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Anzeigebereitschaft gering

Jeder zweite Internetnutzer ist Cybercrime-Opfer

Knapp jeder zweite Internetnutzer in Deutschland ist in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von Cyberkriminalität geworden. Doch nur die wenigsten der Geschädigten erstatten Anzeige.

Autor:Elke von Rekowski • 11.10.2017 • ca. 2:30 Min

Fast jeder zweite Internetnutzer in Deutschland ist Opfer von Cyberkriminalität.
© Amir Kaljikovic / Fotolia

Erpressung, Identitätsdiebstahl oder Betrug: 49 Prozent der Internetnutzer in Deutschland sind in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von Cyberkriminalität geworden. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Bitkom hervor. Das mit Abstand häufigstes Delikt ist demnach die Infizierung des Computers mit Schadprogrammen wie Viren. 43 Prozent der Internetnutzer sind Opfer eines solchen Angriffs geworden. Rund jeder Fünfte gibt an, dass ihm Zugangsdaten zu Online-Diensten wie Sozialen Netzwerken oder Online-Shops gestohlen (19 Prozent) oder persönliche Daten illegal genutzt (18 Prozent) worden sind. Rund jeder sechste (16 Prozent) Internetnutzer ist beim Online-Shopping oder -Banking betrogen worden. Über massive Beleidigung im Netz klagen acht Prozent, und Opfer von sexueller Belästigung sind fünf Prozent der Internetnutzer geworden.

Ein finanzieller Schaden ist in jedem zweiten Fall von Cybercrime (54 Prozent) entstanden. So hat immerhin jedes vierte Opfer wegen des Angriffs einen IT-Experte hinzugezogen, zum Beispiel um den Schaden beheben zu lassen (28 Prozent) oder Hard- beziehungsweise Software zu kaufen (23 Prozent). 16 Prozent haben finanziellen Schaden erlitten, weil sie Waren gekauft und bezahlt haben, die nicht angekommen sind, oder weil sie für privat online verkaufte Waren kein Geld erhalten haben. Vier Prozent haben fremde finanzielle Transaktionen auf ihrem Konto oder mit ihrer Kreditkarte festgestellt.

Nur wenige Täter werden gefasst

Die meisten Opfer reagieren nicht weiter auf die Vorfälle. Zwei Drittel (65 Prozent) der Betroffenen geben an, dass sie nichts unternommen haben. Nur 18 Prozent haben Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft erstattet, 16 Prozent haben sich an einen Plattform-Betreiber wie etwa das Soziale Netzwerk oder die Online-Verkaufsplattform gewandt, elf Prozent haben Beratungsstellen wie die Verbraucherzentralen eingeschaltet und fünf Prozent haben eine öffentliche Stelle, wie zum Beispiel das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), informiert. Einen Rechtsanwalt eingeschaltet haben nur acht Prozent der Opfer. »Wer Opfer von Cybercrime wird und wem dadurch sogar noch ein finanzieller Schaden entsteht, der sollte die Behörden informieren«, rät Bitkom-Präsidiumsmitglied Winfried Holz.

Hauptgrund dafür, sich nicht an Polizei oder Staatsanwaltschaft zu wenden, ist die geringe Hoffnung auf Hilfe. Rund jedes zweite Cybercrime-Opfer (45 Prozent), das keine Anzeige erstattet hat, glaubt, dass die Täter ohnehin nicht gefasst werden. Jedem Dritten (34 Prozent) ist zudem der Aufwand zu hoch. 13 Prozent sagen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft Cybercrime nicht ernst nehmen.

Wer sich an dennoch Polizei oder Staatsanwaltschaft wendet, macht zunächst positive Erfahrungen. Jeder Zweite (50 Prozent) gibt an, die Beamten hätten sehr kompetent gewirkt, was den Umgang mit Cybercrime angeht. Allerdings sagt fast jeder Vierte (23 Prozent), dass die Beamten nicht den Eindruck gemacht hätten, die Vorgänge verstanden zu haben. Und 25 Prozent berichten, die Beamten hätten versucht, sie vom Erstatten der Anzeige abzuhalten. Auch die Erfolgsaussichten der Anzeige scheinen durchwachsen. In 31 Prozent der Fälle geben die Cybercrime-Opfer an, dass die Ermittlungen noch laufen. 37 Prozent der Ermittlungen wurden mangels Beweisen eingestellt, 24 Prozent ohne Ergebnis, weil kein Täter ermittelt werden konnte. Nur sieben Prozent der Anzeigen hatten Erfolg und führten dazu, dass ein Täter identifiziert wurde.

Unbeliebte Cyberversicherungen

Gering ist bislang übrigens auch die Bereitschaft der Deutschen, eine Versicherung gegen finanzielle Schäden durch Cybercrime abzuschließen. Nur sechs Prozent wollen auf jeden Fall eine solche Police abschließen oder besitzen bereits einen entsprechenden Schutz. Weitere 13 Prozent können sich vorstellen, künftig eine solche Versicherung abzuschließen. Jeder Zweite (52 Prozent) will aber auf keinen Fall einen solchen Schutz vereinbaren, jeder Vierte (24 Prozent) kann sich das eher nicht vorstellen.