Einige Anwender stehen in Treue zu Google, haben Gmail-Konten, nutzen den Google-Kalender und Google-Docs und kaufen nur Android-Telefone. Andere Zeitgenossen schwören auf Apple-Laptops, I-Phones und I-Pads und lassen ihre Daten in der I-Cloud automatisch synchronisieren. Wieder andere schwören auf Microsoft oder kaufen ihre Musik und E-Bücher bei Amazon oder haben bereits das System der E-Mail ganz aufgegeben und sind komplett nach Facebook umgezogen. Unsere Lieblingsanbieter haben sich inzwischen zu unseren Feudalherren entwickelt und wir Nutzer werden immer mehr zu deren Vasallen.
Feudalismus gibt Sicherheit. Der klassische Feudalismus im Mittelalter basierte auf hierarchischen Beziehungen. Es gab Eide und Pflichten, Rechte und Privilegien. Ein entscheidender Aspekt in diesem Abhängigkeitssystem war die Art des Schutzes, die dem Einzelnen gewährt wurde: Vasallen waren zur Treue gegenüber ihrem Herren verpflichtet und im Gegenzug hatte dieser seine Untertanen vor Schaden zu schützen.
Natürlich romantisiere ich die damalige Situation, denn die europäische Geschichte ist voller Grausamkeiten. Aber die Beziehungen der damaligen Menschen untereinander sollen uns als Modell dienen. An diesem Modell lässt sich problemlos das heutige Verhältnis der Nutzer und Hersteller in Sachen Computersicherheit darstellen.
Die traditionelle Computersicherheit hatte den Nutzer im Mittelpunkt aller Anstrengungen. Der Benutzer musste seine „persönliche“ Anti-Viren-Software und seine Firewalls für teures Geld erwerben und installieren. Nur dadurch konnte der Nutzer sicherzustellen, dass das Betriebssystem seines Rechners und sein Netzwerk einigermaßen sicher gegen Angriffe war. Der Nutzer musste somit für seine eigene Sicherheit sorgen.
Durch folgende zwei Entwicklungen wird dieses Modell jetzt zerstört:
Damit legen die Nutzer ihre Sicherheit in die Hände ihrer bevorzugten Hardware-und Software- oder Cloud-Anbieter. Aus Sicht der Anbieter geht dies in Ordnung, da die Anwender den vorgegebenen Weg aus Bequemlichkeit mitgehen und die Vorteile der zentralen Redundanz, der Automatisierung und des Backups nutzen. Natürlich ist es bequem von jedem Ort und von jedem Computer aus auf seine E-Mails zugreifen zu können. Auch die automatische Wiederherstellung unserer Kontaktlisten, wenn wir unser Telefon verloren habe, ist ein Segen. Auch sollen unsere Kalendereinträge automatisch auf allen von uns genutzten Geräten aktualisiert werden. Auch machen die Cloud-Storage-Sites einen besseren Job als wir bei der Sicherung unserer Fotos und Dateien. Darüber hinaus sorgt Apple auch noch dafür, dass wir uns keine Gedanken um Malware machen müssen, wenn wir auf unserem iPhone eine beliebige App installieren.
Im Gegenzug für diese Bequemlichkeit müssen wir wie Vasallen in ewiger Treue zu unseren neuen Herrn halten, denn die neue Obrigkeit schützt uns im Gegenzug vor Schaden. Die neue Computerwelt entzieht dem Nutzer in einem gewissen Maß die Kontrolle und die Selbstbestimmung. Im Gegenzug hoffen die Benutzer, dass die Besitzenden – also die Herrscher der Computer-Reiche - uns gut behandeln und uns vor Schaden schützen. Nicht nur, dass unsere Software ständig mit der neuesten und coolsten Funktionalität aktualisiert wird, wir vertrauen auch darauf, dass unsere Daten und Geräte vor Hackern, Kriminellen und Malware geschützt sind. Es ist so, wie wenn wir unserer Regierungen und deren Geheimdienste vertrauen würden, wenn diese uns versprechen uns nie illegal auszuspionieren.
Genau genommen ist jedoch das Vertrauen in die Hersteller unsere letzte verbliebene und einzige Option. In diesen in sich geschlossenen Systemen verfügen wir bereits seit längerer Zeit nicht mehr über die Kontrolle der Sicherheitsfunktionen, die uns unsere Feudalherren zur Verfügung stellen. Wir haben keine Ahnung, welche Sicherheitsmechanismen in den Systemen integriert und wie diese konfiguriert sind. Wir haben meist keine Wahl und können nicht immer die von uns bevorzugten Sicherheitsprodukte auf unserem I-Phone- oder Android-Handy installieren. Facebook, Gmail oder Twitter geben uns noch nicht einmal das Gefühl, dass wir in Sachen Sicherheit etwas mitbestimmen könnten. Meist bleibt uns nur das Abnicken der von unseren Feudalherren vorgeschlagenen Optionen, denn wir verstehen höchst selten, was die vorgeschlagenen Funktionen beziehungsweise Optionen für uns bedeuten.