Real User Experience als Messgröße

Das Maß der Dinge

19. August 2014, 6:00 Uhr | Georg Kostner ist Produkt-Manager der Open-Source-Überwachungslösung Neteye beim IT-Dienstleister Würth Phoenix, www.wuerth-phoenix.com.jos

Die IT ändert sich. Der Weg zeigt klar in Richtung Industrialisierung der IT-Services. Doch kann dieser Weg nur erfolgreich sein, wenn die IT den eigentlichen Grund ihres Tuns im Blick behält: die Leistungserbringung für das Unternehmen - und damit für den Endanwender. Die Sicherung der Leistungsqualität für den Endbenutzer gerät immer mehr in den Vordergrund. Im Open-Source-Segment gibt es für die so genannte Real User Experience interessante Neuerungen.IT-Management gehört zu den unverzichtbaren, aber oft wenig dankbaren Aufgaben im Unternehmen. Solange alles funktioniert und die IT hier einen guten Job macht, bleibt sie unbemerkt. Erst Probleme lassen die Administratoren ins Rampenlicht treten. Zudem steht der Betrieb der Server und Clients unter einem immensen Kosten- und Leistungsdruck: Laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens IDC im Bereich IT-Service-Management sieht jeder zweite IT-Verantwortliche eine Verbesserung der Service-Qualität als eine seiner zentralen Herausforderungen an. Gleichzeit gaben 45 Prozent der Befragten an, dass sie Kosten einsparen müssen. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist die Industrialisierung der IT im besten Wortsinn: Durch passende Sourcing-Strategien und ein hohes Maß an Automatisierung sollen IT-Services schnell und günstig bereit stehen. Nicht mehr einzeln in hoher Qualität erbrachte Leistungen im Stile einer Manufaktur sind das Ziel, sondern standardisierte und weitgehend automatisiert erbrachte Services in gleichbleibender Qualität nach dem Vorbild der fertigenden Industrie. Vielerorts haben die Verantwortlichen dies bereits erkannt und zumindest in ersten Stufen umgesetzt. Doch oft genug bleibt die Debatte über eine industrielle IT im Für und Wider des Cloud-Computings verhaftet. Im Mittelpunkt der modernen IT stehen jedoch keine Hypes und Trends, sondern Service-Erbringung aus der Sicht des Anwenders. Dies hat einschneidende Folgen. Denn ein IT-Service besteht in der Regel aus mehreren Komponenten, die erst gemeinsam eine Leistung erbringen, die dem Endanwender nutzt. Ein Flaschenhals genügt, um den Dienst - und damit die Arbeitsfähigkeit des Anwenders - zu bremsen. Die Zeit der IT-Silos ist damit vorbei, Systeme sind in ihrem Kontext und Zusammenspiel mit anderen Diensten zu betrachten - nicht der technische Blick der IT ist entscheidend, sondern die Sicht auf die Businessprozesse.   Was den Dienst zum Service macht Ein dabei auftretendes Problem ist, dass IT und Endanwender ein grundsätzlich anderes Verständnis vom Begriff "Service" haben. Ein Service im Sinne einer von der IT zu erbringenden Leistung entspricht nicht der Service-Definition, die den meisten Administratoren aus ihrem Alltag zunächst in den Sinn kommt - hier bezeichnet Service oder Dienst im einfachsten Fall einen Daemon, der auf den Servern oder Clients eine bestimmte Funktion bereitstellt. Es ist für einen Administrator keine große Herausforderung, Services in diesem Sinn zu automatisieren, da es sich dabei um klar definierte und meist in sich abgeschlossene Funktionen handelt. Ganz anderes jedoch die Sicht des Endanwenders. Für ihn ist ein IT-Service ein Leistungspaket wie etwa ein Mail-Account, dem verschiedene Komponenten bis hin zu den Switches und Netzwerkkabeln zugrunde liegt. Der User sieht in einem IT-Service eine Leistung, mit der er einen Geschäftsprozess ganz oder in Teilen bearbeiten kann. Welche Komponenten und Services im strengen Sinn daran beteiligt sind, ist für den User weder relevant noch überhaupt zu erkennen. Letztlich geht es also immer um den Business-Prozess. Monitoring sollte die IT somit grundsätzlich im Rahmen des Business-Process-Managements (BPM) betrachten. Wem hierbei der Begriff "ITIL" in den Sinn kommt, liegt nicht verkehrt. Der Quasi-Standard IT Infrastructure Library befasst sich seit Version 3 intensiv mit den IT-Services über deren Lebenszyklus hinweg.   Daten müssen korreliert sein Im Kern von ITIL stehen definierte Prozesse innerhalb der IT: Change-Management, Incident-Management, Service-Operation und dergleichen mehr. Monitoring ist nur sinnvoll, wenn die daraus gewonnenen Informationen und Daten in die in ITIL beschriebenen Prozesse münden. Ein defektes Raid als solches zu erkennen, bietet kaum Mehrwert. Es muss für den Administrator klar ersichtlich sein, welche Relevanz die Störung auf die betrieblichen Abläufe hat, welche Auswirkungen auf andere Systeme bestehen, wo die Störung räumlich besteht, wie sie mit möglichst geringen Auswirkungen zu beheben ist und vieles mehr. Dies bedeutet jedoch, dass die eingesetzte Monitoring-Lösung nicht nur Daten von den Sonden aufnimmt, sondern diese ITIL-konform - oder zumindest an diesen Standard angelehnt - korreliert, verarbeitet und aufbereitet. Mit dieser Zielrichtung haben sich dabei mittlerweile auch im Open-Source-Bereich Lösungen etabliert, die die IT- und Unternehmensziele in einem durchgängigen Ansatz verbinden. Oft bemängelten Insider, dass deren Einsatz für das IT-Service-Management einen hohen Integrationsaufwand bedeutet. Neben dem Kostenaspekt sind es mittlerweile vor allem auch funktionale Aspekte, bei denen die Open-Source-Anbieter aufgeholt haben. Ein Lösungsangebot, das diese Prozesse bereits weitgehend unterstützt, eine quantitativ auswertbare End-User-Überwachung abdeckt und dem Systemadministrator eine effektive Überprüfung tatsächlicher Performancedaten liefern soll, ist die Open-Source-basierende Überwachungslösung Neteye von Würth Phoenix. Unternehmen können darüber auf ein funktional umfangreiches, getestetes und mit umfassendem Support versehenes Gesamtpaket setzen und individuelle Erweiterungen und Anpassungen selbst vornehmen, ohne im Regelfall lange Projektzeiten in Anspruch zu nehmen. Monitoring-Lösungen wie Neteye sind somit in der Lage, die Leistung aus Endanwendersicht zu messen. Die Lösung verfügt zudem über ein Real-User-Experience-Modul, das die Daten von den Sonden in der Infrastruktur erhält. Als Netzwerksonde für die Erhebung der Latenzzeiten kann zum Beispiel mit Nbox eine Open-Source-basierende Appliance mit dem aktiven Plugin TCP arbeiten. Die damit ermittelten Ist-Werte sind im Dashboard von Neteye übersichtlich dargestellt.   Kombination aus Nbox und Neteye Die Kombination aus Nbox und Neteye Real User Experience (RUE) erlaubt es, Flaschenhälse zum Beispiel auch innerhalb einer SAP-Installation zuverlässig aus der Benutzersicht zu erkennen. Zur Messung gehört zum einen die Latenz, zum anderen die Geschwindigkeit der Transaktionen. Bei der Latenzmessung sitzt die Sonde zwischen Client und Server. Somit lassen sich beide Latenzen separat betrachten und eventuelle Schwachstellen eindeutig einer Quelle zuordnen. Die Anwendungslatenz am Server ergibt sich aus der Zeit, die zwischen Client-Anfrage und Server-Antwort vergeht. Ebenso erfolgt die Bestimmung der Load-Time am Client. Daraus ergibt sich ein klares Bild dazu, was der Endanwender von "seinem" SAP bemerkt und ob eine flüssiges, produktives Arbeiten möglich ist. Eine zentrale Rolle innerhalb der Neteye-Lösung spielt dabei auch das integrierte Open-Source-Paket von Alexa. Alexa ist ein Python-Modul, das Techniken zur Verfügung stellt, um grafische User-Interfaces wie etwas bei SAP mithilfe von Computersimulationen zu automatisieren und zu testen, um so die Verfügbarkeit und die Leistung der Anwenderapplikationen sicherzustellen, die zum Beispiel über Citrix und Windows Terminal Server laufen. Das Tool beruht auf der Basis von Open CV Vision Library zur Erkennung von Objekten auf Template-basierenden Mustern und Identifizierung von UI-Elementen wie Input-Felder oder Buttons, um mit ihnen wie physische User interagieren zu können. Um Test-Cases einfach erstellen zu können, verfügt Alexa über eine passende IDE. Sie basiert auf der bekannten Ninja-IDE für Cross-Plattform-Entwicklung. Durch den modularen Aufbau der IDE lassen sich spezielle Anforderungen einfach per Plug-in realisieren, was sich Alexa zu Nutze macht, um die IDE mit Alexa spezifischen Inhalten zu erweitern. Die Bedienung von Alexa erfolgt assistentengestützt, den Code des Test-Cases erzeugt das System automatisch. Kleine Änderungen in der zu testenden Anwendung - etwa Veränderungen bei den Bedienelementen - erfordern keine Anpassungen an den Test-Cases.   Fazit Für die End User Experience und das End to End Monitoring bieten sich in jüngster Zeit Lösungen aus dem Open-Source-Bereich aus. Unternehmen können auf ein getestetes und mit umfassendem Support versehenes Gesamtpaket setzen, individuelle Erweiterungen und Anpassungen selbst vornehmen, ohne im Regelfall lange Projektzeiten in Anspruch zu nehmen. Vor allem bieten viele Lösungen ein breites funktionales Spektrum an. Ausgewählte Anbieter verfügen zudem über viel Erfahrung in der praktischen Anwendung dieser Tools.


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