Oberflächlich betrachtet ist EMCs neue Symmetrix V-Max mit der zugrunde liegenden Virtual Matrix Architecture (VMA) ein ordentliches Stück Hardware. Doch das Besondere daran ist nicht das, was man sieht, sondern die damit verbundene, komplett neue Software, die eine Weiterentwicklung von EMCs Betriebssystem Enginuity ist.
EMC sparte nicht mit Superlativen, als es am vergangenen Dienstag seine neue Storage-Architektur
VMA und sein erstes dazu passendes V-Max-System ankündigte: "Dieses ist das bedeutendste
Announcement seit der Vorstellung der Symmetrix-Plattform vor 18 Jahren, es ist das modernste
Storage-System, das gegenwärtig verfügbar ist", sagte EMC-Chef Joe Tucci im Webcast mit
Journalisten und Analysten, in den sich laut EMC mehr als 10.000 Personen aus der ganzen Welt
eingebucht hatten.
http://llschnuerer.cmpdm.de//articles/emc_mit_neuer_virtueller_storage-architektur:/2009005/31918365_ha_LL.html?thes=&tp=/themen/storage">EMC
mit neuer virtueller Storage-Architektur
Auch viele Analysten sparten anschließend nicht mit Superlativen: "EMCs VMA wird einen massiven
Erdrutsch im Bereich von Enterprise Storage auslösen", so der euphorische Kommentar von Pundit-Chef
Charles King. Und David Hill von der Mesabi Group sagt, dass "ihm die Kinnlade runter gefallen ist"
, als er die Leistungssteigerungen gegenüber der DMX-4 gesehen hat.
Doch noch ist der Erdrutsch eher bescheiden, denn die maximale Ausbaustufe sind zwei PByte. Aber
die Infrastruktur ist ausbaufähig. Theoretisch lassen sich 256 V-Max-Systeme – oder Nodes, wie EMC
die Storage-Units nennt – verknüpfen, doch gegenwärtig ist die maximale Ausbaustufe auf acht
begrenzt.
Weiteres Lob gab es auch von den direkten und indirekten EMC-Partnern, so von VMware-Chef Paul
Maritz: "Das V-Max-System wird in Verbindung mit unser kommenden Vsphere-Plattform den RZ-Betrieb
nicht nur bei den Investitionen, sondern auch bei den Betriebskosten spürbar entlasten."
Interessant war die Reaktion von Cisco-Chef John Chambers: "EMCs neuer Ansatz im Bereich
Highend-Datastorage fügt sich nahtlos in unsere Architektur des Unified Computings." Dazu gab es
den Hinweis, dass EMCs VMA über Ciscos neue proprietäre Netzverbindung betrieben werden kann.
Dazu muss man wissen: Cisco ist seit dem Börsengang von VMware ein Großaktionär bei dieser
EMC-Tochter.
EMCs Produkt-Managerin Barbara Robidoux bestätigt die konzertierte Aktion der drei Unternehmen: "
EMC, VMware und Cisco haben die gleichen Vorstellungen darüber, wie das Rechenzentrum der Zukunft
aussehen soll – und folglich passen unsere Entwicklungen und Produkte vorzüglich zusammen."
Analysten lobten in diesem Zusammenhang die Integration mit VMwares Powerpath. "Dadurch wird
schlagartig die gesamte I/O-Problematik von virtuellen Maschinen gelöst, denn Powerpath kann jetzt
automatisch ein Load Balancing über das Storage Array hinweg vornehmen, was wesentlich schneller
und effizienter ist", schwärmt Steve Duplessie, Chef der Enterprise Strategy Group.
Gerade die neue Software stieß auf großes Interesse – und das nicht ohne Grund: "Unsere Software
hat auf der Storage-Ebene praktisch mit dem gleichgezogen, was ein Hypervisor bei der
Server-Virtualisierung macht: eine vollständige Entkoppelung von den physischen
Hardware-Komponenten", so EMCs Storage-Chef David Donatelli.
Erst mit einer Reihe bahnbrechender Software-Entwicklungen in den vergangenen Jahren war die
Schaffung der neuen VMA möglich. So war ein wichtiger Durchbruch die Einführung von Thin
Provisioning im vorigen Jahr. "Hiermit haben wir eine neue Abstraktionsebene eingeführt, unterhalb
derer erstmals viele Aufgaben parallel ausgeführt werden können, die früher immer nur sehr
aufwändig nacheinander abgearbeitet werden konnten", erläutert EMCs Marketing-Experte Bob Warmbaugh
den neuen Ansatz beim Speicher-Management.
Hardware-seitig kommen vor allem bekannten Standardkomponenten zum Einsatz, beispielsweise
Intels x86-Quad-Core-Prozessoren – ein Novum im Highend-Storage-Sektor. Doch das könnte auch auf
böse Kritik stoßen: "Es gibt sicher ein paar Puristen, denen eine solche Basisarchitektur zu
unspezifisch ist. Doch wer das beklagt, hat immer noch nicht begriffen, dass es nicht mehr die
Hardware ist, die über die Storage Performance entscheidet, sondern dass es nur noch an der
Software liegt", so IDC-Analyst Benjamin Woo.
Darüber hinaus sieht er aber einen großen Markt für EMCs neue Systeme: "Storage-hungrige Global
Players werden sich darauf stürzen, und es wird sicherlich auch eine Reihe an Ersatzinvestitionen
sowie einen leichten Kannibalisierungseffekt bei den Highend-Clariion-Systemen geben."
Simon Robinson, Storage-Analyst bei der 451 Group, begrüßt vor allem den dreiteiligen
Storage-Ansatz, der sich jetzt durch den Einsatz von Flash-Speicher um eine Leistungsebene
verschoben hat: "Tiered Storage bedeutet jetzt nicht mehr schnelle Platte – langsame Platte – Tape,
sondern es geht jetzt folgendermaßen: Flash – schnelle Platte – langsame Platte. Damit ist das Ende
von Tape sehr nahe."
Zum Jahresende will EMC mit einem automatischen Provisioning-Tool auf den Markt kommen. Bei dem
Files automatisch zwischen Flash und den entsprechend schnellen, beziehungsweise günstigeren
Harddrives verschoben werden. Maßstab dafür soll die Zugriffshäufigkeit sein. Damit folgt EMC den
jüngsten Angeboten von Compellent, und Atrato. "Automatisches Provisioning wird im Zuge der
weiteren Flash-Speichernutzung immer wichtiger – und da hinkt EMCs Angebot noch etwas der Zeit
hinterher", sagt Analytico-Gründer Tom Trainer.
Rund 30 ausgewählte Kunden konnten bereits umfangreiche Test-Erfahrungen mit der V-Max-Engine
sammeln und die sind alle rundum zufrieden", meint Robidoux. Doch einige EMC-Kunden äußern sich
vorsichtiger: "Es bleibt abzuwarten, was das System an Power für sich verbraucht und was an
Leistung noch netto übrig bleibt", sagt beispielsweise Tom Becchetti , Storage-Verantwortlicher bei
einem Fortune-200-Unternehmen.
Er spielt damit vor allem auf die umfangreiche Software von V-Max an. So befürchtet er, dass
diese zu viel Overhead produziert: "Der Teufel steckt im Detail, erst unter Volllast merkt man, ob
ein System zu sehr unter der Selbstverwaltung zu leiden hat." Außerdem meint er, dass die
Automation der IT-Prozesse auf der Host-Ebene und nicht im Storage Array stattfinden soll.
Dieser Ansicht sind auch die Analysten von IDC, die dem Markt von Server-basierter
Virtualisierungs-Management-Software ein rasantes Wachstum vorhersagen: Von 871 Millionen Dollar im
vorigen Jahr soll sich deren Umsatz bis 2013 auf 2,3 Milliarden Dollar fast verdreifachen.
Steve Duplessie sieht EMCs neue Storage-Infrastruktur vor allem in Konkurrenz zu Hitachis USP-V.
"Da tobt ein gnadenloser Konkurrenzkampf zwischen den beiden. Doch ohne genaue Benchmarks bleibt es
eine Glaubensfrage, wer die bessere Leistung und Skalierbarkeit bietet."
Doch auch wenn die Leistungsfrage noch offen ist, in einem Punkt hat Hitachi bereits den Finger
auf eine entscheidende EMC-Schwachstelle gelegt: "Mit V-Max ist man derartig komplett in eine
proprietäre Welt eingezwängt, wie man es sich kaum vorstellen kann", sagt Hitachis Cheftechnologe
Hu Yoshida.
Seiner Meinung nach müssen nicht nur die Fremdsysteme bei der neuen EMC-Architektur außen vor
bleiben, sondern auch alle bestehenden EMC-Systeme. "Da gibt es keine Chance, ein vorhandenes DMX-
oder Clariion-Array einzubinden – nur neue Systeme passen in EMCs neue Architektur."Dabei darf
natürlich nicht der Hinweis fehlen, dass die Architektur von Hitachis USP-V speziell darauf
ausgerichtet ist, heterogene Storage-Systeme zu virtualisieren.
Erhebliche Bedenken an der massiven EMC-Kampagne gab es vor allem vom selbständigen
Storage-Research-Analysten David Vellante: "Das ist ein verdammt mutiger Schritt von EMC, in diesen
für alle CIOs harten wirtschaftlich Zeiten mit einen Storage-Rolls-Royce auf den Markt zu kommen."
Er meint, dass die meisten IT-Chefs eher nach Wegen suchen, wie sie die vorhandene
Storage-Kapazität besser nutzen können. Hierzu verweist er auf eine kürzlich durchgeführte
Gartner-Studie, wonach die durchschnittliche Auslastung nur bei mageren 37 Prozent liegt.
Harald Weiss/wg