Glasfaserspeiseleitungen rücken bis in die Nähe der Endkunden und ermöglichen eine "sanfte" Migration auf FTTP-Lösungen (Fiber to the Premise). Dann ist die Versorgung sowohl von Privatkunden als auch Unternehmen über Lichtwellenleiter nur der nächste konsequente Schritt, so die Verfechter dieser Technik. Neue Fasern verbessern dazu das Handling enorm.
Moderne Netzwerkdienste und -applikationen wie HD-IPTV benötigen sehr hohe Bandbreiten bei der
Übertragung zum Endkunden. Die vorhandenen Kupferverkabelungen im Außennetz oder im
Teilnehmerzugangsbereich sind mit den aktuellen Ausbaustufen der DSL-Technik jedoch ausgereizt –
höhere Übertragungsraten als rund 25 bis 50 MBit/s sind über die berüchtigte "letzte Meile" nur in
seltenen Fällen möglich. An die geforderten 100 MBit/s – also eine Geschwindigkeit, die man vom
Fast Ethernet gewohnt ist – ist kaum zu denken. Tatsächlich begrenzt in vielen Fällen eine
mangelhafte Qualität der oft 30 oder 40 Jahre alten – oder noch älteren – Kabelinstallation die
Datenraten auf viel niedrigere Werte, sodass DSL-Provider die versprochene Performance gar nicht
bereitstellen können – zum Frust ihrer Kunden.
Wo die alten Techniken an ihre Leistungsgrenzen stoßen, müssen neue Lösungen her. Im Außennetz
heißt das: Glasfaser ersetzt Kupfertechnik. Zwar haben Netzbetreiber auch die Möglichkeit,
hochwertigere Kupferkabel im Teilnehmerzugangsbereich zu verlegen, doch ist dies erstens nicht
preisgünstiger und zweitens weniger zukunftssicher als der konsequente Umstieg auf leistungsfähige
Lichtleiter. Fakt ist: Über Glasfasern lassen sich auf lange Sicht wesentlich höhere Datenraten
übertragen als über die ausgefeilteste xDSL-Technik.
Hinzu kommt, dass es bei der Kupfertechnik einen direkten Zusammenhang zwischen der zu
übertragenen Datenrate und der Kabellänge gibt: Hohe Leitungsgeschwindigkeiten lassen sich nur über
kurze Distanzen realisieren. Beim Ausbau der DSL-Technik in den letzten Jahren waren die
Netzbetreiber daher gezwungen, ihre Kabelverzweiger näher zu den Kunden zu versetzen und diese
Komponenten mit Glasfasern zu speisen (Fiber to the Node, FTTN). Die Lichtwellenleiter rücken also
Stück für Stück von den zentralen Vermittlungsstellen in Richtung Endkunde vor. Die Folge: Schon
heute liegen in vielen Fällen Glasfaserspeiseleitungen bis in unmittelbarer Nähe der Endkunden und
ermöglichen eine "sanfte" Migration auf FTTP-Lösungen. Dann ist die Versorgung sowohl von
Privatkunden als auch Unternehmen über Lichtwellenleiter nur der nächste konsequente Schritt.
Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass vorwiegend in Ballungsräumen das Versorgen der
Endkundenhaushalte von der zentralen Vermittlungsstelle (Central Office, CO) bis in die Wohnungen
über Glasfasern auf dem Vormarsch ist. Besonders bei Mehrfamilien- und Hochhäusern sowie großen
Bürogebäuden und Wohnanlagen – zusammengefasst unter dem Begriff "Multi-Dwelling Units" (MDU) –
lohnt der Einsatz der modernen Außennetztechnik. Immerhin rund 70 Prozent der Bevölkerung der
Europäischen Union leben und arbeiten in solchen MDUs. Durch die hohe Endanwenderdichte können
Telekommunikationsunternehmen ihre Investitionskosten pro Kunde deutlich reduzieren.
Auch in Deutschland macht die Endkundenanbindung per Glasfasertechnik nicht Halt: So gibt es
bereits realisierte beziehungsweise geplante Großprojekte von Netcologne in Köln, M-Net in München,
Hansenet in Hamburg und bei der Stadt Schwerte.
In einer typischen FTTP-Installation führen Lichtwellenleiter vom CO über Glasfaserverteiler
(Fiber Distribution Hub, FDH), Glasfaserzugriffspunkte (Fiber Access Terminals, FAT) und
schließlich Hausanschlusskabel (Drop Cable) in die Keller der zu versorgenden Gebäude. Je nach
Größe des MDUs kommt hier ein zusätzlicher FDH zum Einsatz, der die eingehende Leitung aufteilt und
die Versorgung mehrerer Gebäudeteile sowie der Steigleitungen ermöglicht, die in die einzelnen
Etagen führen. Dort kommen häufig Etagenverteiler zum Einsatz, von denen ausschließlich Leitungen
bis in die einzelnen Wohnungen beziehungsweise Büros liegen.
Das Verlegen von Glasfasern in den Gebäuden ist eine Herausforderung für die Service-Provider:
Kabelführungen und Distanzen zwischen logischen Verteilerpunkten variieren von Gebäude zu Gebäude.
Da praktisch jedes Gebäude einzigartig ist und unterschiedliche Anforderungen mit sich bringt, muss
die genaue Leitungsführung von Fall zu Fall konzipiert werden – eine Situation, die die
Materialbeschaffung und Logistik verkompliziert, schließlich sind viele unterschiedliche
Komponenten anzuliefern. Bislang verhinderte dies auch den Einsatz standardisierter,
vorkonfigurierter Glasfaserverkabelungssysteme.
Die Folge: Der gesamte Installationsprozess zieht sich in die Länge, für Service-Provider
entstehen zusätzliche Kosten. Tatsächlich können die Projektkosten zudem durch banale Ereignisse
wie die Anlieferung falscher Materialien drastisch steigen. Und die Wahrscheinlichkeit für solch
einen Lapsus steigt mit der Vielfalt an Komponenten, die am Installationsort nötig sind.
Sollen hingegen vorkonfektionierte Kabel zum Einsatz kommen, ist das genaue Ausmessen der
örtlichen Gegebenheiten erforderlich – mehrere Wochen oder Monate, bevor die eigentliche
Installation beginnen kann. Die Folge: Kunden werden mehr als nötig gestört, müssen lange auf
Dienste warten, und dem Provider gehen potenzielle Umsätze verloren.
Mindestens ebenso wichtig wie die logistische Seite der Installation ist die Qualität der
verlegten Leitungen: Kein Netzbetreiber will einige Monate nach der Implementierung damit
beschäftigt sein, fehlerhafte Glasfaserverbindungen aufzuspüren und zu reparieren.
Doch bislang verfügbare Glasfasern sind nicht so robust wie Kupferkabel und reagieren
empfindlicher auf mechanische Beanspruchung wie Verdrehen oder starken Zug – der mögliche Durchsatz
sinkt dadurch erheblich. Konventionelle Glasfasern dürfen zudem nicht wie Kupferkabel beliebig
stark gebogen werden. Denn nach einigen scharfen Kurven geht das eingespeiste Signal fast
vollständig verloren – auch dann, wenn die Faser selbst gar nicht beschädigt ist. Es sind also
minimale Biegeradien von 30 bis 50 Millimetern einzuhalten. Durch diese Einschränkungen war es
bislang praktisch nicht möglich, die Glasfasern ohne Schaden durch die engen und häufig sehr
verwinkelten Leerrohre in Gebäuden zu ziehen. Das Neuverlegen von Rohren mit ausreichend großen
Radien ist allerdings aus finanziellen oder baulichen Gründen meist nicht möglich.
Ein weiterer Faktor: Das Verbinden (Spleißen) der Glasfasern am Installationsort ist aufwändig
und zeitintensiv – und damit teuer. Zu guter Letzt sollen die verwendeten Geräte und Komponenten
nach der Installation möglichst nicht auffallen – die ästhetischen Ansprüche der Endanwender müssen
also auch einbezogen werden.
Neue Glasfasersysteme bekommen diese Herausforderungen in den Griff, indem sie eine flexible
Vorkonfektionierung und Vorverlegung mit einem minimal nötigen Maß an Installation vor Ort
kombinieren. Um die Installation in den MDUs so weit wie möglich zu beschleunigen, setzen diese
Konzepte den Leitsatz "Vorkonfektionierung soweit wie möglich, spleißen so wenig wie möglich"
um.
Im Gebäude erfolgt in der Regel eine kaskadierte, aufgefächerte Leitungsführung, über die die
zentral am Hausanschluss eingehenden Signale auf die einzelnen Wohn- und Büroeinheiten verteilt
werden. Ein FDH im Hausanschluss des Gebäudes dient dabei als Hauptverteiler und "Cross-Connect"
-Schaltzentrale. Leistungsfähige Systeme können bis zu 432 Einheiten versorgen, erleichtern das
Spleißen zum Beispiel des eingehenden Speisekabels mithilfe integrierter Splice-Trays und
ermöglichen über ein Steckfeld auch den Anschluss vorkonfigurierte MT-Steckverbindungen zu den
Etagenverteilerschränken. Diese Fiber Collector Enclosures dienen als Zwischenstation zwischen dem
FDH im Keller und den FDT-Schaltkästen (Fiber Distribution Terminals), von denen aus die einzelnen
Einheiten versorgt werden.
Leistungsfähige Glasfaserverkabelungssysteme verfügen über Komponenten mit integrierten Spulen,
auf denen die Lichtwellenleiter aufgewickelt sind. So lassen sich die Leitungen bedarfsgerecht
ausziehen und schnell anschließen. Diese Bevorratungssysteme sind in Versionen mit fertig
konfigurierten Kabeln unterschiedlicher Länge erhältlich und ermöglichen eine Glasfaserinstallation
im gesamten Gebäude nach dem Plug-and-Play-Verfahren.
Angesichts der gestiegenen Anforderungen in puncto Makro-Biegeverhalten von Glasfasern in
FTTP-Netzwerken hat die ITU bereits im Dezember 2006 die Empfehlung ITU G.657 veröffentlicht. Sie
beschreibt die Merkmale von Einmodenfasern für Zugangsnetze mit verbesserten Biegeeigenschaften.
Darin ist zum Beispiel festgehalten, dass ein Signal mit einer Wellenlänge von 1550 nm bei einer
Windung mit einem Radius von 7,5 Millimetern um maximal 0,5 dB gedämpft werden darf. Die Dämpfung
für einen 1625-Nanometer-Impuls darf unter diesen Voraussetzungen höchstens 1,0 dB betragen.
Erst seit kurzer Zeit sind so genannte "Reduced Bend Radius Fibers" erhältlich – robuste
Einmodenglasfasern mit erheblich verbesserten Makro-Biegeeigenschaften. Sie lassen sich
entsprechend der ITU-Empfehlung praktisch wie Kupferkabel um Ecken mit einem Radius von 7,5
Millimetern zirkeln und garantieren auch in diesem Fall eine geringe Signaldämpfung. Dies
erleichtert Glasfaserinstallationen in Mehrfamilienhäusern und Wohnanlagen erheblich. Ein
spezieller Aufbau dieser Glasfasern sorgt dafür, dass im Faserkern geführte Lichtimpulse trotz
enger Biegeradien nicht in das umgebene Mantelglas eintreten.
Dieser Fasertyp ist lediglich zehn bis 20 Prozent teurer als herkömmliche Lichtwellenleiter –
ein Kostenfaktor, der bei MDU-Verkabelungen durch die beschleunigte Installation an Bedeutung
verliert. Mittlerweile gibt es auch Fasern, die durch einen Nanostrukturaufbau Biegeradien bis
hinunter zu fünf Millimetern erlauben – diese Lösungen sind allerdings kostspielig.
Service-Provider profitieren in mehrfacher Hinsicht von den vorgestellten Systemlösungen: Die
nötige Planungszeit für die MDU-Verkabelung verringert sich, die eigentliche Installation im
Gebäude kann viel zügiger erfolgen und Services lassen sich dadurch schneller bereitstellen.
Außerdem kann der Service-Provider seine Lagerhaltung vereinfachen, da er weniger Einzelkomponenten
bevorraten muss.