Systems möchte sich als Arbeitsmesse profilieren: Zur Sache, Schätzchen!. Die Systems sei eine echte Arbeitsmesse. Davon sind die Münchener Messemacher überzeugt. Niedrige Aussteller- und Besucherzahlen irritieren sie nicht, so lange die wichtigen Firmen präsent sind und die Fachbesucher ins Messegelände finden.
Die Systems hätte Besseres verdient als stagnierende Aussteller- und Besucherzahlen. Denn der Herbstevent in München (vom 18. bis 22. Oktober) gehört immer noch zu den wichtigen ITK-Terminen. Doch seit einigen Jahren geht es den Münchener Messemachern nicht anders als den meisten ihrer Kollegen: Die Computermessen verlieren ihre Kunden, weil diese sich entweder aus der Branche verabschieden mussten oder ihr Marketing nur noch auf kleiner Flamme kochen. »Wenn alle rundum verlieren, kann man nicht sagen, es hat nur der Erfolg, der Zugewinne hat«, konstatiert Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München und verantwortlich für die Systems, der seine Veranstaltung im Reigen der ITK-Messen der Zeit vergleichsweise gut positioniert sieht.
Doch ist sich der Messechef bewusst, dass man sich nicht ausruhen könne. Denn die Systems hat gewaltig Federn lassen müssen ? vor allem 2002. Die Zahl der belegten Hallen ist mittlerweile auf sechs geschrumpft. Und nur mit viel mathematischem Geschick wurde zwei Wochen vor Messebeginn die Ausstellerzahl mit etwa 1.300 auf den Stand vom vergangenen Jahr prognostiziert. »Die Comdex in den USA ist tot, die Cebit USA eingestellt, die Orbit in der Schweiz gibt es nicht mehr, und in Österreich finden zwei IT-Messen zum gleichen Zeitpunkt statt.« Und selbst die Weltleitmesse Cebit in Hannover hat erstmals in diesem Jahr den Aufwärtskurs verlassen müssen. »Vor diesem Hintergrund können wir doch froh sein, wenn wir unsere Aussteller- und Besucherzahlen gegenüber dem Vorjahr stabil halten«, fügt der Systems-Geschäftsführer hinzu.
Aber wie ist das mit dem kleinen mathematischen Trick in punkto Ausstellerzahl? »Die Entscheidung von Microsoft, von über 1.000 auf 60 Quadratmeter zu reduzieren, führte dazu, dass auch die Partner wegbleiben werden«, erklärt Dittrich, »die konnten nicht durch andere Aussteller ersetzt werden. Wenn wir aber diese Zahl rausrechnen, kommen wir exakt auf die Zahl von 2003«. Aha!
Aber eigentlich geht es weniger darum, ob 1.100, 1.200 oder 1.300 Firmen präsent sein werden. Vielmehr geht es darum, wer ausstellt. »Und da haben wir die wichtigsten Player bei uns«, freut sich Dittrich. Zur Systems 2004 werden auch Unternehmen ausstellen, die bislang einen großen Bogen um die Systems machten oder eine Auszeit genommen hatten: Softlab, Giesecke & Devrient oder auch Epson. Die Key-Player habe man ohnehin. Denn würden die wegbleiben, dann würden tatsächlich schwarze Wolken über dem Münchener Messegelände aufziehen; das gibt Dittrich unumwunden zu.
Für solche dunklen Gedanken gebe es aber überhaupt keinen Anlass, auch mit Blick auf die kommenden Jahre. Im Gegenteil, sagt der Messechef, »denn wir sind eine Arbeitsmesse«. Darin unterscheide sich die Systems von der Cebit in Hannover. »Es gibt bei uns keine Spielkonsolen, und es gibt auch keine digitalen Fotoapparate.« Letzteres allerdings mit Ausnahmen: Wenn Digicams in Lösungen eingebunden sind, dann gehören sie selbstverständlich ins Ausstellungsprogramm der Systems.
Natürlich belasten Roadshows und Hausmessen der Hersteller deren Marketingetats. Die Folge: Es bleibt weniger für Beteiligungen an Messen wie der Systems übrig. Aber Dittrich ist überzeugt davon, dass »wir als neutraler Veranstalter im Verbund mit Wirtschaftsverbänden und Handelskammern ein sehr professionelles Konzept anbieten können«. Auf der anderen Seite seien auch Roadshows und Hausmessen für den Veranstalter und die beteiligten Firmen teuer. »Ich denke, dass dieser Trend wieder umschlagen wird.«
Zweifellos ist die Systems eine Regionalmesse. Dies sieht auch der Messemanager so. Allerdings mit dem Hinweis, dass sich die Region über etwa 500 Kilometer um München erstreckt. »München liegt im Herzen eines der stärksten und wichtigsten Zentren für IT-Märkte in Europa. Wir definieren unseren Einzugsbereich mit Österreich, der Schweiz, Südosteuropa und den neuen Beitrittsländern der EU. Vor allem diesen neuen Mitgliedern bieten wir eine Plattform auf der Systems.« Damit diese Besuchergruppen zur Systems kommen können, habe die Messe München beispielsweise 20 Busse für die EU-Beitrittsländer organisiert. Selbst aus Lettland werden Gäste per Bus anreisen. »Besucher aus diesen Ländern sind aus Kostengründen häufig nicht in der Lage, einfach mal so nach München zu fliegen«, begründet Dittrich die Aktion. Und für die österreichischen Besucher gebe es Sondertarife für Flug ab Wien und Eintritt zur Systems für 100 Euro.
Bereits in den vergangenen Jahren habe sich der Mittelstand als stärkste Besuchergruppe herausgebildet. Aus diesem Grund werden auch in diesem Jahr besonders kleine und mittlere Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige angesprochen. »Zwei Drittel unserer Besucher kommen aus dem Mittelstand, dabei ist das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft«, rechnet der Geschäftsführer vor. Natürlich werden auch die großen Unternehmen und deren IT-Verantwortlichen angesprochen. Aber primär seien es Unternehmen, »die keinen eigenen CIO oder keine eigene IT-Abteilung haben«. Deshalb auch unternehme die Messeleitung alles, »um diesen Besuchern die Schwellenangst vor einer großen IT-Messe zu nehmen«. Dittrichs Anspruch: eine verständliche Struktur im Messekonzept, lösungsorientierte Foren und Areas und Aussteller, die sich auf diese Klientel vorbereitet haben.
Dittrich glaubt an die hohe Qualität der Besucher. Die allerdings nicht mehr in Abteilungsstärke durch die Messehallen ziehen. »Heute kommt nur noch eine Person, aber die entscheidet maßgeblich mit, welche Investitionen vorgenommen werden«. Und diese Besucher brauchen in der Mehrzahl nicht einmal Geld für den Messeeintritt zu opfern. Denn mittlerweile kommen etwa 60 bis 70 Prozent aller Besucher über Gastkarten der Aussteller zur Systems. »Tickets kaufen ist eher die Ausnahme geworden«, resümiert der Messechef.
Mit der diesjährigen Systems werden aber die Feinarbeiten am Messekonzept noch nicht abgeschlossen sein. Künftig soll die Dachmarke Systems, unter der die Kernbereiche IT & TK, Software, Systems & Integration, Telecommunications & Networking, Office & Peripheral Technology sowie IT-Security vereint sind, noch stärker zum Ausdruck gebracht werden. Ein hoher Anspruch, der zugleich aber der einzig vernünftige Weg ist. Gerade die strikte Unterscheidung zur internationalen Weltleitmesse Cebit gibt beiden Großveranstaltungen genügend Spielraum, um ihre jeweiligen Stärken ausspielen zu können. Für die ITK-Branche müsste dies eigentlich Grund genug sein, sich auf beiden Messeplätzen wieder mehr zu engagieren. Denn darf den Prognosen des Branchenverbandes Bitkom Glauben geschenkt werden, dann steigt die Konjunktur langsam wieder an. Und wo sonst als an einem großen Messeplatz haben Aussteller und Besucher die Möglichkeit der umfassenden Information. Das spricht nicht gegen Roadshows oder Hausmessen. Doch sie haben einen ganz anderen Zweck: Die individuelle Information einer klaren Kundengruppe.
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Seit zwei Jahren bröckelt es am Systems-Händlerzentrum Dealers Only: weniger Aussteller, schleppendes Interesse. Im vergangenen Jahr fanden immerhin noch etwa 8.000 Besucher in den Händlerbereich. Und einige der Aussteller waren durchaus guten Mutes, in diesem Jahr wieder präsent zu sein. Doch daraus wurde nichts. Zwei Wochen vor Systemsbeginn lagen der Messeleitung lediglich fünf verbindliche Ausstelleranmeldungen vor: Ingram Micro, Actebis Peacock, Jet Computer, Singhammer und Infocus. Außerdem wurde noch bis kurz vor Eröffnung am neuen Konzept des Händlerzentrums gebastelt. Das geschrumpfte Händlerzentrum in der Halle B1 wird sich nicht mehr in Form eines eigenen Ausstellungsbereiches darstellen, sondern ähnelt einem großen Messestand. Geblieben ist die Einlasskontrolle. Die Dimensionen der zurückliegenden Jahre seien Vergangenheit, da sich, wie Dittrich betont, die Interessen gewandelt hätten. Stattdessen sei heute Kommunikation und Information gefragt. Aus diesem Grund besteht der Händlerbereich in diesem Jahr aus einer Meeting-Lounge mit Vortragsbühne.
Den Rückgang im Händlerzentrum führt Dittrich nicht zuletzt auf »die zunehmende Bedeutung von Kundenveranstaltungen der ITK-Branche« zurück. Dies habe auch zu einem Rückgang bei den Ausstellerzahlen im Dealers Only geführt. Keinesfalls aber will der Messechef auf ein Händlerzentrum verzichten. »Wir müssen mal sehen, wie das neue Konzept ankommt.«