64-Bit-Architektur, die Acer als erster A-Brand-Anbieter für Notebooks verfügbar machte. »Hier liegt unsere Stärke«, begründet Ahrens, »wir bringen neue Technologien noch vor unseren Mitbewerbern auf den Markt.«
Was Acer im Mobile-Markt gelungen ist, soll nun auch im Desktop-Bereich erreicht werden. Dort belegt das Unternehmen nach eigenen Angaben nur den sechsten Platz. Um im Ranking weiter nach oben zu kommen, soll das PC-Projektgeschäft ausgebaut und verstärkt Aktionen und Rabatte für den Fachhandel angeboten werden. »Wir haben festgestellt, dass wir Händler gezielt auf den Vertrieb von Commercial-Desktop-PCs ansprechen müssen«, konstatiert Ahrens. Im ersten Quartal startete Acer deshalb einen Testlauf mit Händlern, die nur ab und zu einen Acer-PC verkauft haben. Mit gezielten Aktionen konnte der Hersteller die Aufmerksamkeit im Channel derart steigern, dass sich die Umsätze laut Ahrens nahezu verdreifacht haben. Ähnlich Gas geben will Acer nun auch im LCD-Markt: In diesem Segment will der Anbieter schon im kommenden Jahr an erster Stelle stehen.
Selbst der Server-Bereich soll sich nach den Vorstellungen des Managers zu einem florierenden Geschäftssegment entwickeln. »Dort müssen wir aber erst neue Fachhändler gewinnen«, fordert Ahrens. Um das zu erreichen, soll die Partnerstufe des Server Competence Centers stärker ausgebaut werden.
Inzwischen ist das Portfolio des Hardware-Anbieters nicht nur im Notebook- und Desktop-Segment stark angewachsen, sondern auch in den Bereichen Displays, Server, Projektoren und Zubehör. Allein für die Travelmate-Notebook-Serie bietet der Hersteller neun verschiedene Plattformen an. Damit aber noch nicht genug. Im kommenden Jahr will Acer auch noch Digitalkameras und LCD-TVs anbieten. In diesen Segmenten erhofft sich Acer mit günstigen Verkaufspreisen punkten zu können. »In der Tat ist unserer Sortiment sehr groß und es bringt auch einige Risiken mit sich, das im Griff zu haben«, weiß Ahrens. Trotzdem wird Acer von der Produktvielfalt nicht absehen, da sich das Unternehmen im Markt als Vollsortimenter darstellen will. »Wir sind nun mal ein Massenhersteller«, begründet der Geschäftsführer. Deswegen schließt Ahrens einen Schwenk in Richtung Lösungsanbieter künftig aus.
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