IT-Sicherheit: Spam-Versand

China ist sicherer Heimathafen für Spam-Versender

23. Juni 2009, 8:45 Uhr | Bernd Reder
In puncto Spam-Schleudern rangieren immer noch die USA auf Platz eins, gefolgt von China. Auch Deutschland hält sich unter den Top 10.

Gut 70 Prozent aller Internet-Domains, die seit Anfang des Jahres zum Versenden von Spam-E-Mails verwendet wurden, sind in China beheimatet. Das hat die University of Alabama ermittelt.

Die Situation entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie: Auf der einen Seite regt sich Chinas Führungsspitze darüber auf, dass Google und andere Search Engines unter anderem Suchergebnisse ausgeben, die auf »schädliche« Inhalte verweisen. Dazu zählen die Herrscher im Reich der Mitte nicht nur Porno-Seiten oder Sites mit Hacker-Tools.

Auch vor regimekritischen Angeboten will Chinas Regierung die Bevölkerung künftig »schützen«. Zu diesem Zweck muss auf allen PCs, die in China verkauft werden, ab dem 1. Juli die Filtersoftware »Grüner Damm« installiert sein.

Auf der anderen Seite sind nach Angaben von Gary Warner, einem Forscher der University of Alabama in Birmingham, rund 70 Prozent aller Domains, über die Spam verschickt wird, in China beheimatet. Laut Warner heißt das allerdings nicht automatisch, dass ausschließlich chinesische »Unternehmen« der .cn-Domains bedienen, um unerwünschte Werbebotschaften oder Malware zu verbreiten.

Chinesische ISPs reagieren nicht auf Klagen

Nach Einschätzung des Forschers ist es für ausländische Cyberkriminelle attraktiv, ihre Aktivitäten über Internet-Service-Provider aus dem Reich der Mitte abzuwickeln. Ein Grund ist, dass chinesische ISPs auf Forderungen oder Bitten, Spam-Domains zu schließen, nur sehr zögerlich reagieren.

Das wiederum ist darauf zurückzuführen, dass die Service-Provider kein Interesse daran haben, Kunden zu verprellen, auch solche mit dubiosen Geschäftsmodellen.

Ein weiterer Faktor ist laut Gary Warner, dass sich auch Chinas Telekommunikationsfirmen taub stellen, wenn sie auf Missstände hingewiesen werden. Das gilt vor allem für Klagen aus dem Ausland.

In diesem Fall geht der Fachmann davon aus, dass die Netzbetreiber bislang keine Wege gefunden haben, um kriminelle Machenschaften wirkungsvoll zu bekämpfen. Vermutlich dürften aber auch die TK-Firmen nicht sonderlich daran interessiert sein, Zeit und Geld für die Jagd nach Cybergangstern aufzuwenden.

Gerichte arbeiten nicht mit dem Ausland zusammen

Die dritte Schwachstelle, die es Spam-Versendern und anderen Online-Kriminellen in China leicht macht, ist die mangelhafte Zusammenarbeit chinesischer Strafverfolgungsbehörden und Gerichte mit ihren Pendants im Ausland.

Wie auch deutsche Firmen bereits feststellen mussten, etwa im Rahmen von Prozessen um die Verletzung von Patenten, zeigen sich Behörden in China in solchen Fällen meist desinteressiert. Im Gegenteil: Inländische Unternehmen werden gegen die vermeintlichen »Angriffe« aus dem Ausland sogar noch in Schutz genommen, auch wenn klare Indizien vorhanden sind, dass chinesische Firmen international gültiges Recht gebrochen haben.

Diese Erfahrung müssen unter anderem auch Softwarefirmen wie Microsoft machen. Nach Daten der Business Software Alliance waren im vergangenen Jahr 61 Prozent aller Software-Produkte, die im Raum Asien/Ozeanien verwendet wurden, Raubkopien. Ein Großteil dieser illegalen Kopien wird in China und Indien eingesetzt. Für die Software-Industrie bedeutet dies in dieser Region einen Umsatzausfall von 15,3 Milliarden Dollar.

Dafür, wie sich die Spam-Flut »Made in China« eindämmen lässt, hat auch Experte Gary Warner keinen Ratschlag. Ein Filterprogramm à la »Grüner Damm« ist sicherlich keine Lösung.

Zudem wäre es verfehlt, nur China als Spam-Sünder zu brandmarken: Nach Untersuchungen der Anti-Spam-Organisation Spamhaus.org sind immer noch die USA weltweit Spitzenreiter, was das die Zahl der versendeten Spam-Nachrichten betrifft - gefolgt von China.


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