Noch immer kein Ende im Dokumentenformat-Streit

Die unendliche Geschichte: Drei Länder erheben Einspruch gegen OOXML-Standard

2. Juni 2008, 12:50 Uhr |

Nach Südafrika haben jetzt auch Brasilien und Indien Einspruch gegen das Dokumentenformat Open Office XML (OOXML) von Microsoft eingelegt, das die ISO unter der Nummer ISO/IEC 29500 nach einem umstrittenen Schnellverfahren im März zertifiziert hatte.

Die 60-tägige Einspruchsfrist ging am vergangenen Donnerstag zu Ende und nachdem bereits ein
Einspruch von Südafrika vorlag, sind am letzten Tag der Frist noch zwei weitere Widersprüche aus
Indien und Brasilien eingegangen. Der Einspruch von Indien war zwar nicht korrekt adressiert, aber
er ist trotzdem fristgerecht eingegangen. "Wir behandeln ihn genauso wie die beiden anderen
Widersprüche", sagte ISO-Sprecher Jonathan Buck.

Es ist das erste Mal, dass bei dem zuständigen JTC-Committee ein Widerspruch zu einem bereits
erlassenen ISO-Standard eingegangen ist. Alle drei Länder begründen ihren Widerspruch damit, dass
bei dem "Ballot-Resolution-Meeting" im Februar in Genf nicht detailliert genug über die rund 1000
Einwände diskutiert worden sei. "Es gab nur allgemeine Reden aber keine konkreten Antworten auf
unsere Problempunkte", heißt es in dem brasilianischen Schreiben.

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Ein weiterer Kritikpunkt, den Südafrika und Brasilien vorgetragen haben, betrifft die bisherigen
Veröffentlichungen der ISO. So habe man nach der Verkündung des Standards versprochen, "umgehend"
die genauen Spezifikationen bekannt zu geben, doch sei dies bislang noch nicht erfolgt.

Das ISO hat jetzt einen Monat über die Widersprüche der drei Länder zu beraten und einen
Kompromiss mit den betroffenen Ländern auszuhandeln. Falls sich keine Einigung erzielen lässt, geht
der Fall vor eine Schlichtungskommission.

Eines der Hauptprobleme ist der Umfang dieser Norm. Die von Microsoft vorgelegten Dokumente
umfassen etliche Tausend Seiten, die unmöglich in dem engen Zeitrahmen der ISO durchgearbeitet
werden können. Der deutsche Normenausschuss DIN hat deshalb bereits in Genf eine Diskussion darüber
angestoßen, wie man in Zukunft mit solchen Mega-Normen umgehen will.

Microsofts Bemühungen, OOXML zum Standard zu erheben, halten die zuständigen Gremien schon seit
Monaten pausenlos in Atem. Neben den vielen technischen Bedenken, die von diversen Gruppen und
Länder-Komitees gegen OOXML vorgetragen wurden, gab es auch handfeste Skandale. Besonders prägnant
war der Fall in Schweden, wo das Landes-Komitee aufgrund eines vorangegangenen Bestechungsskandals
seine Stimme für die erste Abstimmung für ungültig erklärt hatte. Auch bei der zweiten Abstimmung
im März soll es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. In norwegischen Medien wurde damals berichtet,
dass man Gremiumsmitglieder, von denen man wusste, dass sie gegen OOXML eingestellt sind, einfach
nicht in den Abstimmungsraum gelassen habe.

Harald Weiss/pk/dp


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