Vom Pionier in der mobilen Kommunikation hat sich BlackBerry zum Akteur im Bereich Cybersicherheit und IoT entwickelt. Ein Gespräch mit Ulf Baltin zeigt, wie der kanadische Softwarehersteller neue Herausforderungen angeht und Unternehmen unterstützen will, ihre Systeme resilienter zu machen.
Einst war BlackBerry ein Synonym für sichere Smartphones. Heute hat sich das Unternehmen strategisch völlig neu aufgestellt und fokussiert sich auf zwei Geschäftsbereiche: Cybersicherheit und das Internet of Things (IoT). Wie Ulf Baltin, Managing Director DACH bei BlackBerry, erklärt, kennt zwar noch ein Großteil der Menschen die Marke – allerdings meist nur aus der Ära der beliebten Business-Smartphones. Dass BlackBerry längst keine Mobilgeräte mehr produziert und stattdessen tief in die Cybersicherheitsbranche eingetaucht ist, ist weniger bekannt – obwohl das Unternehmen mittlerweile eine führende Position eingenommen hat.
BlackBerrys Cybersicherheits-Portfolio umfasst mehrere Kernlösungen, die auf der Cylance-KI basieren. Diese ermöglicht präventive Bedrohungserkennung, Angriffsabwehr und Entlastung von IT-Teams durch Managed Detection and Response (MDR). Mit der 2014 übernommenen SecuSmart GmbH bietet BlackBerry zudem Lösungen für sicheres mobiles Arbeiten an. Das Unternehmen setzt weiterhin auf enge Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen, insbesondere der Bundesregierung und ihren nachgeordneten Behörden (UEM). Dabei implementiert es Verschlüsselungslösungen, die den strengen Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entsprechen. „Es ist ein Bereich, in dem immer mehr spezialisierte Produkte benötigt werden“, so Baltin. Das andere Standbein ist die IoT-Sparte, die stark auf Embedded-Software setzt und in zahlreichen Branchen, von Automobil bis Medizin, vertreten ist. So basiert beispielsweise die Steuerungssoftware in Millionen von Autos weltweit auf BlackBerry-Technologie.
BlackBerrys IoT-Lösungen werden heute in mehr als 255 Millionen Fahrzeugen weltweit genutzt. Die dabei zur Anwendung kommende QNX-Software ist für sicherheitskritische Systeme konzipiert und wird in zahlreichen Funktionen eingesetzt – von der Abstandsregelung bis hin zum Infotainmentsystem. Diese Sicherheitsanforderungen erfordern zuverlässige Technologie, die Angreifer blockiert, während gleichzeitig eine schnelle Datenverarbeitung gewährleistet ist. Über den Automobilsektor hinaus ist BlackBerrys IoT-Expertise unter anderem mit Partnern in der Medizintechnik vertreten. Zudem entwickelt der Hersteller Lösungen, die auch für die oft veralteten, ungesicherten Maschinen im Produktionsbereich Schutz bieten.
Ulf Baltin sieht die fortwährend wachsende Bedrohung durch Cyberangriffe als eine der größten Herausforderungen. „Cyberangriffe sind heute eine Industrie für sich“, erklärt Baltin und verweist darauf, dass es im Darknet eine „Schattenwirtschaft“ gibt, in der Zugänge zu Unternehmensnetzwerken gehandelt werden. Die Schadsoftware und Angriffe werden zunehmend durch Künstliche Intelligenz unterstützt, was die Bedrohungen noch komplexer und vielseitiger macht.
Baltin: „In der Produktion laufen noch immer Maschinen mit Betriebssystemen, die seit Jahren keine Updates mehr erhalten. Hier braucht es spezialisierte Sicherheitslösungen.“ |
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BlackBerrys Lösung gegen diese Gefahren ist ein auf KI basierendes Sicherheitsmodell, das die Übernahme der Firma Cylance im Jahr 2019 ermöglichte. Die Software kann auf bekannte Bedrohungen reagieren, bevor sie aktiv werden, und sei damit Baltin zufolge anderen, signaturbasierten Systemen überlegen. Der Managing Director ergänzt, dass BlackBerrys Lösungen dank KI oft Bedrohungen erkennen, die eine klassische Methode übersehen würde.
Neben den Bedrohungen gibt es weitere Faktoren, die Unternehmen zum Handeln zwingen: Die neuen Regularien der EU wie NIS2 oder die DORA-Verordnung im Finanzsektor setzen Unternehmen unter Druck, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken. „Vor allem Mittelständler sollten sich jetzt intensiv mit Cybersecurity befassen, da sie Teil der Lieferkettenanforderungen sind und nicht die Ressourcen großer Konzerne besitzen“, gibt Ulf Baltin zu bedenken. BlackBerry biete ihnen mit Managed Detection and Response (MDR) erschwingliche Sicherheitslösungen an, die als Outsourcing-Dienst eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung ermöglichen.
Mit der Tochtergesellschaft Secusmart ist BlackBerry im Bereich der sicheren mobilen Kommunikation1 besonders erfolgreich. Secusmart liefert spezielle Lösungen für Behörden, darunter verschlüsselte Kommunikation für klassifizierte Informationen. Diese Technologie erfüllt die Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und hat damit Einzug in die Bundesbehörden gehalten. Laut Baltin zeigt sich daran, wie stark der Bedarf an sicheren Kommunikationsmöglichkeiten insbesondere im Regierungssektor gewachsen ist. Secusmart bietet hier Lösungen, die neben der üblichen Verschlüsselung eine hohe Nutzerfreundlichkeit bieten, damit Anwender keine Umgehungswege suchen müssen.
Zusätzlich hat BlackBerry jüngst eine Zusammenarbeit mit dem Münchener Unternehmen ISEC7 gestartet, um eine neue Lösung für verschlüsselte Sprache und Kommunikation in Landesbehörden und kritischen Infrastrukturen bereitzustellen. Der BlackBerry-Director betont, dass eine solche Lösung speziell auf die Anforderungen von Landesregierungen zugeschnitten ist und durch die BSI-Vorgaben die notwendige Sicherheit gewährleistet.
Ein aktuelles Vorhaben BlackBerrys ist das sogenannte Indigo-Projekt2, das eine BSI-zertifizierte Nutzung von iOS-Geräten in Bundesbehörden ermöglichen soll (siehe auch Infokasten). Die Herausforderung besteht darin, Apple-Geräte so zu konfigurieren, dass sie den hohen Anforderungen an Verschlusssachen-Kommunikation entsprechen. BlackBerry liefert hier das Unified Endpoint Management (UEM), das als Basis für die Verwaltung dieser iOS-Geräte dient. Damit setze sich der Softwarehersteller als erstes Unternehmen durch, das eine derart komplexe Lösung für staatliche Behörden bieten kann.
Das Indigo-Projekt hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, weil immer mehr Behörden den Wunsch äußern, auch iPhones und iPads für ihre Kommunikation nutzen zu können. Baltin sieht in dieser BSI-Zertifizierung einen „Meilenstein“, da die Bundesbehörden nun eine sichere, flexible Lösung haben, die den Mitarbeitern eine klare Trennung von beruflichen und privaten Daten ermöglicht.
Das Indigo-Projekt im Detail |
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BlackBerry hat am 14. Februar 2024 bekannt gegeben, dass man als erster Anbieter die Freigabe des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für die Nutzung von BlackBerry Unified Endpoint Management (UEM) im Brightsite-Setup mit Apple Indigo-Geräten erhalten hat. Die Zertifizierungs-ID lautet BSI-DSZ-CC-12353. Diese ermöglicht es Regierungsorganisationen, Apple iNDIGO-Projekte zu implementieren und dabei sicherzustellen, dass vertrauliche Informationen der höchsten Stufe (Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch, VS-NfD) sicher auf mobilen Geräten übertragen werden können. Mit dieser Freigabe können deutsche Regierungsbehörden und kritische Industriezweige die BlackBerry UEM-Plattform als Grundlage für die Einführung von iOS-Geräten für Mitarbeiter nutzen. Das Brightsite-Setup ermöglicht dabei laut BlackBerry eine benutzerfreundlichere und energieeffizientere Alternative zum traditionellen Darksite-Setup, indem es die Notwendigkeit einer ständigen VPN-Verbindung aufhebe und die Geräteaktivierung vereinfache. BlackBerry UEM ist kompatibel mit iOS-, Android-, Windows- und Mac-Geräten. |
Die Cybersicherheitsbranche wächst nicht nur schnell, sie ist auch stark fragmentiert und hält für Organisationen einige Stolpersteine bereit. Die Wahl des richtigen Dienstleisters wird zur Nagelprobe. Denn wer sich auf einen nicht etablierten Anbieter verlasse, könne zwar Geld sparen, laufe aber Gefahr, später zur Kasse gebeten zu werden, wenn die Leistung am Ende unterdurchschnittlich ausfällt.
BlackBerry selbst sieht sich gut positioniert, um in diesem Umfeld eine führende Rolle einzunehmen. „Es wird spannend zu sehen, wie sich die Branche weiterentwickelt“, sagt Ulf Baltin mit Blick auf die steigende Anzahl an Cybersicherheitskonferenzen weltweit, die das wachsende Interesse und die Notwendigkeit solcher Lösungen widerspiegeln. Er sieht in der zunehmenden Bedrohungslage und den steigenden regulatorischen Anforderungen klare Wachstumspotenziale für BlackBerry und erwartet, dass das Unternehmen in den kommenden Jahren seine Position weiter ausbauen wird.
1 https://www.secusmart.com/de/secusuite-ios
2 https://www.BlackBerry.com/us/en/regions/de/campaigns/BlackBerry-uem-fur-apple-indigo
3 https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Zertifikate_CC/InZertifizierung/1235.html