Performance von 10GbE-Channel-Links - Teil 2

Die Typisierung von LWL-Bandbreiten

17. April 2008, 22:52 Uhr | Dr. Rick Pimpinella/jos Dr. Rick Pimpinella leitet die Panduit Laboratories in Tinley Park.

Die Leistungsfähigkeit von Multimode-Fasern zu bestimmen, ist schwierig. Dies demonstrierte schon Teil 1 dieser zweiteiligen Artikelserie. Dr. Rick Pimpinella stellt darin die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Forschung in den Panduit Laboratories vor.

In Teil 1 dieses Artikels (LANline 1/2008, Seite 38) hat das Autorenteam die Verwendung des
BER-Testsystems zur Messung des Einflusses hoher Einfügedämpfung und kleiner Biegeradien auf die
Kanalleistung beschrieben. Die Ergebnisse zeigen, dass hohe Einfügedämpfung durch schlechte
Ausrichtung der Verbinder sowie geringe Biegeradien durch unachtsame Handhabung der
Lichtwellenleiter eine erhebliche räumliche Modenfilterung hervorrufen und damit sowohl zu einem
Anstieg des Modenrauschens als auch zu einem Absinken der Kanalleistung führen können. Auf
Grundlage dieser experimentellen Ergebnisse wird empfohlen, die Einfügedämpfung des Kanals auf
einem Minimum zu halten und nicht die für andere optische Leistungseinbußen – wie etwa
Intersymbolinterferenz (ISI) – vorgesehenen optischen Leistungsreserven zugunsten einer besseren
Einfügedämpfung einzutauschen.

In Teil 2 dieses Artikels stellen wir unsere experimentellen Ergebnisse bei der Messung und
Typisierung von LWL-Bandbreiten vor. Wir vergleichen die mit BER-Testmethoden gemessene
Kanalleistung mit der berechneten effektiven modalen Bandbreite (EMBc), die als Industriestandard
für die Leistungsmessung von Lichtwellenleitern gilt. Wir zeigen den Zusammenhang zwischen BER- und
EMBc-Messungen und erörtern eine potenzielle Unsicherheit bei Bandbreitenmessungen. Zur
Untersuchung und Zertifizierung der Leistung von Multimode-Fasern (MMF) hat die
Faserforschungsabteilung von Panduit ein hochauflösendes, auf einem Ti:Al2O3-Laser (Titan/Saphir)
basierendes DMD-Testsystem (Differential Mode Delay) mit solch ultrakurzen Impuls- und
Spektralbreiten entwickelt, die mit alternativen, kommerziell erhältlichen auf Diodenlasern
basierenden DMD-Systemen nicht zu erreichen sind. Das UL-zertifizierte Testsystem erfüllt oder
übertrifft in den meisten Fällen die Anforderungen von TIA-455-220-A und IEC 60793-1-49. Mithilfe
des Systems können außerdem genaue Messungen für DMD und EMBc bei geringen Faserlängen von nur 300m
vorgenommen werden, wodurch ein direkter Vergleich von BER, DMD und EMBc für die in 10GBase-SR
angegebene maximale LWL-Reichweite von 300m möglich ist.

Bild 1 zeigt das Prinzip der Testmethode zur Messung von DMD [1]. Unter Verwendung einer
Singlemode-Faser wird ein räumlich kleiner und zeitlich kurzer optischer Impuls (Lasermesspuls) in
den Kern der Faserendfläche des zu testenden MMF geschickt. An der Ausgangsendfläche misst man den
Ausgangsimpuls mithilfe eines Hochgeschwindigkeitsabtastoszillografen. Diese Messung wiederholt
sich beginnend von der Achse des MMF-Kerns und dann immer weiter nach außen bis zur Grenzfläche
zwischen Kern und Mantel. Durch das Scannen des über die Faserendfläche hinweg abgegebenen Impulses
wird jede Modengruppe, die von der Faser unterstützt wird, systematisch angeregt und die
dazugehörige Laufzeit erfasst. DMD pro Meter erscheint in der Einheit ps/m und ist im Wesentlichen
die maximale Laufzeitdifferenz zwischen den schnellsten und den langsamsten Impulslaufzeiten einer
Modengruppe im Vergleich zu einer anderen Modengruppe innerhalb des MMF-Kerns. Größere
Laufzeitunterschiede führen zu Impulsverzerrungen und in der Folge zu höherer BER. Zur Berechnung
von DMD wird die Referenzimpulsbreite dTREF vom maximalen Laufzeitunterschied (TLANGSAM – TSCHNELL)
für die getestete Faserlänge subtrahiert. Dabei ist dTREF das quadratische Mittel der
Lasereingangspulsbreite, und die Pulsverbreiterung durch chromatische Dispersion wird angegeben
durch:

dTREF = (dT2Pulse + dT2Chrom )1/2

Bild 2 zeigt die DMD-Kurven einer Faser mit hoher Leistung und einer Faser mit niedriger
Leistung. Dies macht deutlich, dass jeder optische Impuls, der durch eine Faser mit hoher Leistung
geschickt wird, unabhängig von der radialen Position innerhalb des Faserkerns ungefähr zur gleichen
Zeit am Detektor ankommt. Bei der Faser mit niedriger Leistung breiten sich optische Impulse, die
sich in größerer radialer Entfernung von der Kernmitte bewegen, langsamer aus. Infolgedessen kommen
höhere Moden später am Detektor an als niedrigere Moden.

Damit sich eine Multimode-Faser als laseroptimiert typisieren lässt und so für die
10-GBit/s-Übertragung über die maximale Entfernung 300m geeignet ist, müssen die DMD-Werte eines
der in Tabelle 1 aufgeführten sechs Testkriterien (Templates) erfüllen. Die sechs Templates
beziehen sich auf die optische Leistungsverteilung bei Vertical-Cavity Surface-Emitting-Lasern
(VCSEL), die nach ihrem Encircled Flux (EF) charakterisiert sind.

Für 10GBase-SR verlangt die Spezifikation für EF, dass weniger als 30 Prozent der
Ausgangsleistung innerhalb einer radialen Entfernung von 4,5µm abgegeben werden muss und dass mehr
als 86 Prozent innerhalb einer radialen Entfernung von 19µm fallen müssen. Diese Anforderung
erlaubt einen Bewegungsspielraum zwischen den DMD-Werten der inneren und äußeren Regionen des
Faserkerns (Bild 3). Wenn wie am Beispiel von Template 1 die innere DMD-Maske kleiner oder gleich
0,23 ps/m ist, kann der DMD-Wert der äußeren Maske auf kleiner oder gleich 0,70 ps/m gelockert
werden. Wenn der DMD-Wert 0,23 ps/m übersteigt, verringert sich der erforderliche DMD-Wert der
äußeren Maske entsprechend der in Tabelle 1 aufgelisteten Angaben.

DMD-Messergebnisse dienen zur Berechnung der effektiven modalen Bandbreite (EMBc), die eine
alternative Methode zur Charakterisierung der LWL-Leistung darstellt [1]. EMBc kombiniert Daten aus
der DMD-Messung im Zeitbereich mit den vordefinierten Flussverteilungen einer repräsentativen Menge
von VCSEL-Sendern im Frequenzbereich. Das ungünstigste Ergebnis geht in EMBc ein und ist in MHz/km
angegeben. Laseroptimierte Fasern müssen eine minimale EMBc von 2000 MHz/km aufweisen, wie in
ISO/IEC 11801 als OM3, IEC 60793-2-10 als A1a.2 und in TIA-492AAAC als Klasse Ia angegeben.

Für den ersten Teil dieser Untersuchung haben wir LWL-Leistungsdaten aus unserem BER-Testsystem
mit EMBc-Messdaten aus unserem Ti:Al2O3-Laser-basierendem DMD-Testsystem verglichen und eine
relativ gute Übereinstimmung gefunden. Bild 4 zeigt das Verhältnis zwischen BER-Leistung und EMBc
für 23 Fasern von zwei Faserherstellern mit einer Korrelation von R2 = 0,851. Bei näherer Prüfung
der Daten in Bild 4 zeigt sich jedoch, dass Fasern mit vergleichbaren EMBc-Werten ein sehr
unterschiedliches BER-Verhalten aufweisen können. Einige BER-Werte im EMBc-Bereich von 2300 MHz/km
unterschieden sich beispielsweise um mehr als zwei Skaleneinheiten. Die Ergebnisse wurden
unabhängig mithilfe eines Ethernet-Traffic-Generators bei 10 GBit/s bestätigt, wobei ähnliche
BER-Werte für dieselben im Test verwendeten Fasern auftraten.

Trotz guter Korrelation zwischen BER und EMBc besteht bei der EMBc-Messung genügend
Unsicherheit, dass die Leistung auch niedriger als erwartet ausfallen kann. Dies bedeutet, dass es
bei grenzwertig konformen LWL-Links mit unerwartet hohem Modenrauschen oder anderen optischen
Beeinträchtigungen dazu kommen kann, dass der Kanal die BER-Leistungsanforderungen nicht besteht.
Die folgenden Testdaten deuten darauf hin, dass sich diese Unsicherheit der EMBc-Ergebnisse noch
vergrößern kann, wenn ungenauere, kommerziell erhältliche DMD-Testsysteme zur Typisierung der
Fasern verwendet werden.

Für den zweiten Teil dieser Untersuchung haben wir unsere EMBc-Messergebnisse mit denen
verglichen, die von einem Faserhersteller mit einem auf einem Diodenlaser basierenden DMD-System
ermittelt wurden. Tabelle 2 vergleicht EMBc-Messungen für fünf 300m- und fünf 550m-Fasern, die eine
repräsentative Auswahl einer größeren Anzahl untersuchter Fasern darstellen. Die 300m-Fasern waren
vom Hersteller als OM3 zertifiziert und ausgeliefert worden. Die Fasern mit 550 m Länge waren als
Enhanced OM3 (oder OM3+) zertifiziert und verfügten laut Auszeichnung über eine EMBc von mindestens
4700 MHz/km. Dabei ist zu beachten, dass die vom Hersteller angegebenen EMBc-Werte bei Faserlängen
von mehr als 300m ermittelt wurden und sich die DMD-Messkriterien den Annahmen zufolge innerhalb
der festgelegten Grenzwerte befanden.

Die Ergebnisse dieses Tests zeigen, dass das vom Hersteller verwendete diodenlaserbasierende
DMD-System konstant erheblich höhere EMBc-Werte lieferte als mit unserem hochauflösenden, auf
Ti:Al2O3-Laser basierendem System. Das Diodenlaser-DMD-System des Herstellers überschätzte die EMBc
für die getesteten 300m-Fasern um bis zu 88,4 Prozent und für die 550m-Fasern um 109,5 Prozent. In
manchen Fällen ergaben sich EMBc-Werte jenseits von 10.000 MHz/km.

Zur Verifizierung unserer EMBc-Testergebnisse führten wir verschiedene zusätzliche
Untersuchungen durch. Im ersten Experiment überprüften wir die Genauigkeit unserer DMD- und
EMBc-Messungen, indem wir sie mit denen eines anderen Faserherstellers verglichen, der ebenfalls
ein leistungsfähiges Ti:Al2O3-Laser-Testsystem verwendet. Die Korrelation zwischen den
Messergebnissen sowohl für DMD als auch EMBc war nahezu perfekt (R2 = 0,9991), was die Genauigkeit
unseres Systems und unserer Messergebnisse bestätigt.

Im zweiten Experiment verwendeten wir unser BER-Testsystem zur Typisierung der in Tabelle 2
aufgelisteten zehn Testfasern und verglichen anschließend die BER-Daten mit hunderten von
Datenpunkten, die wir über drei Jahre hinweg für OM3- und OM3+-Fasern gesammelt hatten. Abbildungen
5 und 6 zeigen jeweils die BER-Ergebnisse für die fünf 300m-Fasern und die fünf 550m-Fasern.

In Bild 5 klassifizieren wir die Leistung der Testfasern 4 und 5 als "nicht bestanden", da sie
die durch Vergleichsmessungen zu bekanntem LWL-Bandbreitenverhalten ermittelten
BER-Leistungskriterien nicht erfüllten. Dieses Resultat spiegelt sich in unseren EMBc-Messungen
wider, bei denen wir EMBc-Werte von 1629 MHz/km beziehungsweise 1390 MHz/km feststellten, die
hinter der Mindestanforderung für EMBc von 2000 MHz/km für OM3-Fasern zurückblieben. Diese Fasern
waren vom Hersteller mit EMBc-Werten von 2829 MHz/km und 2199 MHz/km als OM3 zertifiziert.

In ähnlicher Weise ist in Bild 6 erkennbar, dass auch Fasern 8, 9 und 10 die
BER-Leistungskriterien nicht erfüllen. Erwartungsgemäß konnten diese drei Fasern die
OM3+-Anforderungen mit einer EMBc von größer als 4700 MHz/km nicht einhalten. Interessanterweise
wurde Faser 10 als OM3+-Faser ausgeliefert, obwohl die vom Hersteller gemessene EMBc unter der
Mindestanforderung für standardmäßiges OM3 lag. Diese Faser ist die einzige Ausnahme zu unserer
Feststellung, dass diodenlaserbasierende DMD-Systeme übertriebene Schätzungen für EMBc liefern.

Unsere Untersuchungen zur 10-GBit/s-Leistung von MMF zeigen eine relativ gute Korrelation
zwischen gemessener BER-Channel-Link-Leistung und EMBc-Werten, die aus DMD-Messungen mit einem
leistungsstarken Ti:Al2O3-Laser berechnet werden. Wir fanden des Weiteren heraus, dass auf
Diodenlaser basierende DMD-Testsysteme höhere Unsicherheiten bei DMD und damit auch EMBc mit sich
bringen. Aus diesem Grund ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass OM3-Fasern die modalen
Bandbreitenanforderungen nach TIA-455-220-A und IEC 60793-1-49 möglicherweise nicht erfüllen.

Obwohl die Korrelation bei Fasern, die mit einem konformen DMD-Testsystem typisiert wurden, gut
ist, bleibt dennoch ein nicht unerhebliches Maß an Unsicherheit bei Messungen von EMBc (und DMD),
das Auswirkungen auf die Kanalleistung haben kann.


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