Die drastische Senkung des Energieverbrauchs und ein verantwortungsvoller Umgang mit den vorhandenen Ressourcen gehören zu den entscheidenden Aufgaben der Industrienationen angesichts der globalen Klimaveränderungen. Nicht umsonst war Green IT das Schwerpunktthema der jüngsten CeBIT. Glasfaserkabel sollen mit Energieeinsparungsoptionen Perspektiven für die Technik der nächsten 15 Jahre bieten - und damit ihre Kupferpendants ausstechen.
Allein in Europa werden einer IDC-Studie zufolge in den nächsten fünf Jahren rund 1,2 Millionen
Quadratmeter Fläche an Rechenzentren neu gebaut. Bei 870.000 Quadratmetern existierender Fläche
steht eine Renovierung an. Um diese neu geschaffenen Flächen mit elektrischer Leistung zu
versorgen, sind etwa 2450 MW nötig. Dies entspräche vier neuen Kohlekraftwerksblöcken zu je 600 MW
oder drei neuen Kernkraftwerksblöcken zu 860 MW (siehe Olkiluto, Finnland), und dies einzig und
allein, um den reinen Energiebedarf neuer RZs zu stillen.
Bereits heute beträgt der CO2-Anteil aller betriebenen Rechenzentren zwei Prozent des weltweiten
Kohlendioxidausstoßes. Beim ersten Betrachten scheint dieser Wert gering auszufallen. Um die
Größenordnung greifbarer zu machen, bietet sich der Vergleich mit dem weltweiten Flugverkehr an.
Denn auch dieser emittiert zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes, ist jedoch allein deswegen in
harsche Kritik geraten.
In dem Maße, in dem die Zahl der Rechenzentren steigt, wird ihre Leistungsaufnahme zunehmen.
Zusätzlich angeheizt wird diese Situation durch kompaktere Bauweise der Server und Switches, die
höhere Packungsdichten und somit auch größere Leistungsaufnahmen pro Quadratmeter verwirklichen
lassen. So entfallen heute rund 50 Prozent des gesamten Energiebedarfs eines RZs auf das
IT-Equipment, weitere 25 Prozent auf Kühlung, zwölf Prozent auf die Verteilung der Luft und zehn
Prozent auf Transformatoren und USV-Anlagen (siehe Grafik rechts).
Denkt der Betreiber über Abhilfe nach, so lassen sich Energieeinsparungen augenscheinlich
schnell und einfach beim Equipment erreichen: beim Einsatz von neuester Klimatisierungstechnik, von
USV-Anlagen mit höherem Wirkungsgrad oder von modernster Bladeserver-Technik. Die meisten denken
dabei aber nicht an die strukturierte Verkabelung, also an das Rückgrat eines RZs und zentrale
Nervensystem, das erhebliche Auswirkungen auf die Energieersparnis hat.
Weil die derzeit errichteten Data Center für eine Zeitspanne von mindestens zehn bis 15 Jahren
in Betrieb bleiben werden, müssen zukunftsorientierte und energiesparende Maßnahmen bei der Auswahl
der Verkabelung unbedingt bereits heute berücksichtigt werden. Deshalb sollte man von Anfang an auf
Glasfaser setzen, so die Verfechter dieser Technik.
Vergleicht man die Leistungsaufnahme einer 10GbE-Verbindung basierend auf Kupferdatenleitungen
(>30 m) mit einem Glasfaserkabel, ergibt sich eine Differenz von 24 W bei der Leistungsaufnahme
beider Transceiver zuungunsten der Kupfervariante. Zusätzlich muss die elektrische Leistung für die
nicht benötigte Kühlung dieser Differenz addiert werden. Auf der Berechnungsgrundlage des
Energieerhaltungssatzes wären dies zusätzlich 10 W. Somit ergibt sich ein Einsparungspotenzial von
34 W pro 10GbE-Link zugunsten der Glasfaser.
Auf den ersten Blick erscheint dies nicht viel. Überlegt man jedoch, wie viele Links in einem
Rechenzentrum vorhanden sind, und stellt in Relation, dass bereits 14 Links eine Ersparnis
gegenüber Kupfer von 4100 kWh ergeben – dies entspricht dem durchschnittlichen jährlichen
Stromverbrauch eines Einfamilienhauses – so erkennt man, wie bedeutsam die Umstellung auf
Glasfaserverkabelung sein kann. Begleitfaktoren, die ein Umschwenken auf eine Glasfaserverkabelung
ratsam erscheinen lassen, sind weiter steigende Übertragungsgeschwindigkeiten, die jenseits von
10GbE nicht mehr einfach realisiert werden können.
Weitere Vorteile der Glasfaser liegen im Gegensatz zur Kupfervariante in ihrer
umweltverträglicheren Herstellung. So werden zur Gewinnung von einem Kilogramm Kupfer rund 500
Kilogramm Umweltressourcen aus der Umgebung (Abraum, Wasser und dergleichen) nachhaltig verbraucht.
Eine vergleichbare Menge des Kernmaterials Glas schlägt hier nur mit etwa drei Kilogramm zu Buche
(Quelle: Das "Wuppertal Haus" – Wolf Dietrich Weigert; Wissenschaftszentrum NRW, Artikel 91/1998).
Diese Gegenüberstellung allein ist schon beeindruckend. Weiter stellt sich die Frage, wie viel Glas
beziehungsweise Kupfer denn in einem Datenkabel enthalten ist. Ein Beispiel bringt Licht ins
Dunkel: Für 24 Kupfer-Links, die 10GbE-tauglich sind und eine durchschnittliche Link-Länge von 41,5
m aufweisen, benötigt man rund 33 Kilogramm Kupfer. Die gleiche Anzahl an Verbindungen lassen sich
mit einem 48-fasrigen Glasfaserkabel herstellen. Der Gewichtsanteil des Glases beträgt bei dieser
Kabellänge ganze 56 Gramm. Auf die Gesamtmenge Kupferkabel zu Glasfaserkabel hochgerechnet, ergibt
sich somit ein Umweltverbrauch von 16,5 Tonnen gegenüber 168 Gramm zuungunsten von Kupfer.
Der Gedankengang eines umweltschonenden Umgangs der IT mit Ressourcen lässt sich weiter spinnen,
wenn der Rohstoff zur Herstellung des Kabelmantels und -innenaufbaus mit hinzugezogen wird. Diese
Materialien werden meist aus Kunststoffen hergestellt, die aus Erdöl gewonnen werden. Für das
genannte Beispiel würde sich folgende Bilanz ergeben: 28 kg für Kupfer- und 5,4 kg für
Glasfaserkabel. Weniger Kabel bedeutet zudem weniger Platzbedarf, und zwar nicht allein wegen des
geringeren Kabelverbrauchs und Verlegeraums. Glasfaser erlaubt auch höhere Packungsdichten. So
ergänzt eine Reduzierung des Kabelgewichts die Ersparnisse an Energie, Platz und
Kupferressourcen.
Warum ist es sinnvoll, bis in die kleinsten Details zu diskutieren? Weil Green IT nur dann
glaubhaft und wirkungsvoll ist, wenn sie einem ganzheitlichen Denken folgt, das möglichst alle
ökologischen und ökonomischen Faktoren global mit einbezieht. Denn über die bloße Energieeffizienz,
Investitions- und Betriebskosten hinaus sind schließlich auch Materialeinsatz, RoHS-Richtlinien und
die umweltverträgliche Entsorgung zu berücksichtigen. Grüne-IT-Umgebungen werden vielmehr letztlich
daran gemessen, inwieweit sie de facto die Umweltverschmutzung weltweit mindern, den
Ressourcenverbrauch global senken und die Klimaerwärmung der Erde reduzieren. In die Energiebilanz
fließen also von der Produktion über den Betrieb bis hin zur späteren Entsorgung zahlreiche
Faktoren ein.
Demzufolge spielt für die Energiebilanz eines RZs beispielsweise auch die Lebensdauer all seiner
Komponenten eine Rolle. Diese ist in der schnelllebigen IT davon bestimmt, ob Technik und
Infrastruktur für die nächste Systemgenerationen gerüstet sind. Während nun aktive Komponenten für
einen Betrieb von drei bis fünf Jahren ausgelegt sind, geht man bei der passiven Infrastruktur von
bis zu 15 Jahren aus.
In das RZ der Zukunft wird 40- und 100-Gigabit-Ethernet Einzug halten. Solche Übertragungsraten
werden mit optimierten Glasfaserlösungen, basierend auf Mindestanforderungen von OM3-Fasern, die
Grundlage für die nächste Generation von Rechenzentren sein. Für die Planung neuer Systeme stehen
Bandbreitenreserve, hohe Packungsdichte und entsprechende Port-Zahlen im Vordergrund sowie die
daraus resultierende Leistungsdichte der Systeme und die Anforderungen an die Klimatisierung, mit
maßgeblichen Folgen für die Infrastrukturentscheidungen der Gegenwart und damit auch für die
Verkabelung.