Kommentar: Google, Apple, Microsoft, Facebook und Co.

Feudalherren

15. April 2013, 16:02 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Das Gute, das Böse und das Hässliche

Ich sage nicht, dass ein solches feudalistisches Sicherheitssystem nicht funktioniert. Für den durchschnittlichen Benutzer ist die Konfiguration seines Systems und das fremdbestimmte Management der Geräte sicher eine gute Sache. Die Software- und Cloud-Anbieter übernehmen für den Nutzer eine Menge an Arbeit und sichern die Systeme und Ressourcen sicherlich wesentlich besser ab, als der Durchschnittsanwender. Ein automatisches Cloud-Backup spart eine Menge von Arbeit und schützt den Nutzer vor Malware und Datenverlusten. Die Netzwerksicherheit unserer favorisierten Anbieter ist zudem noch wesentlich ausgereifter als bei den meisten Heimanwendern.

Somit ist der Feudalismus gut für den Einzelnen, für kleine und mittelständische Unternehmen, die weder über das notwendige Fachwissen verfügen, noch sich ein aufwändiges Sicherheitssystem leisten können. Für große Unternehmen scheidet eine solche Lösung von Vorne herein aus. Zu hoch sind die Hürden der Haftung und zu streng werden bei börsennotierten Unternehmen die Compliance-Richtlinien ausgelegt. Die Gesetze oder andere Vorschriften erfordern regelmäßige Audits. Spätestens an diesem Punkt gerät man in Konflikt mit den Feudalherren. Diese Unternehmen akzeptieren keine Vasallen, die die von ihnen bereitgestellten „wunderbaren“ Systeme überprüfen wollen. Dabei spielt Größe und Wirtschaftsmacht eine untergeordnete Rolle. Entweder man akzeptiert das System wie es ist – oder man lässt es bleiben.

Die feudalen Sicherheitssysteme sind nicht ohne Risiken. Diese Unternehmen sehen ihre Anwender als Besitz an. Dieser Besitz bestimmt in vielen Fällen deren Börsenwert. Besitz kann man verkaufen - wie Leibeigene – oder den Behörden Zugriff auf unsere Daten gewähren. Unsere Feudalherren sind auch nicht unfehlbar und können Fehler bei der Sicherheit machen. Jüngste Beispiele sind die Sicherheitsdesaster bei Apple, Facebook oder Photobucket. Die Feudalherren behandeln ihre Vasallen willkürlich und kapriziös. Amazon schnitt erst kürzlich einen Kindle-Anwender von seinen Daten ab, weil dieser es wagte im falschen Land zu leben.

Letztendlich werden die digitalen Feudalherren immer in ihrem eigenen Interesse handeln. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass diese Wirtschaftsunternehmen alles daran setzen noch mehr Geld zu verdienen. Unsere Daten werden weltweit zu Werbezwecken vermarktet, denn diese Unternehmen besitzen uns wie Leibeigene.

Historisch basierten die frühfeudalen Systeme auf der Basis der gegenseitigen Abhängigkeit. Behandelst du mich gut, dann kannst du im Amt bleiben. Jedoch je mehr mächtige die Feudalpartei wurde, je weniger wurden die ursprünglichen Abmachungen beachtet. Das heutige Feudalsystem im Internet basiert jedoch auf einer einseitigen Vereinbarung. Die Nutzer geben Unternehmen ihre Daten im Vertrauen auf deren Sicherheit und Loyalität. Die großen feudalistischen Unternehmen geben den Nutzern im Gegenzug jedoch kaum Zusicherungen in Sachen Datensicherheit und Rechtsstaatlichkeit. Immer wieder halten diese Unternehmen sich eine Hintertüre offen, über die alle vermeintlichen Beschränkungen und Schutzsysteme ausgehebelt werden.

Solche Cloud-Anbieter können mit unseren Daten anstellen was sie wollen. Der Nutzer des Systems wird durch das Akzeptieren der Nutzungsbestimmungen quasi enteignet und gibt seine Rechte an seinen Daten an der Eingangstür ab. Das muss sich ändern! Unsere Regierungen werden uns nicht helfen, denn diese haben die Kontrolle im Cyberspace an die kommerziellen Unternehmen abgetreten und somit eine Rückkehr zu feudalen Verhältnissen erst ermöglicht. Wir – die große Mehrheit der Nutzer – sind eine mächtige Gruppierung und können gemeinsam jeden Gegner niederringen. In jedem Nutzer steckt ein kleiner Robin Hood. Deshalb müssen wir uns organisieren und den Kampf gegen Willkür und Großherrendenken im Internet aufnehmen. Passivität nützt nichts, denn sonst bleiben wir beziehungsweise werden wir entrechtete Leibeigene!

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