Der Übergang zu Software-Defined Vehicles markiert einen Wendepunkt in der Automobilbranche. Doch was sind die Vorteile und der Mehrwert von SDVs? Inwiefern sind Softwarestruktur und Entwicklung von Produktreihen dabei von Bedeutung? Und welche Auswirkungen hat das auf Smart Cities?
Heutzutage enthalten moderne Autos bis zu 150 Millionen Zeilen an Programmcode, die sich auf etwa 100 elektronische Kontrolleinheiten verteilen. Damit werden Autos zunehmend durch Software definiert. Der Übergang zu Software-Defined Vehicles (SDVs) markiert einen Wendepunkt in der Automobilbranche, der eine bahnbrechende Veränderung einläutet, die vergleichbar mit dem ersten iPhone ist. Diese technologische Neuerung transformiert die Entwicklung und Nutzung von Fahrzeugen grundlegend und für die nächsten Jahrzehnte.
Dieser Artikel geht vor diesem Hintergrund unter anderem auf folgende Fragen ein:
Die Entwicklung hin zu Software-Defined Vehicles markiert einen Paradigmenwechsel für die Automobilbranche und deren Zulieferer, da sie traditionelle Autos in intelligente, von Software gesteuerte Systeme verwandeln. Diese Umstellung erlaubt eine kontinuierliche Erweiterung der Fahrzeugfunktionen und eine Optimierung der Performance. SDVs bieten zahlreiche Vorteile, darunter eine gesteigerte Sicherheit durch fortschrittliche Assistenzsysteme, mehr Komfort dank neuer Infotainment-Optionen und eine effizientere Wartung, die Betriebskosten senkt, indem sie präzise Diagnosemöglichkeiten bietet.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil vieler Software-definierter Fahrzeuge ist ihr Beitrag zu umweltfreundlicherer Mobilität, vor allem als Elektrofahrzeuge. Sie helfen, den CO2-Ausstoß zu verringern und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren, was eine positive Auswirkung auf die Umweltbilanz des Verkehrswesens hat und zu einer nachhaltigeren Zukunft beiträgt.
Die Struktur der SDV-Architektur gliedert sich in vier Hauptebenen, die ein hochintegriertes und modulares System darstellen.
Diese klar definierte Struktur fördert eine effiziente, flexible und erweiterbare Entwicklung sowie Wartung der Fahrzeugfunktionen.
Im Zentrum der strategischen Ausrichtung bei der Entwicklung von SDVs steht die Produktlinienentwicklung, auch Product Line Engineering (PLE) genannt. PLE zielt darauf ab, eine Familie von Produkten zu entwickeln, die auf einer gemeinsamen Plattform beruhen. Dies ermöglicht die Nutzung von Synergien und eine erhebliche Reduzierung der Entwicklungszeit. Diese methodische Vorgehensweise erlaubt es, rasch auf Marktbedürfnisse zu reagieren, während gleichzeitig Konsistenz und Qualität der Produktarchitektur erhalten bleiben. In Kombination mit der Standardisierung und Modularisierung der Systeme kann PLE die Komplexität managen und den Übergang zu softwarebasierten Produktionsprozessen erleichtern. Dies ist besonders wichtig bei der Einführung neuer Technologien wie dem autonomen Fahren, da es eine effiziente Wiederverwendung von Software- und Hardwarekomponenten ermöglicht und die Innovationszyklen verkürzt. Effiziente Wiederverwendung und verkürzte Innovationszyklen kommen sowohl den Automobilherstellern als auch den Tier 1 Zulieferern zugute.
Der Einsatz von PLE in der SDV-Entwicklung verlangt eine intensive Kooperation zwischen verschiedenen Disziplinen wie der Softwareentwicklung, der Elektrotechnik und dem Fahrzeugdesign. Dieser fachübergreifende Ansatz ist essenziell für die erfolgreiche Implementierung der komplexen Systeme in SDVs. Die Integration von Feedbackschleifen und agilen Entwicklungsmethoden in den PLE-Prozess unterstützt zusätzlich eine fortlaufende Optimierung und Anpassung der Fahrzeugplattformen an veränderliche Marktbedingungen und technologische Entwicklungen. Product Line Engineering wird schon von mehreren globalen Autoherstellern, vielen deutschen Premium-Automobilherstellern und zahlreichen Automobil-Zulieferern eingesetzt.
Selbstfahrende Fahrzeuge sind eine Schlüsselkomponente im Rahmen vernetzter Verkehrssysteme und in der Entwicklung intelligenter urbaner Umgebungen. Sie verbessern nicht nur die Wirksamkeit öffentlicher Services, sondern tragen auch zu einem effizienten und flüssigen Verkehr bei. Ihre Einbindung in die Infrastruktur intelligenter Städte fördert fortschrittliche Navigationslösungen, Energiemanagement und steigert die Lebensqualität in Stadtbereichen. Im Kontext intelligenter Städte, auch Smart Cities genannt, sind Smart Cars oder vernetzte Autos unverzichtbar, um eine Umgebung zu schaffen, die durch digitale Technologie effizienter, umweltfreundlicher und lebenswerter wird. Diese Autos sind mit Internetzugang und zahlreichen Sensoren ausgestattet, die Datenerfassung und -austausch in Echtzeit ermöglichen. Ihre Fähigkeit, sowohl untereinander als auch mit Verkehrs- und Parkleitsystemen zu kommunizieren, unterstützt vielfältige Funktionen, die die Verkehrssicherheit erhöhen, Verkehrsstaus verringern und das Energiemanagement optimieren.
In Smart Cities nutzen vernetzte Fahrzeuge oder autonome Lieferdienste Echtzeit-Verkehrsdaten, um optimale Routen zu berechnen, was die individuelle Reisezeit verkürzt und das Verkehrsaufkommen insgesamt reduziert. Sie erhalten zudem Informationen über verfügbare Parkplätze, was die Parkplatzsuche vereinfacht und unnötiges Umherfahren vermindert. Dies trägt zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen bei und verbessert auf diese Weise die Luftqualität. Vernetzte Autos ermöglichen zudem innovative Mobilitätsdienste wie Carsharing und Ridehailing, die den Bedarf an Privatfahrzeugen verringern und so zur Reduktion der Fahrzeugdichte in städtischen Gebieten beitragen.
Die Integration von Smart Cars in das Smart City-Konzept ist daher ein wesentlicher Schritt hin zu einer nachhaltigen urbanen Mobilität. Sie unterstützt die Ziele intelligenter Städte, indem sie die Verkehrseffizienz erhöht, Umweltbelastungen reduziert und die Lebensqualität der Einwohner verbessert. Durch die Vernetzung von Fahrzeugen und städtischer Infrastruktur entsteht ein intelligenter, anpassungsfähiger und vernetzter Mobilitätsraum, der die Basis für zukünftige urbane Lebensräume bildet.
Laut Deloitte1 werden Software-Defined Vehicles (SDVs) in den kommenden fünf bis zehn Jahren eine Schlüsselrolle in der Evolution der Automobilbranche spielen. SDVs markieren einen revolutionären Umbruch in der Automobilwelt, indem sie ein bisher unerreichtes Maß an Sicherheit, Effizienz und Benutzerfreundlichkeit in Aussicht stellen. Ihre Fähigkeit zur ständigen Weiterentwicklung und Anpassung eröffnet die Möglichkeit für eine zukunftsfähige, flexible und kundenzentrierte Mobilitätslösung. Darüber hinaus bieten Software-Defined Vehicles durch ihre Einbindung in das Ökosystem vernetzter Fahrzeuge und Smart Cities neue wirtschaftliche Perspektiven und Marktpotenziale.
Die Automobilindustrie steht vor der spannenden Aufgabe, innovative Technologien zu entwickeln, die das Spektrum der Fahrzeugfunktionalitäten immer weiter ausbauen. Und um der zunehmenden Komplexität von Fahrzeugen (und übrigens auch Flugzeugen), den unterschiedlichen Marktanforderungen und individuellen Kundenwünschen gerecht zu werden, ist Product Line Engineering (PLE) unerlässlich.