Eine saubere Übertragung von Videosignalen über IP-Verbindungen ist an sich schon anspruchsvoll. Sollen die Daten aber synchron mit Maus- und Tastatureingaben übertragen werden, damit zum Beispiel ein IT-Mitarbeiter einen Medienserver aus der Ferne bedienen kann, ist viel technischer Aufwand nötig.
KVM-Übertragungen (KVM: Keyboard, Video, Mouse) verarbeiten in der Regel analoge VGA- oder
digitale DVI- (Digital Video Interface) oder HDMI-Signale (High Definition Multimedia Interface).
Denn diese Datentypen normte die Video Electronics Standards Association (VESA) für den Display
Data Channel (DDC), die Verbindung zwischen Bildschirm und Grafikkarte. Der DDC-Standard schreibt
auch die Steckverbindungen für diese Signaltypen vor, die jeweils einen Pin für Data, Clock und
Ground vorsehen.
Bei KVM over IP werden diese Anzeigesignale zusammen mit den Maus- und Tastatursignalen synchron
über eine TCP/IP-Verbindung übertragen. Dies bedeutet, dass zum Beispiel hoch auflösende analoge
VGA-Signale bis 2048 x 1536 Pixel digitalisiert und, um eine handhabbare Bandbreite zu erhalten,
entsprechend komprimiert werden müssen. Die Digitalisierung geschieht über einen Frame Grabber, der
einzelne Videobilder in bestimmten Zeitintervallen erfasst und in Echtzeit in einem Grafikformat
abspeichert. Damit wird aus drei Signalsträngen ein einziger Frame-Strom, den das
KVM-over-IP-System mehrfach komprimiert und mit den Maus- und Tastatursignalen synchronisiert.
Diesen Datenstrom versendet es dann über ein Adernpaar einer Daten- oder Telefonleitung und über
ein paketbasiertes Netz vom Server an den Administrator oder zurück. Dabei kommt es zu mehr oder
weniger langen Verzögerungen, bis die Signale am entfernten Bildschirm erscheinen, sowie bei der
Aktualisierung der Bildinhalte (Refreshes).
Aten gibt in seinem Whitepaper "Why Network Administrators should Explore the ?V? in KVM
Switches" (www. aten-usa.com/?support_whitepaper) einige Tipps, wie sich diese für den
Anwender lästigen Effekte minimieren lassen. So sollte der Anwender die Auflösung beim zu
überwachenden Server nicht auf die maximal mögliche einstellen, sondern sich auf 800 x 600 oder
1024 x 768 dpi beschränken. Auch die Refresh-Rate sollte nicht über 60 Hz liegen. Ähnliches gilt
für die Farbtiefe: 256 Farben lassen sich deutlich einfacher übertragen als mehrere Millionen
Farbabstufungen.
Nicht nur, aber vor allem dann, wenn der Administrator an seiner Konsole einen LCD-Bildschirm
einsetzt, sollte er darauf achten, dass bei sämtlichen zu überwachenden Rechnern dieselbe Auflösung
eingestellt ist und der LCD diese auch nativ unterstützt. Denn das erleichtert den schnellen
Bildaufbau erheblich.
Doch die letztendliche Übertragungsgüte solcher KVM-Verbindungen liegt an den eingesetzten
Kompressionsalgorithmen und der generellen Verarbeitung des Videosignals. Die Systeme der einzelnen
Hersteller unterscheiden sich darin, wie schnell und fließend sie Videosignale auch bei geringer
Bandbreite übertragen.
Aten zum Beispiel stellte auf der CeBIT im März einen Prototyp des KN4140-Switches vor, der erst
Ende des Jahres verfügbar sein wird. Dieses Gerät verblüffte die Redaktion bei der Demonstration
auf dem Messestand durch seine unmittelbare Wiedergabe der Bild-/Videodaten mit einer großen
Farbtiefe. Auch die Reaktionsschnelligkeit und gute Video-/Maus-Synchronisation war für KVM over IP
erstaunlich. Auf Nachfrage in der Entwicklungsabteilung des Herstellers ließ sich aber nur in
Erfahrung bringen, dass der Hersteller eine patentierte Videotechnik in seinen IP-basierten
KVM-Switches einsetzt. Diese nutzt ein besonderes Kompressionsverfahren. Außerdem registriert sie
kleinste Bewegungen und sendet nur diese kleinen Veränderungen an die entfernte Station. Doch
entscheidend sei, dass das System vor der Übertragung die zur Verfügung stehende Bandbreite
ermittelt und die Paketgröße entsprechend anpasst.
Dr. Christian Pätz, Director Product Marketing bei Raritan und ehemals Geschäftsführer von
Peppercon, einem Pionier der KVM-over-IP-Technik, präzisiert die Kriterien für hochwertige
Videoübertragungen: "Um das Videosignal schnell genug zu übertragen, dass auch die Mausbewegungen
ohne merkliche Verzögerung auf dem entfernten Bildschirm erscheinen, muss der gesamte
KVM-over-IP-Prozess Ende-zu-Ende optimiert werden. Das beginnt beim Stecker und geht bis in die
Java-Applets." So tritt bei analogen VGA-Signalen ein Hintergrundrauschen auf. Wenn das KVM-System
dies nicht als solches erkennt, überträgt es diese kleinsten Bit-Änderungen mit. Filtert das System
das Rauschen, aus, muss es sensibel agieren, um zum Beispiel nicht eine Ecke des Mauszeigers mit
herauszufiltern. Eine softwarebasierte Filterung belastet die CPU unnötig und bringt Verzögerungen
mit sich, besser sei laut Dr. Pätz eine hardwarebasierte Lösung. Raritan entwickelte beispielsweise
einen Chip, der die Bilder vergleicht und automatisch eine Liste der Regionen erstellt, in denen
Änderungen auftreten. Diese komprimiert das System und überträgt sie. Mit dem zusätzlichen Chip
kann das System die Daten parallel mit unterschiedlichen Verfahren komprimieren und das beste
Ergebnis mit einer Information über das eingesetzte Verfahren versenden. Selbst bei der
Programmierung lässt sich Übertragungsgeschwindigkeit einsparen: Berücksichtigt der Programmierer
etwa nicht, dass ein Paket über mehrere OSI-Layer gereicht wird, muss es jeweils kopiert und mit
dem zusätzlichen Header versehen werden. Ein versierter Programmierer spart sich das Kopieren und
berücksichtigt gleich den Platz für die verschiedenen Header.
Info: Aten Belgien Web: www.aten.be Raritan Web: www.raritan.de