Ein EU-Vorschlag zur Urheberrechtsreform schreibt Plattformen das Vorab-Filtern aller Inhalte vor. Kritiker befürchten den Missbrauch als privatisierte Zensurinfrastruktur.
Die angebliche Terrorgefahr muss als Argument für vieles herhalten: Videoüberwachung, Einschränkungen der Privatsphäre und nun als Vorwand der EU-Kommission für Copyrightfilter. Sie fordert die europäischen Provider und Online-Plattformen zum Kampf gegen illegale Inhalte wie Terrorpropaganda und Urheberrechtsverletzungen auf. Internetfirmen sollen eine automatische Erkennung per Upload-Filter einführen.
Betreiber von Internetplattformen müssen nach Artikel 13 der geplanten Urheberrechtsreform künftig vor dem Hochladen jedes Bild, jede Tonaufnahme und jedes Video prüfen. Die Bestimmung betrifft nicht nur die großen Anbieter wie Facebook und Google, sondern auch tausende andere Seiten, die in »erheblichem Ausmaß« Nutzerinhalte zur Verfügung stellen. Kritiker des Vorhabens wenden ein, dass das Filtern von Content extrem aufwändig sei. Automatische Upload-Filter seien zudem nicht in der Lage, zwischen rechtswidrig verwendeten und legalen Inhalten zu unterscheiden und würden alles löschen, was verdächtig erscheint.
Bisher funktioniert Urheberrecht im Netz noch nach dem Prinzip »Notice-and-Takedown«. Urheberrechtsverletzende Inhalte müssen gemeldet werden, dann entfernt sie der Anbieter der Plattform nach einer Prüfung. Außerdem ist er verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Inhalt nicht erneut hochgeladen wird. Upload-Filter würden dieses Prinzip umdrehen: Uploads würden prinzipiell einer Vorabprüfung unterzogen.
Mit ihrer Initiative greift die EU-Kommission tiefer in das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ein als es etwa beim deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz der Fall ist. Dieses verpflichtet zwar Plattformbetreiber ab dazu, gemeldete illegale Inhalte zeitnah zu entfernen, zwingt sie aber nicht zu einer automatisierten Vorab-Zensur. Auch die in Deutschland eingeführten Netzsperren haben das Ziel, unerwünschte Inhalte aus dem Internet zu entfernen, setzen aber immerhin eine gerichtliche Anordnung voraus. Die Konsequenzen von Upload-Filtern wären weitreichend. Soziale Netzwerke könnten ohne Upload-Filter nicht mehr betrieben werden. Ein Verzicht wäre nur möglich, wenn die Plattformen umfassende Lizenzen erwerben, die eventuelle Urheberrechtsverletzungen abdecken. Aufgrund des finanziellen Aufwands könnten nur große Plattformen dieser Pflicht nachkommen. Kleinere Plattformen und gemeinnützige Angebote wie die Wikipedia wären damit faktisch zur Einführung eines Filters gezwungen.
Schwerstkriminelle Straftaten dürfen nicht mit Urheberrechtsverletzungen über einen regulatorischen Kamm geschoren werden, so Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer der Bitkom. »Was so harmlos als Upload-Filter daherkommt, ist faktisch eine massenhafte maschinelle Zensur im Internet. Alleine bei der Bewertung von Urheberrechten wären die Konsequenzen verheerend. Dies würde den bislang tiefsten Eingriff in die verfassungsrechtlich verbriefte Meinungsfreiheit bedeuten.«